Story

Norbert Hofer: „Das Land nicht finanziell ausbluten lassen“

Am 19. Jänner 2025 wählt das Burgenland einen neuen Landtag. schauvorbei.at hat die Spitzenkandidaten der Parteien getroffen und zu ihren Schwerpunkten, Plänen sowie Zielen befragt. Was Norbert Hofer (FPÖ) als Landeshauptmann umsetzen würde, lesen Sie hier.
Norbert Hofer vor schwarzem Hintergrund
Von 2013 bis 2017 sowie von 2019 bis 2024 war Norbert Hofer Dritter Präsident des Nationalrats. © FPÖ

schauvorbei.at: Was sind Ihre drei größten Zukunftsziele für das Burgenland?
Norbert Hofer: Ich sehe das Ganze aus der Perspektive der Menschen, die hier leben. Und da gibt es folgende Lebensbereiche, die besonders wichtig sind: Pflege, Arbeit und Bildung sowie Kinderbetreuung.

Eine der größten Herausforderungen ist sicherlich der Pflegenotstand. Die Infrastruktur, die Betten, sind vorhanden, aber das Personal fehlt. Deshalb wird es notwendig sein, die Arbeitsbedingungen in diesem Bereich erheblich zu verbessern – etwa durch Gehaltserhöhungen. Denn wenn man bedenkt, dass das Gehalt von Menschen, die andere versorgen und zum Beispiel bei der Nahrungsaufnahme unterstützen, nur geringfügig höher als der Mindestlohn im Burgenland ist, dann ist klar, dass sich etwas ändern muss.

Der zweite wichtige Lebensbereich ist Arbeiten im Burgenland. Wir haben sehr viele Pendler. Ich selbst war lange einer davon, schon zu meinen Zeiten bei der Lauda Air. Mein Ziel wäre, dass die Burgenländer selbst entscheiden können, ob sie beruflich pendeln möchten oder nicht. Dafür braucht es eine Standortpolitik, die dafür sorgt, dass sich mehr Firmen hier ansiedeln.

Und der dritte Punkt ist der Bildungs- und Betreuungsbereich. Auch hier geht es mir um Wahlfreiheit. Sind beide Elternteile berufstätig, dann ist gute flächendeckende Kinderbetreuung nötig. Hat Frau oder Mann Zeit, sich eine Zeit lang selbst um den Nachwuchs zu kümmern, dann muss auch das möglich sein.

Diese drei Bereiche machen die Lebensqualität aus und sorgen dafür, dass die Menschen von der Kindheit an bis ins hohe Alter im Burgenland bleiben können.

schauvorbei.at: Welche Anreize wären für Unternehmen wichtig, damit sie sich im Burgenland ansiedeln?
Norbert Hofer: Bei der Standortpolitik spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Ein Punkt, den man dabei selten im Auge hat, ist die Sicherheit im Land beziehungsweise die Kriminalitätsbekämpfung. Diesbezüglich müssen wir ständig in der Diskussion sein, auch mit der Bundesregierung, damit wir das Personal im Land haben, um Sicherheit zu gewährleisten. Als Konzern schaue ich mir bei der Standortwahl genau an: Wie sicher ist es vor Ort für die Mitarbeiter und ihre Familien? Aber natürlich auch: Wie sieht das Ausbildungs- und Bildungsangebot aus? Wie steht es mit der Gesundheitsversorgung und der Breitband- sowie Verkehrsanbindung?

schauvorbei.at: Wie steht es denn mit der Verkehrsanbindung?
Norbert Hofer: Im Nordburgenland ist der öffentliche Verkehr gut ausgebaut, im Südburgenland aber noch lange nicht, vor allem im Bahnbereich. Als Verkehrsminister habe ich damals sehr gute Gespräche mit Landeshauptmann Hans Peter Doskozil geführt. Wir haben geplant, die Bahnverbindung nach Steinamanger zu reaktivieren. Es gab schon Gespräche mit Ungarn, Orban hat sein Okay gegeben, wollte die Bahn auch an die Grenze führen. Aber dazu ist es dann leider nicht gekommen. Wir wollten auch einen Bahnhof Südburgenland errichten. Auch das ist dann nicht weiterverfolgt worden – und ich glaube, das muss man jetzt wieder angehen.

