Die steigenden Gaspreise sind nicht mehr lustig. Dieser Meinung ist auch Robert Stachel: Der Maschek-Kabarettist lebt mit seiner Familie in einer Mietwohnung mit Gastherme. „Ich habe eine intelligente Steuerung installiert, die jeden Raum individuell heizt“, erzählt er. Ist niemand zu Hause, kühlt das System die Wohnung automatisch auf 17 Grad ab. Das senkt die Heizkosten deutlich. Aber: „Was ich mit dem neuen Steuerungssystem spare, holt sich Putin durch Gaspreiserhöhungen wieder rein“, sagt Stachel und seufzt.
Als Studio nutzt er eine Neubauwohnung. „Mit Fernwärme und Fußbodenheizung, das ist noch mal um Hausecken besser.“ Sein Fazit: „Schön wäre, wenn auch die alten Zinshäuser optimierte Heizungssysteme hätten und wir uns vom Gas gänzlich unabhängig machen würden.“ Dieser Wunsch ist eigentlich Befehl: 2040 soll die Klimaneutralität in Österreich Realität sein. Dafür ist auch eine „Wärmewende“ notwendig: 1,5 Millionen Haushalte beheizt man österreichweit mit Öl oder Gas. Ölheizungen sind dank Kampagnen und Förderaktionen immer seltener.
Anders ist die Situation bei Gas: Allein in Wien sind rund 500.000 dezentrale Gasthermen im Einsatz. Für die Eigentümer der damit beheizten Wohnungen ist der Umstieg wesentlich kniffliger als für Einfamilienhaus-Besitzer. Michael Cerveny ist Experte im Energy Center von Urban Innovation Vienna und Leiter des klimaaktiv-Programms „Erneuerbare Wärme“. Er geht davon aus, dass die Gasheizungen in großvolumigen Wohnbauten meist durch eine gemeinschaftliche Lösung ersetzt werden. Dieser muss, solange nicht durch das angekündigte „Erneuerbare Wärme“-Gesetz vorgeschrieben, die Mehrheit aller Eigentümer zustimmen.
„Ist Fernwärme verfügbar, ist das die technisch einfachste, beste und leistungsfähigste Lösung“, sagt Nicole Büchl, Leiterin des Wiener Beratungszentrums Hauskunft. „Vorhandene Heizkörper können meistens weiterverwendet werden, auch die Warmwasserbereitung funktioniert.“ Außerhalb des Fernwärmeversorgungsgebiets sind geothermische Wärmepumpen eine praktikable Alternative. Voraussetzung: Die Tiefenbohrung ist machbar.
„In Gebäuden, die thermisch sehr gut saniert sind, können auch Luftwärmepumpen zum Einsatz kommen“, erklärt Werner Auer, Leiter des Bereichs Sanierung beim wohnfonds_wien. „Man kann diese am Dach installieren. Die Anschaffungskosten sind relativ niedrig.“ Der Nachteil ist allerdings, dass Luftwärmepumpen bei sehr niedrigen Temperaturen nicht mehr effizient arbeiten. Auch mögliche Lärmemissionen können im dicht verbauten Gebiet stören. Für Erdwärme- wie für Luftwärmepumpen gilt: Für den effizienten Betrieb empfiehlt man niedrigere Vorlauftemperaturen. Das macht eventuell einen Tausch der vorhandenen Heizkörper und die Anschaffung eines Boilers für die Warmwasseraufbereitung erforderlich.
Der Einsatz von Pellets und Hackschnitzel ist im städtischen Bereich nur in Ausnahmefällen eine realistische Option. Individuelle Alternativen zur Gastherme, wie etwa „Mini-Luftwärmepumpen am Balkon“, haben im großvolumigen Wohnbau kaum Zukunft, ist Michael Cerveny überzeugt. Auch das Heizen mit „Grünem Gas“, also Wasserstoff und Biogas aus erneuerbaren Energiequellen, ist in Wohnungen nicht sinnvoll – dieses soll prioritär in die Industrie sowie Strom- und Fernwärmenetzen zur Spitzenlastabdeckung nutzen, weil es dort keine vernünftigen CO2-freien Alternativen gibt.
Was tut man nun als Eigentümer oder Eigentümergemeinschaft eines mit Gasthermen beheizten Mehrparteienhauses? Prinzipiell ist ratsam, das Thema möglichst bald anzugehen: 2040 klingt nicht sehr zeitnah – aber man hat es mit einem potenziell komplexen Projekt zu tun. Zudem sind die Ressourcen der ausführenden Firmen beschränkt. Tipp für den Start: „Um die optimale Lösung für ein Gebäude zu finden, muss der Bestand analysiert und ein ganzheitliches Sanierungskonzept erstellt werden“, empfiehlt Nicole Büchl. „Auch bei einer schrittweisen Umsetzung der Maßnahmen muss man das Ziel – ein zukunftsfittes Haus – im Auge behalten.“ Der erste bauliche Schritt beim Umstieg sollte die Steigerung der Energieeffizienz des Gebäudes durch die Verbesserung der thermischen Hülle sein. Damit hat auch der gemeinnützige niederösterreichische Wohnbauträger Atlas die Heizungsumstellung in einem Mehrparteienwohnhaus in Bad Vöslau begonnen.
„Vor dem Wechsel von der Gasheizung auf Fernwärme haben wir eine komplette thermische Sanierung inklusive Fenstertausch gemacht“, berichtet Atlas-Vorstand Gerald Pichler. Ein Vorteil bei der Umstellung: Ein Fernwärmeanschluss war „in Reichweite“. Dennoch gab es einige Herausforderungen zu meisten. So musste man die verkalkten Steigstränge der Rohre tauschen – das erforderte Stemmarbeiten in jeder der mehr als 40 Wohnungen. In einigen davon erneuerte man im Zuge der Sanierung auch das Badezimmer. „Eine organisatorische Challenge“, berichtet Gerald Pichler. Seine Lösung: Fünf leer stehende Wohnungen wurden vorerst nicht vermietet. Dort konnten jene Mieter vorübergehend einziehen, in deren Wohnungen Bauarbeiter Umbauarbeiten durchführten. Wichtig bei dem Projekt war auch die Kommunikation: „Mit Infoabenden haben wir die Bewohner vorab von der Notwendigkeit der Arbeiten überzeugt und ihnen mit Grafiken gezeigt, wie das Ergebnis aussehen wird.“
Knapp acht Monate dauerte die Sanierung des in den 1970er-Jahren erbauten Hauses. „Bei Projektabschluss waren alle Mieter zufrieden: Sie wohnen nun in einem sanierten Haus mit umweltfreundlicher Heizung – und das, dank Förderungen, bei gleichbleibenden Mieten“, sagt Pichler. Sein Fazit: „Es besteht dringender Handlungsbedarf. Für die Umwelt, für die Kosten und für den Komfort muss das Ziel sein: weg von Öl und Gas.“ Bleibt allerdings eine Frage. Was passiert eigentlich mit Wohnungen, in denen man 2040 immer noch mit Gas heizt? „Das kann noch nicht beantwortet werden“, sagt Werner Auer. „Derzeit liegt der Fokus darauf, mit allen Kräften Lösungen und Services anzubieten, um bis 2040 sämtliche Gasheizungen auf alternative Systeme umzustellen.“