Story

Depressionen, Angst, Schlafstörungen: Unsere Jugend in der Krise

55% der Jugendlichen ab 14 Jahren zeigten in einer Studie depressive Symptome, und Angststörungen sowie Selbstmordgedanken haben unter jungen Menschen enorm zugenommen, von denen jedoch nur die Hälfte professionelle Hilfe erhält. Für Jugendliche bis 21 Jahre gibt es in Österreich das Angebot „Gesund aus der Krise“, das 15 kostenfreie psychologische oder psychotherapeutische Behandlungseinheiten bereitstellt. Die Bundesregierung verhandelt aktuell mit den Krankenkassen über die Kostenübernahme von Therapien, da viele Familien sich keine professionelle Hilfe leisten können.
Jugendliche schaut traurig aus dem Fenster
Kinder und Jugendliche mit Depression können traurig, desinteressiert und träge sein. © Getty Images
Ängste und Bedrohungen lassen sich nicht einfach so abschütteln: Viele Kinder und Jugendliche brauchen Hilfe, aber was tun? Wir zeigen Wege, wie Eltern ihren Nachwuchs unterstützen können.

Die Fakten über seelische Erkrankungen wie Depressionen sind erschreckend. 55 % der in einer Studie der Donau-Universität Krems (2021) befragten ­Jugendlichen ab 14 Jahren zeigten depressive Symptome. Angststörungen und Selbstmordgedanken haben unter jungen Menschen enorm zugenommen. Aber nur die Hälfte der Betroffenen ist in professioneller Behandlung. „Die schwierige Lage der Kinder und Jugendlichen während der Pandemie, Kriege, wirtschaftlich unsichere Zeiten, die für immer mehr Familien existenzbedrohend sind, und der starke Einfluss sozialer Medien wirken auf viele junge Menschen enorm belastend“, erklärt Thomas Wenter. Er ist Pädagoge und psychoanalytisch pädagogischer Erziehungsberater (APP) von den Wiener Kinderfreunden.

Wie in einem schwarzen Loch

„Bei mir begann es, als ich in der Pandemie nicht mehr in die Schule gehen konnte. Irgendwann fühlte ich mich alleine und verloren, wie in einem schwarzen Loch. Ich hatte keine Routine mehr. Meine Familie wurde mir zu viel und meine Freunde konnte ich nie wirklich treffen“, schildert die heute 18-jährige Emily ihren Weg in eine psychische Krise. 

„Damit Symptome wie Depressionen, Angstzustände oder Schlafstörungen nicht dauerhaft bestehen bleiben, ist wichtig, sich professionelle Hilfe zu holen. Wenn Sie heftige Hals- oder Rückenschmerzen haben, gehen Sie zum Arzt oder zum Physiotherapeuten. Mit Angstzuständen, Depressionen, Suizidgedanken und psychosomatischen Beschwerden wäre es nur logisch, sich an Ärzte und Therapeuten für den Geist und die Seele zu wenden“, bringt es Wenter auf den Punkt. Damit sind Psychiater, Psychothera­peuten und klinische Psychologen gemeint. Alle drei sind in Österreich anerkannte Gesundheitsberufe. 

Kostenlose Hilfe für bis zu 21-Jährige

Für junge Menschen bis 21 Jahre gibt es rasche und kostenlose psychologische Hilfe: mit der Aktion „Gesund aus der Krise“. Die Beratungen sind in der Nähe des Wohnorts zugänglich. Mittels Onlineformular können Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene bis inklusive 21 Jahre für 15 kostenfreie psychologische oder psychotherapeutische Behandlungseinheiten angemeldet werden. Das ist ein guter erster Schritt.

Emily hat das Angebot in Anspruch genommen. Heute ist sie sehr froh darüber. „Der Anfang fiel mir persönlich schwer, da ich alles für mich behalten wollte und ungern Hilfe annahm. Doch mittlerweile bin ich so froh, dass ich mich geöffnet habe. Ich finde, dass es sehr wichtig ist, offen über seine Gefühle zu reden, egal ob positive oder negative. In der Zeit, in der ich regelmäßig zu meiner Therapeutin ging, lernte ich, dass es nie falsch ist, etwas zu sagen. Ich fühlte mich verstanden und akzeptiert. Es beweist Mut und Stärke, wenn man sich Hilfe sucht. Die Fähigkeiten, die ich dort mitnehmen konnte, wie Verständnis und Selbstreflexion, helfen mir für mein weiteres Leben“, erzählt Emily. 

Eine Frage der Leistbarkeit

„Nahezu jeder Mensch, der sich für professionelle Hilfe entscheidet, ist im Nachhinein froh darüber“, bestätigt Erziehungsberater Thomas Wenter aufgrund seines Erfahrungsschatzes. Familienberatungsstellen wie die der Kinderfreunde sind dazu gute erste Anlaufstellen. Hier hört einem jemand zu, die oder der weiß, was als Nächstes getan werden könnte und wie man zu psychotherapeutischer Hilfe kommt.

Momentan verhandelt die Bundesregierung mit den Krankenkassen über die Kostenübernahme von Therapien. Denn zu viele Familien können sich keine für ihre Kinder leisten. Dazu Wenter abschließend: „Kinder und Jugendliche, die psychologische Hilfe brauchen, dürfen mit ­ihren Problemen nicht allein gelassen werden, bis es einen der viel zu wenigen psycho­therapeutischen oder klinisch psychologischen Kassenplätze für sie gibt. Daher ist ein zeit-naher ­Ausbau der Kostenübernahme dringend erforderlich.“

Anlaufstellen

Wohin können sich Eltern wenden, wenn die Kinder Unterstützung brauchen?

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