schauvorbei.at: Noch einmal zurück zur Pflege: Was halten Sie vom Anstellungsmodell für pflegende Angehörige? Kann es die vorherrschenden Probleme abfedern?
Norbert Hofer: Abfederung ist es keine, aber eine Unterstützung. Dazu möchte ich gleich anmerken, dass ich nicht jemand bin, der alles, was hier im Land passiert ist, schlecht macht. Ich halte diese Form der Auseinandersetzung für falsch. In den letzten Jahrzehnten ist sehr viel Gutes im Burgenland passiert. Aber wir müssen den Weg richtig weitergehen, ohne dass das Land finanziell ausblutet.

Wir müssen wissen, dass auch bei der 24-Stunden-Betreuung der Zeitpunkt kommen wird, an dem die Pflegekräfte aus dem Ausland nicht mehr zur Verfügung stehen werden. Denn erstens steigt auch in deren Ländern das Lohnniveau. Und zweitens werden Pflegekräfte aus dem Ausland dringend in ihrer Heimat gebraucht. Das heißt, es muss ein Pflegesystem sichergestellt werden, das Anreize für Pflege- und Betreuungskräfte aus Österreich schafft. Dafür muss das Pflegegeld für all jene Menschen, die zu Hause betreut und gepflegt werden, massiv erhöht werden – und zwar um mehr als 50 Prozent.

Man darf nicht vergessen: Jede Person, die zu Hause gepflegt und betreut wird, spart der öffentlichen Hand viel Geld und kann gleichzeitig in den eigenen vier Wänden bleiben. Wenn Menschen aus der Umgebung die Betreuung und Pflege stundenweise sicherstellen können, hat das zusätzlich den Vorteil, dass die Kaufkraft im Land bleibt.

schauvorbei.at: Was würden Sie als Landeshauptmann als Erstes umsetzen?
Norbert Hofer: Zu Wahlzielen, zum ersten, zweiten und dritten Platz, möchte ich eines sagen: Natürlich komme ich aufgrund meiner Vorgeschichte nicht nur her, um irgendwie mitzumachen. Aber das Wichtigste beim Wahlziel sind nicht die Prozente, sondern sich zu überlegen, was man für das Burgenland umsetzen, anders und besser machen möchte. Wie schon gesagt, ich schätze ein permanentes Hickhack überhaupt nicht. Man muss anerkennen, dass viele Dinge passiert sind, die wirklich gut fürs Land waren. Aber es passieren auch viele Dinge, welche die Zukunft des Landes gefährden.

Nicht alles, was gut ist, muss unbedingt Geld kosten. Und wir müssen unsere Landesfinanzen zukunftsfit organisieren – das heißt, man muss sich überlegen, was wirklich Sinn macht und was nicht.

schauvorbei.at: Was ist die größte Stärke der FPÖ Burgenland?
Norbert Hofer: Die völlige Unabhängigkeit, und das ist in allen Bereichen so. Als freiheitlicher Politiker ist man nicht an die Wünsche von Institutionen, Kammern oder Vorfeldorganisationen gebunden. Wir sind schnell, beweglich und völlig frei in unseren Entscheidungen.

schauvorbei.at: Sind diese Kammern oder Vorfeldorganisationen nicht manchmal auch hilfreich?
Norbert Hofer: Sicherlich, die Sozialpartnerschaft hat sehr viel bewegt für Österreich. Aber es ist nicht gut, wenn sich ein Politiker in seiner Entscheidung so binden muss, dass er eigentlich nur Passagier ist. Das passiert in manchen Bereichen und das gibt es bei uns Gott sei Dank nicht.

schauvorbei.at: Was bedeutet es Ihnen persönlich, Politiker zu sein?
Norbert Hofer: Ich habe in meiner Abschiedsrede als dritter Nationalratspräsident gesagt, dass sich jeder daran erinnern soll, warum er in die Politik gegangen ist – und dass es im Laufe eines Politikerlebens häufig zu einer Umkehr der Prioritäten gekommen ist. Das habe ich schon viel zu oft erlebt. Wenn jemand in die Politik geht, stehen in erster Linie Ideen und Maßnahmen im Vordergrund. Erst dann kommt die Partei und dann kommt die persönliche Karriere. Viele machen es umgekehrt und scheitern dann, weil das langfristig nicht funktioniert.

