Story

Genussvoll abtauchen im Mariazellerland

Sommerfrische in und um Mariazell hat unseren Segen. Zwischen Lunz am See, Mariazell und Turnau kann man entspannen und der Hitze der Stadt entfliehen, vor allem aber wirklich gut essen. Landwirtschaft und gute Restaurants sind hier so eng verbunden wie selten wo.
Die erste Geschichte übers Mariazellerland, die fast vollständig ohne Lebkuchen und Magenbitter auskommt. Es gibt viel Besseres zu essen hier. Zum Beispiel eine kraftvolle Suppe aus dem Fleisch von Angus-Rindern beim Lurgbauer in St. Sebastian. © Michael Reidinger

Mittagszeit, Zeit für eine Mahlzeit, findet Uli Richter. Es gibt Gerste, vegetarisches Fischfutter und Kürbiskernkuchen. Mit elegantem Schwung befördert Uli das Futter aus dem Plastikkübel in den Fischteich. Zwanzig Sekunden später beginnt das Wasser leicht zu brodeln. Die Münder der etwa zweijährigen Karpfen sind zu sehen, zwischendurch orangefarbene japanische Kois, ein Riesenwels zieht seine Runden durch den Teich – mit beachtlicher Kielwelle. „Der Wels könnte an die 70 Kilo haben“, sagt Richter. Dann füllt er einen weiteren Plastikkübel mit Futter und besucht die anderen Teiche.

Uli Richter und sein Vater sind alte Bekannte der Familie Reitbauer und seit einem guten Vierteljahrhundert Lieferanten für das Wirtshaus Steirereck am Pogusch. Der Vater begann in den 1960ern mit der Teichwirtschaft und wurde von den anderen Landwirten für verrückt erklärt, aber, so Uli Richter, das Wasser sei „sein Element“. Mit seiner Frau betreibt Uli Richter ein winziges Café mit Holzveranda und Blick auf einen öffentlichen Teich, das aussieht, als wäre es ein Filmset für David Lynch. Die kleine Fischzucht bringt Karpfen, Amurkarpfen, Schleien und wirft hie und da auch Zander oder einen Wels ab. Schafe kümmern sich um die Teichwiesen, hie und da landet ein Lamm am Grillspieß, denn Uli Richter mag das Kochen und hat den Beruf des Fleischhauers gelernt. „Der Bach, der vom Berg kommt, fließt zum Teil in unsere Teiche und speist das Wasser mit Frische und Mineralien. Denn das Wasser fließt vorher durch Kalk und Urgestein. Das bekommt den Fischen, macht sie robust gegen Krankheiten.“ Denn trotz des nicht gerade dichten Gedränges in den großen Teichen gäbe es Gefahr für Krankheiten, die etwa durch Enten übertragen werden. Zu kalt ist es auch nicht. Karpfen und Schleien mögen das nicht, sie sind schließlich keine Forellen. Im Winter tauchen sie ab und ruhen am Grund der Teiche.

An den Teichen stehen Sessel. Hier nimmt Uli Richter hie und da Platz, nachdem er den Fischen ihr Futter gebracht hat. Er liebe diese Stimmung, schaue aufs Wasser, das dank der hungrigen Fische leicht brodelt wie die Suppe eines japanischen Shabu Shabu, dann wieder auf die Berge und den Wald, dann wieder aufs Wasser. Mittagszeit ist es ein paar Kilometer von den Fischteichen entfernt gerade ebenfalls. Schmausende Gäste auf der Terrasse des Wirtshauses Steirereck am Pogusch. Den Sonntagsbraten gibt’s am Samstag, weil Sonntag wegen Personalmangel geschlossen ist. Gefüllte Brust vom Pogusch-Milchkalb, eine butterzarte Scheibe von der Größe einer Kinderhand, ohne Knorpel, ohne Flachsen, und der Autor, bekennender Kalbsbrust-Fan, muss erkennen und zugeben, dass er solches noch nie gegessen hat. Dazu ein Saft auf Basis von Kalbsjus, in dem Madeira eine Rolle gespielt haben mag, sowie Gartengemüse. Samstags ist der Tag des steirischen Milchkalbs. Es gibt auch Hirn mit Ei oder gebackenen Kalbskopf, Niere im Ganzen, Kalbsstelze, Kalbs-T-Bone und natürlich Wiener Schnitzel.

