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3. Mai 2024
Politik

Johanna Mikl-Leitner: „Vorbildland mit Hausverstand“

Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner im schauvorbei-Interview über die Teuerung, den Finanzausgleich, das Thema Eigentum – und darüber, wie sie Niederösterreich zum Vorbildland mit Hausverstand machen möchte.

Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner in ihrem Büro.
Laut Johanna Mikl-Leitner bringt die GIS-Landesabgabe der Bevölkerung im kommenden Jahr 41 Millionen Euro Entlastung. © Tanja Hofer

schauvorbei hat die Landeshauptleute aus Wien, Niederösterreich und dem Burgenland zum Abschluss des Sommers zum Gespräch gebeten. Neben landesweiten Herausforderungen wie der Teuerung, dem Arbeitsmarkt und dem Thema Wohnen ging es dabei auch um individuelle Maßnahmen und Projekte. In diesem Interview erfahren Sie, was Johanna Mikl-Leitner für die kommenden Monate plant.

Wie ist der Sommer in Niederösterreich verlaufen?
Johanna Mikl-Leitner: Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass Niederösterreich als Urlaubsland unglaublich viel zu bieten hat – hier hat man einfach alles, was man braucht, vom Bergerlebnis bis zum Badesee. Heuer konnten wir ganz speziell feststellen, dass sich viele sehr kurzfristig für einen Urlaub in Niederösterreich entschieden haben. Im Süden Europas war es vielen schlicht und einfach zu heiß.

Das ist nicht nur ein subjektiver Eindruck, das unterstreichen auch die Zahlen und Fakten. In Niederösterreich steuern wir auf die beste Sommersaison seit 2019 zu. Das freut mich vor allem auch für unsere Gastgeberinnen und Gastgeber, die mit großer Begeisterung und Leidenschaft Niederösterreich für ihre Gäste zum Land der Genießerinnen und Genießer machen. Umso schöner ist, dass ich vor ein paar Monaten das Tourismus-Ressort übernehmen durfte und somit noch mehr Werbung für unser wunderschönes Bundesland machen darf. Und ich habe auch gleich einen Tipp für alle Leserinnen und Leser. Soeben hat die fünfte Jahreszeit in Niederösterreich begonnen. Der Weinherbst lockt mit seinen Veranstaltungen jährlich Tausende Gäste aus Nah und Fern. Darum meine Einladung: Entdecken auch Sie den Weinherbst und kommen Sie auf ein Glaserl Wein nach Niederösterreich!

Der Herbst hat viele schöne Seiten. Mit den kühlen Temperaturen rückt allerdings auch die Heizsaison näher. Welche Unterstützungsleistungen wird es in den nächsten Monaten – auch hinsichtlich Teuerung im Allgemeinen – für die Bürger geben?
Johanna Mikl-Leitner: Ja, die Teuerung ist noch immer ein großes Problem. Dazu kommen auch noch weitere globale Herausforderungen wie die Inflation und das hohe Zinsniveau. Als Land Niederösterreich tun wir, was ein Land tun kann, um die Menschen gut durch diese schwierige Zeit zu bringen. Ich denke hier etwa an unseren 85 Millionen Euro starken Wohnkostenzuschuss, an das Schulstartgeld und an die Abschaffung der GIS-Landesabgabe.

Alleine die GIS-Landesabgabe bringt der Bevölkerung im kommenden Jahr 41 Millionen Euro Entlastung. Außerdem kommt ab Oktober der niederösterreichische Pflege- und Betreuungsscheck. Damit unterstützt das Land 47.000 Pflege- und Betreuungsbedürftige sowie deren Angehörige in Niederösterreich mit 1.000 Euro. Die Maßnahme dient vorrangig dazu, die Pflege daheim zu stärken. Aber natürlich hilft sie auch in Zeiten der Teuerung.

In Zukunft soll in den niederösterreichen Schulen Wirtschaftsbildung eine größere Rolle spielen. Werden die Kinder und Jugendlichen auch auf die Digitalisierung und die daraus resultierenden Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt vorbereitet? 
Johanna Mikl-Leitner: Zunächst einmal möchte ich hier ein Danke dafür sagen, was in unseren Schulen tagtäglich geleistet wird – von unseren Schülerinnen und Schülern, von den Lehrerinnen und Lehrern und auch von den Eltern. Aber natürlich, wir leben in einer Zeit des rasanten Wandels. Man könnte auch sagen: Die einzige Konstante ist die Veränderung. Daher ist wichtig, dass wir unseren Schülerinnen und Schülern das notwendige Rüstzeug mitgeben, um diesen Wandel meistern zu können. Wir setzen daher auf die Vermittlung von Grundkenntnissen der Finanz- und Wirtschaftswelt, wie das bereits in einigen unseren Schulen passiert.

Ich denke hier etwa an das Angebot des niederösterreichischen Finanzführerscheins an den Polytechnischen Schulen, ein Pilotprojekt, für das wir tolle Rückmeldungen erhalten haben. Das ist wichtig, denn eine umfassende Wirtschaftsbildung ist die beste Vorbereitung auf das spätere Berufs- und Wirtschaftsleben.