Für mich ist das Interessanteste am Beruf die konzeptive Arbeit, das hat mir auch als Minister am meisten Spaß gemacht. Sich mit Experten zu überlegen, welche Projekte wie umgesetzt werden können.

Einigen Politikern würde es nicht schaden, sich ein bisschen mehr Zeit für die Arbeit am „grünen Tisch“ zu nehmen. Es mag wichtig sein, bei Eröffnungen dabei zu sein, aber ich habe oft den Eindruck, dass da zu wenig Zeit dafür bleibt, sich mit wirklich guten Leuten zusammenzusetzen und wichtige Fragen zu beantworten. Wo wollen wir eigentlich hin? Was ist unsere Strategie, welche Kapazitäten und welches Budget benötigen wir? Jeder Firmenchef macht das. In der Politik haben wir davon auf allen Ebenen zu wenig.

schauvorbei.at: Was hat Sie zuletzt im politischen Diskurs besonders gestört?
Norbert Hofer: Ich war der am längsten dienende dritte Präsident in der Geschichte der ersten und zweiten Republik und war immer damit befasst, die Sitzungen so zu gestalten, dass es nicht zu verbalen Angriffen unter die Gürtellinie kommt. Das schätze ich nämlich überhaupt nicht, weil es überhaupt nichts bringt und nur zu Streitereien führt.

Eine gute Auseinandersetzung ist etwas Wichtiges, aber da gehört sicher keine persönliche Beleidigung dazu. Als junger Politiker habe ich das selbst falsch gemacht: Beim ersten Antreten bei Gemeinderatswahlen habe ich dem Bürgermeister von Eisenstadt, Alois Schwarz, ordentlich eingeschenkt. Er hat sehr klug darauf reagiert und hat mich, als ich mit einem tollen Ergebnis Gemeinderat geworden bin, zu einem Gespräch eingeladen. Dieses Gespräch war so nett, dass ich gar nicht mehr in der Lage war, ihn auf diese Art und Weise anzugreifen. Wir haben noch viele Auseinandersetzungen gehabt, aber auf inhaltlicher Ebene. Und als er dann gegangen ist, habe ich die Laudatio halten dürfen. Das hat mich für die Jahre danach geprägt.

Der Bundespräsidentenwahlkampf 2016 ist sicherlich auch hart geführt worden. Aber für einen grünen und einen freiheitlichen Kandidaten doch sehr ordentlich – die SPÖ und die ÖVP hätten sich wahrscheinlich mehr in die Haare bekommen. Wenn Van der Bellen und ich uns unterhalten – und wir sind in den meisten Bereichen anderer Meinung –, ist es so, als würden sich alte Bekannte treffen, die über frühere Zeiten sprechen.

schauvorbei.at: Was hat Sie zuletzt im politischen Diskurs besonders gefreut?
Norbert Hofer: Das war die letzte Sitzung im Nationalrat, als Politiker aller Parteien zu mir gekommen sind und sich für die gute Zusammenarbeit bedankt haben. Das zeigt, dass man nicht alles falsch gemacht hat.

schauvorbei.at: Bitte vervollständigen Sie den folgenden Satz: Wähler*innen, die der FPÖ Burgenland ihre Stimme geben, können sich sicher sein, dass …
Norbert Hofer: … ich mit jeder Faser darauf achten werde, eine vernünftige Politik für das Burgenland zu machen und ich die Vernunft über die Ideologie stelle.

schauvorbei.at: Vielen Dank für das Gespräch!

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