Heinz Reitbauer: Koch und Landwirt

Es gibt fast keinen Tisch, an dem nicht zumindest ein Gast Wiener Schnitzel bestellt. Kurzer Rückblick in die neuere gastronomische Geschichte Österreichs: Vor fast dreißig Jahren sperrte die Familie Reitbauer das Wirtshaus am Pogusch auf, eine Mischung aus herzlicher und herzhafter Folklore in großartigem und unvergleichlichem (mittlerweile da und dort – aber leider nicht hinlänglich gut – kopiertem) Ambiente, preisgünstigem Essen und Trinken und damals schon Produkten aus eigener Landwirtschaft. Am Herd der junge Heinz Reitbauer, der schon vor dreißig Jahren die Grundzüge der Pogusch-Speisekarte zeichnete, die im Wesentlichen heute noch gelten: Garten, „O’gstochen“ wird am Donnerstag (frische Innereien vom Schwein), Süßwasserfisch gibt es am Freitag, Pogusch-Kalb und Pogusch-Lamm am Wochenende. Jeden Samstag sind Heinz und Birgit Reitbauer persönlich vor Ort, um das Team mit Verve und Arbeitseinsatz zu verstärken. „Manchmal sind es drei Mal die Woche, wo Heinz und ich den Weg zwischen Wien und dem Pogusch zurücklegen“, sagt Birgit Reitbauer. Heinz Reitbauer ist, wie er stets betont, nicht nur Koch, sondern auch Landwirt. Zehn Prozent seiner Zeit widme er der Landwirtschaft, neunzig der Arbeit an und in der Küche. Den Unterschied zwischen Pogusch-Milchkälbern und anderen Kälbern zu erklären fällt Reitbauer leicht: „Unsere Kälber leben vier bis sechs Wochen, sie bekommen tatsächlich nur Milch und Eidotter. Würden sie älter werden, würden sie anfangen Grünfutter zu essen, dann wären es keine Milchkälber mehr. Und sie dann vom Grünfutter abzuhalten, führte zu Mangelerscheinungen.“ Diese Art von Quälerei ist für Reitbauer undenkbar, für ihn steht der Respekt vor Tieren und Lebensmitteln an oberster Stelle seiner Bedürfnispyramide.

Zwei festangestellte Mitarbeiter kümmern sich auf der Reitbauer-Farm um das Wohl der Schweine, Schafe und Kälber. Ein Mitarbeiter zu wenig, wie Reitbauer einräumt, man sei stundenmäßig stets am Limit. Die Behausungen der Tiere liegen direkt in Nachbarschaft zum Betrieb der Reitbauers und zum neuen Quartier der Mitarbeiter. Schafe und Lämmer weiden in der Umgebung. Reitbauer sagt, in Grundzügen sei die Landwirtschaft immer noch wie früher. Allerdings wird ständig an Ergänzungen gearbeitet. Vom Restaurant hat man den Blick auf die kürzlich angelegten Streuobstwiesen. Das vor zwei Jahren fertiggestellte Glashaus bietet ein Habitat für Obst und Gemüse. Auf der Pogusch-Terrasse stehen Zitronen- und Kalamansi-Bäume. „Wir sind beim Fleisch zu 75 Prozent Selbstversorger“, sagt Reitbauer. Beim Fisch greift man auf handverlesene Lieferanten zurück, darunter etwa Uli Richter. Sie profitieren von der Qualität des kalten Quellwassers. Manches kommt von weiter her, etwa vom Gut Dornau in Niederösterreich. Der an der Haut gebratene Waller ist blütenweiß und festfleischig. Zur präzise knusprig gebratenen Haut gesellen sich knusprig frittierte Brennnesseln und Cremespinat sowie – weil grün zu grün so gut passt – eine kleine Artischocke. Zum Fisch gibt es Beurre blanc, schnörkellos, gar nicht barock und ideal balanciert wie guter Wein. Man löffelt andächtig und sieht den blutjungen Heinz Reitbauer vor sich in seiner Zeit bei Alain Chapel in Lyon, wie er in der Küche eine Beurre blanc aufschlägt. Der hausgemachte Bitterlikör aus mehr als 25 Kräutern ist köstlich und leider nicht zu vergleichen mit dem Magenbitter aus dem eine drei viertel Autostunde entfernten Mariazell.

