Die Dramatisierung großer österreichischer Romanstoffe hat in Reichenau Tradition. Als Auftragswerk der Festpiele schuf Nicolaus Hagg die Bühnenfassung von Joseph Roths Abgesang auf eine untergehende Welt. Das Stück inszeniert Philipp Hauß mit AntoN Widauer als Franz Trotta. Julia Stemberger ist in der Rolle der Frau Trotta zu erleben. Und Wolfgang Hübsch in einer Doppelrolle als Diener Jaques und Dr. Kiniower.
Regisseur Philipp Hauß über „Die Kapuzinergruft“: „Joseph Roth ist für mich ein Herzensautor, seine Verlorenheit und Melancholie finde ich so nirgendwo anders. Die Figuren sind alle Kinder ihrer Zeit und zugleich Prototypen des Menschen. Alle suchen sie, versuchen durchzukommen, und sind dabei in ihrer Tragik zutiefst liebenswert. Nicolaus Hagg hat, wie ich finde, eine wunderbare Fassung geschrieben, in der viel von Roth erhalten geblieben ist und alle Charaktere zu ihrem Recht kommen. Es wird ein Ensembleabend werden, der davon lebt, gemeinsam den Untergang des Trotta-Geschlechts zu erzählen.“
Die Kapuzinergruft
Österreich-Ungarn: prunkvoll, reich und angesehen, wie Franz-Ferdinand Trotta selbst. Der junge Mann führt ein sorgloses Leben, verbringt die Nächte im Kaffeehaus, verschläft die Tage und verjubelt das Geld seiner Familie. Dann bittet ihn sein Vetter Joseph Branco, Maronibrater aus Slowenien, um einen Gefallen. Er soll den Kutscher Manes Reisiger empfangen und ihm dabei helfen, dass sein hochbegabter Sohn als Violinist ans Konservatorium kommt. Die drei Männer, so unterschiedlich sie sind, freunden sich schnell an.
Dann die Schicksalsstunde, die die Welt in Atem hält: Der Erste Weltkrieg bricht aus. Die drei Männer lassen sich für dasselbe Regiment verpflichten und geraten alsbald in Gefangenschaft.
Diese Gefangenschaft verändert die drei nachhaltig – so wie das Kaiserreich Österreich nachhaltig verändert wird.
Aus dem Ersten Weltkrieg kehrt Trotta als russischer Kriegsgefangener nach Wien zurück und stemmt sich fortan ebenso desillusioniert wie verzweifelt gegen den unaufhaltsamen Niedergang der einst so glanzvollen habsburgischen Epoche. Meisterhaft schrieb Joseph Roth 1938 in Die Kapuzinergruft die Familiengeschichte der Trottas fort, die er sechs Jahre zuvor mit seinem gefeierten Roman Radetzkymarsch begonnen hatte.