Story

Lofoten: Weiße Strände der Wikinger

Die norwegische Inselgruppe steht bei Globetrottern hoch im Kurs. Diese Reportage verrät, warum Sie Schlafmaske, Badesachen, Smartphone und Kreditkarte zu diesem Archipel nördlich des Polarkreises mitnehmen sollten.
Weißer Sand und türkisblaues ­Wasser: Dafür sind unter anderem der Haukland Beach (Foto) und der Rambergstranda bekannt. © Getty Images

Die Augen weiten sich, als die kurze Landepiste von Svolvær zu erkennen ist. Klein wie eine graue Serviette reicht sie da unten von einem Ende des Granitfelsens bis zum anderen. Das Bordpersonal bleibt gelassen, als die Propellermaschine der Regionallinie Widerøe auf dem 799 Meter langen Asphaltstreifen aufsetzt. Wer beim Anflug links sitzt, sieht bereits jene hohen Berge, unter denen Fischerdörfer wie Henningsvær kleben, daneben Kabelvåg und schließlich Svolvær, die größte Stadt der Lofoten. Mit knapp 4.800 Einwohnern leben hier weniger Menschen, als manche der anlegenden Kreuzfahrtschiffe an Bord haben.

Monopol für E-Autos

Leihwagenfirmen wie AVIS oder Budget & Co besetzen einen kleinen Container am Parkplatz des Flughafens nur dann mit Personal, wenn ein Flieger landet. Zu buchen gibt es ausschließlich E-Autos. Wichtiger Tipp gleich zu Beginn, den ich gebraucht hätte: Versichern Sie sich, dass im Kofferraum ein Ladekabel mit zwei Anschlussenden ist, sonst wird die Suche nach einer passenden Ladestation mühsam. Nur wenige Ladesäulen haben ein wegführendes Kabel, sie sind daher stets belegt. Wer auf den Lofoten motorisiert unterwegs ist, gewinnt bald Routine im Scannen von QR-Codes und Ausfüllen von Onlineformularen für Kreditkartenzahlungen bei gebührenpflichtigen Parkplätzen und Ladestationen. Lautlos gleitet der Polestar 2 Richtung Süden. Direkt aus dem türkis schimmernden Wasser, dessen Aufwinde laut schreiende Möwen hochtragen, ragen steile grauschwarze Felswände Hunderte Meter empor. Das Gras leuchtet grüner, die blühenden Blumen bunter und der Himmel blauer als daheim. Das Licht nördlich des Polarkreises legt scheinbar einen Filter über alle Objekte und Landschaften.

Von Insel zu Insel

Hohe Brücken, unter denen Segelboote durchfahren können, spannen sich über das Meer und bringen die E10 von einer Insel zur nächsten. Eine Nebenstraße führt schließlich vorbei am monumentalen Granitberg Presten zur ersten Ampel. Sie regelt den Verkehr über die erste von zwei einspurigen Brücken, die zum malerischen Fischerdorf Henningsvær führen. Tatsächlich gibt es hier noch aktive Fischer, aber Haupteinnahmequelle ist längst der Tourismus geworden. In einstigen Lagerhäusern und Gewerbebetrieben sind jetzt Unterkünfte, vor allem Ferienwohnungen. Aus mehreren Cafés strömt der Duft frisch gebackener Zimtschnecken, die Einrichtung ist meist ein geschmackvoller Mix aus Vintagemöbeln und Fischereirelikten. Bemerkenswert ist, was es nirgends auf den Lofoten gibt: große Hotelpaläste oder verschandelte Ortskerne. Einkaufszentren findet man nur bei den großen Häfen Leknes und Svolvær. Der sanfte Tourismus bahnte sich hier andere Wege.

Fischerhütte als Domizil

Im pittoresken Fischerdorf Ballstad war eine Großgrundbesitzerfamilie vor ein paar Jahrzehnten auf die Idee gekommen, die nicht mehr benötigten Fischerhütten umzugestalten und an Gäste zu vermieten. Dieses Konzept ging auf und verbreitete sich schnell auch auf dem Festland. Das führte so weit, dass der Ort Nusfjord auf den Lofoten inzwischen ein ­Museums- und Hoteldorf ist. Sehr fotogen restaurierte bunte Holzhäuschen schmiegen sich an die Schärenfelsen, vorgelagerte graslose glatte Felsinseln bilden einen gut geschützten Hafen, dahinter erheben sich gewaltig hohe Granitflanken.

Früher hausten während der Kabeljausaison bis zu tausend Fischer als Saisonarbeiter in kleinen Holzverschlägen auf Stelzen, den sogenannten Rorbuern. Heute buchen Touristen ihren komfortablen Rorbuer-Bungalow, essen im Gasthaus Karoline und naschen Köstlichkeiten in der Bäckerei Hansines. Die hölzernen Gerüste dienen noch heute zum Trocknen von Kabeljau, der in die ganze Welt als Tørrfisk (Stockfisch) exportiert wird. Rot und gelb gestrichene Rorbuer wie in Nusfjord gibt es in allen Dörfern, in jeder Preisklasse, je nach Ausstattung. Am billigsten sind kleine, einfache Bungalows wie auf Campingplätzen mit zen­traler Dusche und Küche. Luxuriöse Rorbuer haben Wi-Fi und geflieste Bäder. Tagesgäste zahlen in Nusfjord 100 Norwegische Kronen Eintritt (8,40 €) und bekommen dafür einiges geboten: kostenloser Parkplatz, ein Film über die Geschichte des Ortes und des Fischfangs und zwei kleine Museen, die dem Fisch- und im speziellen dem Walfang gewidmet sind.

