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3. Mai 2024
Familie

Großeltern 2.0: So klappt’s mit der Harmonie

Endlich Großeltern! Viele freuen sich auf ihre neue Rolle und haben die besten Vorsätze. Aber nicht immer läuft das Beziehungsgeflecht zwischen Eltern, Großeltern und Enkeln reibungslos. Kann man dem vorbeugen?

Mädchen kuschelt mit ihrer Großmutter und freut sich.
Großeltern können Kindern mit ihrer Lebenserfahrung oft besondere Ruhe vermitteln. © Getty Images

Michaela hat sich schon sehr auf ihr erstes Enkelkind gefreut. Sie ist zwar noch berufstätig, aber in einem gewissen Rahmen möchte sie ihre Rolle im Leben der kleinen Pia einnehmen. Ihr Lebensgefährte Paul ist schon in Pension und die Motorradtouren und extremen Sportabenteuer werden seltener, sodass er sich auf gemütliche Familienzeit mit Pia freut. Aber wollen Tochter Eva und ihr Mann überhaupt, dass sich die Großeltern einbringen?

Türe öffnen und warten

Sandra Geisler leitet die Beratungsabteilung der Wiener Kinderfreunde und kennt viele verschiedene Familienszenarien: „Am besten ist, den jungen Eltern zu vermitteln, meine Türe ist offen, und zu warten, wie weit sie hereinkommen“, meint sie. Es bedarf schon einer gewissen Feinfühligkeit, um die Grenze zwischen Entlastung der Jungeltern und als „too much“ empfundenem Engagement der Großeltern zu erkennen.

Dazu kommt, dass Michaela und Eva auch eine gemeinsame Geschichte haben, in der nicht immer alles so rund gelaufen ist. Einiges davon kann auch jetzt noch einer harmonischen Oma-Mama-Kind-Beziehung in die Quere kommen.

Neugierig statt besserwisserisch

Geisler: „Es ist auf jeden Fall besser, eine kon­struktive Neugierde an den Tag zu legen und ­interessiert nachzufragen, als die eigenen Erfahrungen als gut gemeinte Ratschläge anzubringen. Die Eltern haben heute ganz andere gesellschaftliche Rahmenbedingungen als ihre ­eigenen Eltern vor 25 oder 30 Jahren. Die Gesellschaft ist durch gestiegenes Tempo, Informationsüberflutung und neue Existenzsorgen, Stichwort Inflation, mit ganz anderen Herausforderungen konfrontiert als früher. Väter bringen sich im besten Fall mehr ein als früher und Familienformen sind vielfältiger.“

Unterstützen und Mut machen

Prinzipiell können Großeltern eine wichtige Rolle im Leben ihrer Kinder und Enkerl spielen: die des entlastenden „Dritten Elements“ bei kritischen Situationen zwischen Eltern und deren Kindern. Als Informationsquelle, wenn die Jung­eltern nicht mehr weiter wissen, oder als Unterstützende mit Zeit und Geld. Denn es ist wirklich eine Erleichterung, endlich etwa einen Vormittag nachschlafen zu können, ohne ein Ohr beim Baby zu haben, oder zu wissen, die Großeltern beteiligen sich an den Kosten für die neuen Schuhe. Oder einfach zu hören: So anstrengend die Trotzphase jetzt ist, es geht schneller vorbei, als du glaubst. 

„Hier ist wichtig, dass beide Seiten von Anfang an überlegen, wie sind meine Bedürfnisse in diesem Beziehungsgeflecht. Was brauche ich, was halte ich aus? Und das einander dann auch ­mitzuteilen“, erklärt Geisler. Auch wenn das Zusammenspiel nicht so gut klappt, ist immer hilfreich, sich zunächst selbst zu fragen, was hinter dem eigenen Unbehagen steckt, bevor man eine kränkende Äußerung vom Stapel lässt.

Mehr Raum zum Spaßhaben

Großeltern können etwas Wunderbares für ein Kind sein. Sie beschäftigen sich ohne Alltagsstress und Erziehungsaufgaben mit ihm. Die ­gemeinsam verbrachte Zeit lässt oft mehr Raum für Spaßhaben als die Zeit mit den Eltern, in der viele notwendige Alltagsaufgaben zu bewältigen sind. Sie können zuhören und den Enkerln den Rücken stärken, wenn die Eltern wieder echt anstrengend sind. 

In einer Lebensphase, in der viele mit dem ­Gefühl zurechtkommen müssen, nicht mehr so leistungsfähig und gefragt zu sein wie früher, ist das für die Großeltern eine wirklich schöne neue Erfahrung.

Die neue Rolle 

Was können Großeltern heute einbringen und was nicht?

  • Der goldene Mittelweg: Die Zeiten engen Zusammenlebens in einer Großfamilie
    sind mittlerweile vorbei. Heute gilt es, den Mittelweg zwischen Aufdrängen und nicht Involvieren zu gehen und gemeinsam he­rauszufinden, wie die Familie sich (für alle) am besten formiert. 
  • Unterstützung für die Eltern: Gerade in ­Ferienzeiten oder wenn die Kinder krank sind, geht es meist nicht ohne. Da ist wichtig zu signalisieren: Wir sind für euch da und springen gerne ein. Allerdings haben wir auch ein Eigenleben und es muss einen Plan B geben.
  • Konstante für die Kinder: Kids brauchen einen sicheren Rückzugsort, an dem sie ihre Ängste und Sorgen deponieren können. In gesellschaftlich oder familiär turbulenten Zeiten können Großeltern mit ihrer Lebenserfahrung oft besondere Ruhe vermitteln. Um die Beziehung zu den Enkeln zu stärken, sind regelmäßige gemeinsame Stunden/Tage geeignet.
  • Zeiten vereinbaren: Viele Omas und Opas sind selbst noch beruflich aktiv und damit zeitlich eingeschränkt. Da gilt es, ein für alle angenehmes Modell der gemeinsam verbrachten und/oder Kinderbetreuungszeit zu finden.