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Hans Peter Doskozil im Sommergespräch: „Größtes Konjunkturpaket“

Drei Landeshauptleute im Sommer-Talk: Michael Ludwig, Johanna Mikl-Leitner und Hans Peter Doskozil haben mit uns über die Rolle der Kultur für Gesellschaft und Wirtschaft, die aktuelle finanzielle Lage und ihre Zukunftspläne für Wien, Niederösterreich und das Burgenland gesprochen. Hier lesen sie das Interview mit Hans Peter Doskozil (SPÖ).
© Tanja Hofer

schauvorbei.at: Die Vorbereitungen für den Kultursommer laufen auf Hochtouren. Welche Rolle spielen vielfältige ­Kulturangebote für das Burgenland?
Hans Peter Doskozil: Die kulturellen Angebote des Burgenlands sind ein bundesweites sowie internationales Aushängeschild unserer Region. Das gilt insbesondere für den Kultursommer mit seinen einzigartigen Festspielen, vom Musical auf der Seebühne über die Oper im Steinbruch, Pop und Rock auf den Pannonia Fields bis hin zu Musik, Theater und Kabarett auf Freiluftbühnen und in Schlössern. Der Kultursommer trägt maßgeblich zur Standortentwicklung im kulturellen, touristischen und wirtschaftlichen Sinn bei. Kultur ist eine zen­trale Säule des burgenländischen Tourismus und die Veranstaltungen des Kultursommers bringen Wertschöpfung und starke wirtschaftliche Impulse ins Land. Wir sind – als kleinstes Bundesland – im österreichischen Vergleich sicher eine kulturelle „Großmacht“ und das wird gerade im Sommer an der breiten Vielfalt unserer Festivals und Kulturevents sichtbar. Darauf können wir stolz sein, darauf müssen wir aufbauen.

schauvorbei.at: Das Burgenland investiert auch weiterhin viel in die heimische Kulturlandschaft. Welche sind heuer die größten Projekte?
Hans Peter Doskozil: Wirksame Kulturpolitik ist ein zentraler Teil unseres Regierungsprogramms. Wir führen das Erfolgsprojekt „Kulturgutscheine“ sowie bestehende Angebote zur Unterstützung Kulturschaffender mit Stipendien und einer noch stärkeren Förderung der Jugendkultur fort. Um Kunst und Kultur im ganzen Land niederschwellig anbieten zu können, wird die vorhandene Struktur in den Kulturzentren modernisiert und der bereits eingeleitete Prozess, in jedem Bezirk ein Landeskulturzentrum anzubieten, abgeschlossen. Unlängst wurden die Pläne für das KUZ in Neusiedl präsentiert, das Kulturzentrum Güssing soll nach der um­fassenden Sanierung schon nächstes Jahr neu eröffnet werden. Ein wichtiges Projekt, das ­unlängst zum Abschluss kam, ist die Wieder­eröffnung des ausgebauten und renovierten Museums, mit dem das Lisztzentrum in Raiding zu einer Kulturstätte europäischen Rangs aufgewertet werden konnte. Am Hügelgräberfeld Schandorf wurde mit dem Spatenstich für eine innovative Betonkuppel heuer außerdem eine neue Form der Auseinandersetzung mit Archäologie eingeleitet – mit großem Potenzial für den heimischen Kulturtourismus.

schauvorbei.at: Österreichs Bundesländer, Gemeinden und Städte stehen teils vor großen finanziellen Herausforderungen. Wie ist die Lage im Burgenland?
Hans Peter Doskozil: Die finanzielle Lage in Österreich ist auf allen Ebenen angespannt, vor allem ausgelöst durch das von der letzten Bundesregierung hinterlassene „Budgetloch“ im Ausmaß von mehreren Milliarden Euro und schwerwiegende Versäumnisse in der Wirtschaftspolitik. Österreich hat bei der Inflation viel zu spät und schleppend eingegriffen und ist gleichzeitig Schlusslicht beim Wirtschaftswachstum im EU-Vergleich. Die dadurch ausgelöste Spirale von steigenden Ausgaben und sinkenden Einnahmen trifft alle Gebietskörperschaften. Am meisten spüren das derzeit die Kommunen. Als Land springen wir ein, um diese Versäumnisse zu kompensieren und unterstützen die Gemeinden nach Kräften. So haben wir im Vorjahr ein historisches Entlastungspaket geschnürt, um den Gemeinden Sondermittel für Infrastrukturprojekte bereitzustellen, die sie alleine nicht stemmen könnten. Auch im Zuge der letztjährigen Hochwasser­katastrophen wurde im Burgenland auf einzigartige Weise geholfen. Aktuell arbeiten wir gemeinsam mit den Gemeindevertretern mit Hochdruck an einem Gesamtpaket zur strukturellen und nachhaltigen Entlastung, das eine Übernahme des Burgenländischen Müllverbands, eine Erhöhung der Personalförderung im Kindergartenbereich und andere Maßnahmen umfasst. Darüber verhandeln wir parteiübergreifend und auf Augenhöhe. Es wird sich zeigen, ob dieser neuerliche Anlauf für ein Gesamtpaket gelingt.

