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3. