Story

Auf den Spuren der Beatles: All you need is Obertauern

Der Salzburger Wintersportort verführt mit Schnee im Überfluss, kulinarischen Raffinessen und Geschichten von Legenden. Zwischen Beatles, schwarzer Piste, Pferdeschlittenromantik und Snowbike-Wagnissen entdecken wir ein Spannungsfeld von Nostalgie und alpiner Euphorie.
Rekord in Österreich: Die durchschnittliche Schneehöhe auf den Bergen rund um ­Obertauern beträgt 264 Zentimeter. © TVB Obertauern/Rohrbacher

Gehört und gelesen habe ich von Obertauern in den Radstädter Tauern schon jede Menge. In meinem Freundeskreis waren fast alle schon dort, für mich ist es gerade das erste Mal. Viel hat man mir vom Schneereichtum in den Bergen, dem grandiosen Nachtleben und natürlich vom Besuch der Beatles erzählt. Beim ersten Herumflanieren, um mich in Obertauern einzugrooven, begegnen sie mir auch schon, die legendären Fab Four. Und zwar als Bronzefiguren vor dem Hotel Edelweiss, in dem die Herren John, Paul, George und Ringo während der Dreharbeiten zu ihrem exzentrischen filmischen Kabinettstück „Help!“ residierten.

Fools on the Hill

Damals, im Jahr 1965, suchte Regisseur Richard Lester einen Wintersportort, der nicht allzu bekannt war, damit die Dreharbeiten ohne gröberen Fanrummel stattfinden konnten. Obertauern war für die Pilzköpfe die perfekte Bühne. Mit den Brettern, die den Österreichern die Welt bedeuten, konnten die Pilzköpfe aber genau gar nicht umgehen, was jedoch nicht den verbotenen Rauchwaren, die sie sich in dieser Zeit exzessiv zuführten, geschuldet war.

Einheimische, darunter Herbert Lürzer, der von den Beatles noch nie etwas gehört hatte, sprangen als Doubles ein. Der Hotelier und Skilehrer plante, dem schwungvollen Musiker Paul McCartney auch schwungvolles Skifahren beizubringen, „aber der wollte immer nur Gas geben und a Gaudi haben“, lacht Lürzer. Im Hotel gaben die Beatles übrigens ein kleines Konzert – das einzige, das jemals in Österreich stattgefunden hat.

Damals war nicht jedermann von der Musik der Pilzköpfe begeistert: Es gab tatsächlich Hotelgäste, die sich über den „Lärm“ beschwerten. Wer heute durch Obertauern wandelt, kann neben den Bronzestatuen auf zwei weitere Memorials treffen, die an diese österreichische Episode der Beatles erinnern: ein Klavier an der Bergstation der Grünwaldkopfbahn sowie ein überdimensionales Plattencover am Kirchbühellift.

Here Comes the Snow

Dass sich die Beatles damals für Obertauern entschieden, war aus einem weiteren Grund kein Zufall. Mit durchschnittlich 264 Zentimetern Schneehöhe führt der auf 1.740 Metern Seehöhe liegende und lediglich 90 Kilometer von Salzburg entfernte Ort seit Ewigkeiten das Schneeranking in Österreich an. „Die durchschnittliche Schneemenge hat sich seit mehr als 100 Jahren bei uns nicht verändert“, offenbart Lukas Eisl vom örtlichen Tourismusverband. Während anderswo der Klimawandel längst die Schneesicherheit infrage stellt, ist man in Obertauern in einer privilegierten Lage – im wahrsten Sinne des Wortes. 26 Seilbahnen und Lifte fügen sich hier zu einem „Skizirkus“, der sich rund um den Ort schließt. Die sogenannte „Tauernrunde“ führt in zwei Richtungen rund um das gesamte Gebiet.

Von unserer Unterkunft erreichen wir die Lifte direkt auf Skiern, weshalb unsere Autos Urlaub haben. Wer will, kann den ganzen Tag über die Pisten brettern – und diesen actionreichen Tag, wenn überhaupt, nur durch Einkehrschwünge in eine der über 50 Hütten und Restaurants unterbrechen.

Im Ort probieren wir am ersten Abend das Hotel Zehnerkar, wo bodenständige Salzburger Küche mit Fantasie serviert wird. Knusprig, deftig, aber doch raffiniert – genau das Richtige nach einem Tag in der Höhenluft. Unserer ersten Nacht im Hotel Enzian folgt ein erstklassiges Frühstück. Während wir die Cappuccini und Espressi mit Ausblick auf die Piste schlürfen, carven bereits die Frühaufsteher vor unseren Augen vorbei. Liegt ein Körper regungslos im Schnee, schmeckt bekanntlich erst so richtig der Kaffee.

A Magical Winter Tour

Ich selbst verzichte am zweiten Tag auf den Pistenspaß, weil meine in die Jahre gekommenen Knie schon wieder herumzicken. Und so schließe ich mich Guide Julia an, die einer kleinen Gruppe eine Schneeschuhwanderung zum Johanneswasserfall ermöglicht. Der Weg führt durch tief verschneite Wälder, über kleine Bäche, die kontemplativ unter der Eisdecke gluckern, bis wir schließlich vor dem imposanten und zum Teil gefrorenen Wasserfall stehen. Wir lassen die Szenerie lange auf uns wirken, ehe wir den Rückweg antreten.

Am Abend lernen wir Obertauerns Winterlandschaft bei einer Pferdeschlittenfahrt über die Gnadenalm auf die vielleicht idyllischste Art kennen. Eingehüllt in warme Wolldecken, die Sterne über uns, stapfen die kernigen Noriker mit uns im Gepäck gemächlich durch die verschneite Landschaft. Ihr Kutscher begeistert als Meister des Multitaskings. Er koordiniert die zwei Pferdestärken, versorgt uns mit Geschichten über die Region und lässt gleichzeitig unentwegt die Luft aus unseren Stamperln. Wir erstarren in Ehrfurcht, sorgen aber auch dafür, dass ihm nicht fad wird.

Vor dem Restaurant Gnadenalm halten dann unsere zwei schnaubenden Kaltblüter. Drinnen wartet ein Käse- und Fleischfondue mit reichlich apart inszeniertem Beiwerk. Sie kennen das, es sind diese Momente, in denen die Zeit an Bedeutung verliert. Nur das Glück am Gaumen, das Knistern des Feuers und die feinen Gespräche in der Gruppe zählen jetzt.

Am nächsten Tag ist dann ein Experiment fällig. Statt auf Ski oder Schneeschuhe greifen einige von uns auf Snowbikes zurück. Der 65-jährge Hermann Koch, der mehrere Snowbike-Weltrekorde gebrochen hat und schon mal rund zweieinhalb Minuten lang rückwärts eine Piste hinuntergerast ist, zeigt uns, wie man die gelben Flitzer bändigt und talwärts steuert. Dass uns das allen nach rund 30 Minuten bereits wirklich passabel gelingt, sorgt für Entzücken in der Gruppe, weil die Sache auch richtig Spaß macht. Nach einem finalen Einkehrschwung in das Bergrestaurant „Treff 2000“, das einen mit elektronischen Sounds in Stimmung bringt und ein feines Setting für eine Mikrofeier anlässlich meines Geburtstags bietet, geht auch dieser letzte Tag schon zu Ende. Ich bin zwar alt, aber glücklich.

Bye-Bye, Powder!

Obertauern ist irgendwie mehr als ein klassischer Skiort. Hier lässt es sich auch exzellent schneeschuhwandern, rodeln, pferdeschlitteln, airborden und den Biathlonsport ausprobieren. Darüber hinaus kann man sich kulinarisch austoben, von der Piste direkt ins Nachtleben rutschen und natürlich auf den Spuren der Ikonen aus Liverpool wandeln. Dass den Fab Four in Obertauern auch regelmäßig bei Events und Konzerten gehuldigt wird: Eh klar! Für all jene, die im Winterurlaub auf Vielfalt setzen und in einer gigantischen Schneekugel ihren Spaß haben wollen, ist Obertauern schon ein echter Place to be.

© TVB Obertauern (6), TVB Obertauern/Rohrbacher (7)
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