schauvorbei.at: Wo kann in den nächsten Jahren gespart werden und welche Investitionen sind gerade jetzt wichtig?
Hans Peter Doskozil: Die nächsten wesentlichen Schritte werden konjunkturfördernde Maßnahmen sein, was den Energiesektor betrifft in Form des PV- und Windkraftausbaus im Rahmen des „Projekt Tomorrow“. Zur Stärkung des Standorts wurden aktuell eine Entbürokratisierungs- und eine Internationalisierungsoffensive in die Wege geleitet. Innerhalb der Landesverwaltung evaluieren wir derzeit Potenziale, um mehr Effizienz zu schaffen. Hierzu sollen Bereiche der IT und die Kulturabteilung teilweise ausgelagert und die Baudirektion, als wirtschaftlich starke Organisation innerhalb des Amtes der Landesregierung, neu aufgestellt werden.

schauvorbei.at: Beim Bundesbudget vermissen Sie Strukturreformen. Welche sind das und welche Folgen erwarten Sie, wenn in diesen Bereichen nichts unternommen wird?
Hans Peter Doskozil: Die Budgetsituation des Bundes macht Reformen erforderlich, ein „Weiter wie bisher“ darf es nicht mehr geben. Echte Veränderungen gibt es nur, wenn man genau hinsieht, Bestehendes hinterfragt, Bewährtes weiterführt und verkrustete Strukturen, die nicht mehr zeitgemäß oder zweckdienlich sind, aufbricht. Siehe Gesundheits- und Sozialwesen: Kann es sich der Staat länger leisten, dass öffentliche Gelder als Dividende an ausländische Konzerne abfließen wie im Fall der VAMED, deren Reha-Sparte an einen französischen Investmentfonds verkauft wird? Im Burgenland haben wir, bei Bezug von Landesmitteln, Gemeinnützigkeit im Bereich der Pflegeheime gesetzlich verankert, um sicherzustellen, dass öffentliche Gelder, die für die Pflege bestimmt sind, auch in der Pflege bleiben. So auch im Gesundheitsbereich: Me­dizinstudierende, die Stipendien des Landes ­beziehen, müssen sich im Burgenland auch für eine gewisse Zeit dem öffentlichen System zur Verfügung stellen. Das sind nur zwei von vielen Beispielen. Bundesweit hätte in Bezug auf den Sozialbereich, analog zum Grundwehrdienst, ein verpflichtender Sozialdienst für alle eine echte Reform bedeuten können – und zwar mit gesellschaftlichem Mehrwert. Im Gesundheitswesen wäre eine strukturelle Verschlankung auf zwei statt drei Player möglich – wie im Schulbereich, wo der Bund eine Rahmengesetzgebung definiert und die Ausführung innerhalb dieser Vorgaben den Ländern überlassen bleibt. Das würde sich definitiv positiv auch auf den Finanzaufwand auswirken.

schauvorbei.at: Seit Februar regieren Sie mit den Grünen. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit bisher?
Hans Peter Doskozil: Es ist mein Ziel, ein sozial gerechtes Bundesland zu gestalten. Im Mittelpunkt meiner Arbeit stehen die Burgenländerinnen und Burgenländer. Jetzt gehen wir den Weg gemeinsam mit den Grünen als Koalitionspartner. Wir haben das gemeinsame Ziel, die Lebensumstände der Burgenländerinnen und Burgenländer nachhaltig zu verbessern. Wir sind uns darüber einig, nach bestem Wissen und Gewissen die beste Politik für unser Heimatland, das Burgenland, zu machen. Daher verläuft auch die Zusammenarbeit offen, sachlich und zukunftsorientiert – und dementsprechend friktionsfrei und unkompliziert.

schauvorbei.at: Welche Ziele möchten Sie in dieser Legislaturperiode erreichen?
Hans Peter Doskozil: Die ersten Schwerpunkte dieser Periode liegen auf den Themen Konjunktur und Gemeinden, Klimaschutz, Gesundheit und Pflege. Jeder Mensch hat Anspruch auf ein ­Altern in Würde. Daher setzen wir unser Pflegestützpunktmodell konsequent um. Das Vorhaben, der älteren Generation in jeder burgenländischen Gemeinde eine Einrichtung zur Verfügung zu stellen, schreitet in großen Schritten voran. Außerdem führen wir in dieser Periode die erfolgreiche burgenländische Gesundheitsoffensive fort – mit einem Leistungsausbau an allen burgenländischen Kliniken, neuen Abteilungen und Spezialisierungen, der 5-Spitäler-Garantie, Hightech-und Spitzenmedizin in Wohnortnähe, einer Optimierung des Rettungsdienstes und weiteren Maßnahmen. Außerdem haben wir den offiziellen Auftakt für das „Projekt Tomorrow“ gegeben, das die Finanzierung des Krankenhausneubaus in Gols sicherstellen wird. Es wird dem Land zu Energieunabhängigkeit und den Burgenländerinnen und Burgenländern zu Preisstabilität verhelfen und ist zugleich eines der größten Konjunkturpakete in der Geschichte des Burgenlandes. Gemeinsam mit Maßnahmen zur Entbürokratisierung und Internationalisierung der heimischen Betriebe soll es unseren Standort stärken. Ich möchte das Burgenland als sozial gerechte, sichere Region mit Perspektive und Lebensqualität für alle Menschen in diesem Land weiterentwickeln.

Danke für das Gespräch!

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