Lurgbauer: von der Weide in den Kochtopf

Österreichs wichtigster Wallfahrtsort, wie sie Mariazell nennen, hat durchaus urbanen Charakter, wenn es um die Zahl der Reisebusse geht. Hier laben sich die Pilger in der 1157 gegründeten Kirche an Spirituellem, danach brauchen sie eine weltliche Stärkung in Form eines Schnitzels im Braugasthof von Mariazell oder von Lebkuchen, deren Genuss dann wieder nach einem Stamperl Magenbitter sucht. Man kann sich der Mariazeller Kathedrale mit der zu Recht legendären Mariazellerbahn nähern. Zum Lurgbauer nach St. Sebastian kommt man allerdings nur zu Fuß oder mit dem Auto. „Die Dreifaltigkeit von Mariazell, das sind Kirche, Lebkuchen, Likör“, sagt Max Leodolter, der in einer Mischung aus Bauernhof und Restaurant Qualitätsverständnis predigt. Zu ihm pilgern Gäste, die sich von gekochten Aberdeen-Angus-Rindern erleuchten lassen wollen. Die prächtigen schwarzen Angus-Rinder grasen wie aus Schottland eingereiste Aliens auf den Wiesen rund um das Anwesen der Leodolters, es als Kultlokal zu bezeichnen ist nicht übertrieben.

Manches steht seit Jahrzehnten auf der Karte, wie etwa das Carpaccio vom Angus oder die Rindsuppe, die fantastisch ist und nichts anderes. Ein erwärmender Trost, wenn der Sommer in den steirischen Alpen wieder einmal auf Winter macht. Das geschmorte Ochsenwangerl ist von kollagenstrotzender Delikatesse. Inzwischen wagt sich Leodolter auch an Rezepte, die von seiner Idee einer mehr internationalen Ausrichtung des Gasthauses erzählen. Immerhin, als Vorbild nennt Leodolter das inzwischen verblichene schwedische Restaurant Fäviken. Ochsenherz schneidet er in dünne Scheiben und grillt den kräftigen Muskel nach Teriyaki-Art. Ein paar Wiesenblumen vorm Haus gepflückt und darübergestreut, fertig. Man spürt mit jedem Bissen des vollkommen fettfreien Fleisches die Urkraft des Tieres, das bei den Leodolters drei oder vier Jahre gelebt hat, bevor es gleich in unmittelbarer Nachbarschaft geschlachtet wurde.

Hier, im Ortsteil Lurg der Gemeinde St. Sebastian, gibt es viel Wald und Wiese, aber weder asphaltierte Straßen noch andere Merkmale der ­Zivilisation. Nur das wirklich Wesentliche hat es bis hier hinauf geschafft, ein paar gute Weine und zum Beispiel knochentrockener Birnensekt mit nur 3,5 Prozent Alkohol, den man zum Aperitif nimmt. Und hie und da schafft es dann auch ein Saibling herauf, kalt geräuchert, in Begleitung von gepickeltem Kohlrabi und Kürbiskernen sowie einer animierend säuerlichen Marinade. Der Saibling kommt aus der Mariazeller Zucht von Klaus Decleva. Im kühlen Wasser züchtet Decleva Bio-Forellen und Bio-Saiblinge. Die Zucht stand vor ein paar Jahren zum Verkauf und der ehemalige Manager griff zu. „Ich las in der Sonntagszeitung vom Konkurs der Fischzucht und bin noch am selben Tag hinausgefahren, um mir das anzusehen.“ Die Saiblinge und Forellen, die bei ­Decleva auf ihren Auftritt etwa beim Lurgbauer warten, muss man deshalb nicht bedauern. Sie leben in bestem Wasser und haben vier Jahre Zeit, das alles zu genießen.

Geschichtsträchtig sind in Mariazell nicht nur Kirche, Schnaps und Lebkuchen, sondern der auch nicht sehr weit entfernte Landgasthof Zum Blumentritt der Hollerer-Schwestern Christa und Ulli, der schon mehrere Generationen von Restaurantkritikern zum Schwärmen brachte. Die stets gut gelaunte weibliche Kernmannschaft des Blumentritt heißt ­Pilger, die es auf gutes Essen abgesehen haben, gleichermaßen willkommen wie Biker, denen auf den kurvigen Straßen nicht übel geworden ist. Wild gibt es in der Saison aus eigener Jagd, und nicht nur die edlen Teile. Ein Signature Dish der Hollerer-Schwestern sind die Grammelknödel mit Kraut und Kürbiskernöl, seit Neuestem steht auch die frankophile Kombination aus Blutwurst, Gänseleber und Apfel wieder auf der Karte. Christa und Ulli Hollerer tragen sich übrigens mit dem Gedanken des Rückzugs. Zeit also, diesem Restaurant alter Schule diesen Sommer noch die Aufwartung zu machen.