Ein weiterer wichtiger Bereich ist natürlich auch die Digitalisierung. Deshalb wird die verbindliche Übung „Digitale Grundbildung“ zum Pflichtgegenstand. Weil wir die Chancen der Digitalisierung nutzen wollen, weil wir aber auch die richtige Anwendung vermitteln wollen – Stichworte Fake News und soziale Netzwerke.

Derzeit laufen die Verhandlungen in Sachen Finanzausgleich. Für welche Bereiche und Maßnahmen braucht das Land Niederösterreich in den nächsten Jahren unbedingt mehr Geld? 
Johanna Mikl-Leitner: Ja, es stimmt, in den kommenden Monaten gehen die Finanzausgleichsverhandlungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden in eine ganz entscheidende Phase. Wir sind klar dagegen, dass der derzeitige Finanzausgleich, der noch auf dem Verteilungsschlüssel des Jahres 2017 fußt, fortgeschrieben wird. Seitdem hat sich viel verändert. Die Länder brauchen künftig 25 statt 20, die Gemeinden rund 15 statt 12 Prozent der Mittel. Denn wir sind es, die im Bereich Gesundheit, Soziales, Pflege und Elementarpädagogik die steigenden Kosten zu schultern haben. Es geht darum, die Lasten und Aufgaben so zu verteilen, dass wir den bestmöglichen Output für unsere Landsleute erzielen. Ich bin weiterhin zuversichtlich, dass alle Beteiligten einen fairen und zukunftsfähigen Finanzausgleich wollen.

Mit welchen Herausforderungen werden Sie sich im letzten Quartal des Jahres besonders beschäftigen?
Johanna Mikl-Leitner: Die Zeit, in der wir leben, ist und bleibt herausfordernd. Das betrifft unser Arbeiten, unser Wirtschaften, unser gesamtes Leben. Ich denke hier an den Ukraine-Krieg, an die Energiekrise, an Teuerung, an verzögerte Lieferketten, an das hohe Zinsniveau. All das belastet unsere Landsleute, unsere Gemeinden, unsere Betriebe und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Unser Ziel ist, in dieser Zeit den Menschen dort unter die Arme zu greifen, wo es ganz besonders notwendig ist, und gleichzeitig unser Land zu einem Vorbildland mit Hausverstand zu machen.

Das heißt unter anderem, dass wir kräftig in den Ausbau der Kinderbetreuung investieren, damit unsere Landsleute die Wahlfreiheit haben, daheim bei ihren Kindern zu bleiben oder rasch wieder ins Berufsleben einzusteigen. Daher setze ich mich mit Nachdruck für Energiehilfen für Betriebe ein. Ich will, dass in Österreich auch in den kommenden Jahren die Industrie eine Zukunft hat und damit weiterhin hochwertige und gut bezahlte Arbeitsplätze schaffen kann. Und wir investieren massiv in den Ausbau der erneuerbaren Energien, weil das dem Klima guttut und unsere Abhängigkeit von Russland verringert. Aktuell sind mehr als 200 neue Windräder im Bau, im Verfahren oder in Planung. Seit 2005 sind die CO2-Emissionen in Niederösterreich um ein Viertel gesunken. Damit sind wir das beste Bundesland im Österreich-Vergleich.

Welche Schwerpunkte möchten Sie mit der FPÖ in den nächsten Jahren unbedingt umsetzen? 
Johanna Mikl-Leitner: Ein ganz zentrales Thema ist für mich das Thema Eigentum. Denn Eigentum ist die beste Altersvorsorge, und wir müssen auch in ­Zeiten der Teuerung Maßnahmen setzen, damit vor allem auch die jungen Landsleute weiterhin ­Eigentum erwerben können. Denn laut der Ö3-Jugendstudie wollen 93 Prozent im Eigentum leben. Niederösterreich ist das Land der Eigentümerinnen und Eigentümer – und das soll auch so bleiben. Rund 70 Prozent unserer Landsleute leben in einem Eigenheim. Wir müssen aber aufgrund der hohen Baupreise und Kreditzinsen Maßnahmen setzen, damit sich junge Menschen auch in Zukunft den Traum vom Eigentum erfüllen können.

Mit der Überarbeitung der Wohnbauförderungsrichtlinien bis in den Herbst tun wir aktuell genau das, damit wir weiter zielgerichtet unterstützen und für leistbaren Wohnraum in unserem Bundesland sorgen. Gleichzeitig muss die Finanzmarktaufsicht endlich ihre Auflagen bei der Kreditvergabe senken. Und der Bund soll die Grunderwerbssteuer beim erstmaligen Eigentumserwerb in der Höhe von 3,5 Prozent des Kaufpreises streichen und diesen Entfall den Gemeinden ersetzen. In Summe gibt es also eine Reihe von Stellschrauben, an denen man drehen muss. Und eines ist für mich auch klar: Zusätzliche Steuern auf Eigentum sind für uns ein absolutes No-Go.