Um die Jahrhundertwende tänzelte die Wiener Intelligentsia munter zwischen Esoterik und der – noch in den Kinderschuhen steckenden – modernen Psychologie. Man übte unverfrorene Kritk am Materialismus, der mit der Idustrialisierung zwar nicht in die Welt getreten war, sich aber sehr wohl durch jene beflügelt, klassenübergreifend ausgebreitet hatte. Viele strebten ein neues, naturverbundenes Leben an. Die aus den zahlreichen aufkeimenden Weltanschauungen resultierende Suche nach dem „Neuen Menschen“ spiegelte sich auch in den Künsten wider.
Mit der Ausstellung „Verborgene Moderne – Faszination des Okkulten um 1900“ eröffnet das Leopold Museum nun erstmals eine große Überblicksschau, die sich der spirituellen und esoterischen Strömung innerhalb der Moderne widmet. Die Ausstellung beleuchtet, wie sich diese Sehnsüchte in Kunst und Kultur manifestierten: Von Hans Makarts Wagner-Malereien über die Landkommune des Künstlerpropheten Karl Wilhelm Diefenbach bis hin zu den mediumistischen Zeichnungen Gertrude Honzatko-Mediz’.
Der Einfluss der Theosophie, des Spiritismus und der fernöstlichen Philosophien auf die Wiener Moderne wird ebenso thematisiert wie die Rolle von Frauen in diesen Bewegungen. Künstler wie Albert von Keller, August Strindberg oder Edvard Munch experimentierten mit Trancezuständen, mystischen Visionen und der Idee unsichtbarer Strahlung als Lebensenergie.
Die Schau zeigt, dass das Okkulte keine Randnotiz war, sondern eine treibende Kraft der Moderne – und zieht dabei auch Parallelen zur Gegenwart