Kaltes Wasser, Sommerfrische und Jause: Lunz am See

Wer sich im Sommer erfrischen will, wird mit Fischteichen nicht richtig glücklich, besser ist ein ganzer See, vor allem, wenn er richtig kalt ist wie der Lunzer See oder der Erlaufsee. Essbares Äquivalent zu einer Schwimmrunde ist der Schaffrischkäse, Hauptdarsteller einer erfrischenden Jause und der Mostviertler Gegenentwurf zur Salzburger Essigwurst. Birgit und Berthold Schrefel, Schafbauern in Göstling an der Ybbs, kommen ins Schwärmen: „Wir lieben im Sommer Schaffrischkäse mit Zwiebel oder Schnittlauch, bei Hitze gibt es nichts Besseres.“ Der leicht säuerliche und in der Konsistenz, aber nicht beim Fettgehalt an eine Panna cotta erinnernde Frischkäse ist das das Geschmacksbild des Ötscherlands prägende Produkt, so wie die Schafmilchlandwirtschaft in der hügeligen und von unwirschen Temperaturen geprägten Gegend die bevorzugte Form der Landwirtschaft ist.

Siebzig Schafe wohnen am Bio-Hof Orth, im Sommer weiden sie auf den Almen der Umgebung. Im Stall gleich neben dem Hofladen duftet es nach Heu und Stroh. Birgit Schrefel erzählt: „Schafzucht ist für uns kein Hobby, wir leben davon. Unsere Schafe – eine Mischung aus Ostfriesen und Lacaune – werden im Idealfall neun Jahre alt, wir verarbeiten das Fleisch zu Würsten und verkaufen die Felle. Bei uns wird alles verwertet.“ Man hat sich auf Milchrassen spezialisiert, in einer Region, wo die Schrefels als Schafkäseproduzenten mittlerweile ziemlich alleine dastehen, was die beiden naturgemäß nicht besonders stört. Die Lämmer und Milchschafe, die nicht das Höchstalter von acht oder neun Jahren erreichen, werden auf einem nahen Schlachthof geschlachtet. „Transport ist für die Schafe und Lämmer kein Stress, sie sind den Transport gewohnt. Wir haben verstreute Weiden und führen die Tiere mehrmals im Jahr im Anhänger herum.“ Das Fleisch älterer Milchschafe könne man mit dem von alten Milchkühen vergleichen, so Schrefel. Er liefert Schaffrischkäse und Lamm an den Eckel in Wien oder an das Refugium Lunz in Lunz am See.

Im Restaurant des Refugium steht Lammbauch auf der Karte, mit seinem prägnanten Aroma zweifellos ein Gericht für Aficionados. Aus Lunge und Herz macht die Küche ein Beuschel von städtischer Eleganz. Die Küche wechselt zwischen Wirtshaus und Kreativität, anspruchsvolle Gäste des exklusiven Hotels wollen ebenso bedient werden wie die Locals, die zur Familienfeier kommen. Geräucherter Aal kommt mit klarer Marinade auf Basis von Salatgurken, dazu Maiwipfel, das schmeckt sehr gut. Der Schaffrischkäse wird traditionsgemäß mit Kernöl und eingelegten roten Zwiebeln angerichtet, dazu Schnittlauchbrot, als südländische Alternative gibt es Burrata und ­Tomaten mit frischer Marinade auf Basis von Mandarinen und Räucheraromen sowie eine Lunzer Version der vietnamesischen Reisrolle. Vom verglasten Restaurant und der Terrasse fällt der Blick auf den vorbeifließenden Fluss, eine stattliche Holz-Metall-Brücke und die Wälder der Umgebung. Es gibt schlimmere Orte.