Wale im Meer und am Teller

Zum Thema Wale haben die Norweger ein ambivalentes Verhältnis. Die Beobachtung von Walen ist wie Birdwatching ein erfolgreiches Geschäftsmodell für Anbieter von Ausflügen. Pottwale, Orcas, Delfine – es gibt zehn verschiedene Walarten in den Gewässern vor den Lofoten. Gleichzeitig steht auf vielen Speisekarten Wal-Carpaccio, Walsteak oder Waleintopf. Verkocht werden dazu legal gejagte Minkwale. Angeboten werden oft auch Kabeljau oder ein Rentier-Burger, zumeist kochen wir aber wie die meisten Touristen selbst in der Ferienwohnung.

Jedermannsrecht

Es gibt viele Wege, sich dem Sehnsuchtsort im hohen Norden anzunähern. Schiffspassagiere begnügen sich mit ein paar Landgängen. Manche jungen Leute reisen entschleunigt per Autostopp oder mit dem Fahrrad, was auf der Hauptverkehrsader E10 für alle Verkehrsteilnehmer zu Staus führen kann. Viele Familien und Senioren machen sich mit dem Wohnmobil auf den Weg, manche von ihnen interpretieren das norwegische „Allemannsretten“ allerdings extensiv. Dieses Jedermannsrecht erlaubt nämlich, sich frei in der Natur zu bewegen und zu übernachten, solange bestimmte Regeln eingehalten werden. Das gilt aber vor allem für Wanderungen, Radtouren und Zeltcamping und nicht für motorisierte Fahrzeuge wie Wohnmobile im Lkw-Format.

Die Einheimischen drücken oft ein Auge zu, einige Regeln gelten dann aber doch: In Ausweichbuchten, die mit einem weißen M auf einer Tafel gekennzeichnet sind, sowie allzu nahe bei Bauernhöfen oder Privathäusern sollten weder Fahrzeuge noch Zelte aufgestellt werden. Das sollte man beherzigen, nachdem internationale Medien öfters über freund­liche, aber mittlerweile angefressene Einheimische berichten, die sich über respektloses Benehmen, Fäkalien und Müllreste auf ihrem Grund ärgern.

Jetlag wegen zu viel Sonne

Obwohl es keinen Zeitunterschied zu Österreich gibt, stellt sich anfangs eine Art Jetlag ein. ­Jedes Zeitgefühl geht verloren, wenn es spätabends nicht finster wird. Weil nicht überall lichtdichte Vorhänge oder Jalousien das Schlafzimmer abdunkeln, gehört die Schlafmaske ins Gepäck. Viele Touristen gehen spät schlafen und beginnen ihre Wanderungen oder Ausflüge erst am späten Vormittag. Early Birds finden um halb neun in der Früh noch leicht Parkplätze, ab Mittag wird es enger. So auch an den weißen Sandstränden von Ramberg, die nördlich des Polarkreises karibisches Feeling aufkommen lassen. Weil es wenige Parkplätze gibt, stecken nur vereinzelte Badegäste ihre Zehen in den feinen Sand und das gar nicht so kalte Wasser.

Richtig turbulent geht es weiter südlich auf den Parkplätzen in und um Reine zu. Dieses fotogene ehemalige Fischerdorf entwickelte sich dank Influencern zum meistfotografierten Ort der Lofoten und wurde schnell zum Touristenmagnet. Wenig später endet schließlich die E10 in einem kleinen Örtchen mit dem kurzen Namen Å, der im norwegischen Alphabet übrigens der letzte Buchstabe ist. Es lohnt sich, hier auszusteigen, dem Pfad zu folgen und in den Süden zu schauen. Laut schreiend verteidigen Möwen dort ihre Nistplätze. Sie kommen jedes Jahr hierher, um zu brüten. So wie einige begeisterte Touristen, die sie fotografieren, sind auch die weißen Vögel Vielflieger, die sich von diesen Granitfelsen im Nordmeer magisch angezogen fühlen.

Gute Tipps

  • Fiskekrogen: Fischrestaurant in Henningsvær mit frischem Fang, von herzhaften Fish & Chips bis zu Hummer.
  • Hjørnet Kafé: Der Italiener Alessio Berreto bäckt in Kabelvåg Sauerteigbrot, Pizza und Süßes. Gemütlicher Vintage-Style.
  • Wikingermuseum: In Borg gibt es das größte Langhaus eines Wikingerhäuptlings zu besichtigen. Ein riesiges Gelände führt in den Alltag der Wikinger ein und lädt zu Axtwerfen, Schießen mit Pfeil und Bogen oder Rudern ein.
  • Nusfjord: Zwei Ausstellungen und ein Film präsentieren die Geschichte des Ortes und der Lofoten. Die Anreise zu Freilichtmuseum und Hoteldorf mit Spa ist auch per Bus möglich. Online buchbar: geführte Aktivitäten wie Kajak, Bergtouren, Bootsausflüge.
  • Wanderparadies: Von einfachen Küstenspaziergängen bis zu steilen Gipfeln: Das ­Büchlein „Lofoten und Vesterålen“ (Rother Wanderführer) erklärt mit GPS-Tracks 60 Touren. Allerdings ist guter Orientierungssinn oder ein GPS-Tool gefragt: Die Wege sind nicht markiert oder beschildert.
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