Weit weg vom Üblichen

Lunz am See hat als Sommerfrische nicht den klangvollen Namen wie Gmunden oder Altaussee. Auch die Gastronomie sieht wenig Gründe, sich in ein nicht über Jahrzehnte bewährtes Kleid zu werfen. Vielleicht ist es aber genau das, was weitgereiste Gäste heute suchen – Gasthäuser und Almhütten, die noch so aussehen wie auf den Postkarte der Siebzigerjahre des vorigen Jahrhunderts und wo auch genauso gekocht wird. Der See ist der einzige natürliche See Niederösterreichs und berühmt für seine Frische und die Qualität des Wassers. Wer Fisch sagt, meint in dieser Region die Fische aus dem kühlen Lunzer See, in dem es neben dem geschützten Saibling auch Forellen, Rotaugen, Karpfen und Gründlinge gibt. Man wende sich diesbezüglich an die Forstverwaltung in Lunz am See, deren Fische es auch in der malerisch gelegenen Schlosstaverne zu essen gibt – einem der besseren Betriebe. Die Fische der Familie Größbacher in Lassing bei Göstling sind längst keine Geheimtipps mehr. Züchter Herbert Größbacher verkauft an Privatkunden und die lokale Gastronomie, etwa das Refugium, beliefert aber auch den Eckel in Wien und ist außerdem eher medienscheu, weshalb ein Besuch zu einem Gespräch unterbleiben musste. Versuchen Sie es einfach selbst und sagen Sie, dass Sie die Adresse niemandem weitererzählen.

Kommen wir noch einmal zurück nach Turnau, auf den Pogusch. Hier gibt es seit zwei Jahren ein neues Restaurant, und Heinz Reitbauer nennt es die Schankkuchl. Die Gäste nehmen am Counter Platz, der von einer Leitung für brennheißen Wasserdampf aus der Vorbereitungsküche durchzogen ist. Der Dampf ermöglicht, unmittelbar vor den Gästen Dinge zu garen. Wasser und Feuer sind die Küchengeräte in der Schankkuchl. Ein höhenverstellbarer Grill über offenem Feuer ist das Zentrum des Geschehens, bis zu 700 Grad hat es im Ofen. Wer hier arbeitet, muss nicht nur tournieren und sautieren, sondern auch Holzscheite schlichten können. In diesem Ambiente spielen Heinz Reitbauer, Pogusch-Küchenchef Manuel Weissenböck und sein Team aus, was sie drauf haben. Feuer und Wasser bestimmen das Essen. Eine Sauerteigpizza mit Stracciatella, der einzigen Zutat, die nicht aus der Region kommt, Kimchi, Speckpilz und Cime di rapa gefällt unglaublich gut, wie der sommerlichen Tomatensalat, unter anderem auch wegen des gar nicht zurückhaltenden Einsatzes von Säure und Frische. In einer Sauce aus Süßkartoffel und Buddhas-Hand-Zitrone gart der Gast mit ­Zitrus gebeizte Lachsforelle von ­bemerkenswerter Textur, dazu gibt es Wilden Brokkoli und Rosinen sowie Rosinengelee.

Faszinierend ist, wie sich der Unterschied von zehn oder zwanzig Sekunden in der heißen Sauce auf die Wahrnehmung des Fisches auswirkt. Ein Gericht, das man sich „drüben“ im „Wirtshaus“ so nicht vorstellen könnte. Ein weiteres Highlight ist ein Holzspieß mit Spitzpaprika vom Holzkohlengrill, Blutwurst und Kalbsleber, dazu eine Sauce, die an die geröstete Leber erinnert, die zur DNA österreichischer Innereienküche gehört; eine süße Kindheits­erinnerung, falls jemand eine gute Kindheit hatte. Dann die wie ein ­Armer Ritter gebratene Scheibe vom Briochezopf mit darüber geriebenem Fedlkoch, hausgemachtem Eierlikör mit einer Spur ­Safran (was für eine Idee!) und Erdbeeren, die gerade ihren Idealzustand erreicht haben. Dem Küchenteam bei der konzentrierten Arbeit zuzuschauen, hat etwas angenehm Kontemplatives, aber die Angst, am Counter sanft weg­zuschlummern, muss man in der Schankkuchl nicht haben, dafür sorgt die Abwechslung am Teller und auch im Glas. Geschlafen wird dann in den Baumhäusern oder den anderen Gästequartieren der Familie Reitbauer, auch diese wie alles hier weit weg vom Üblichen.

Artikel aus A la Carte 03/2025.

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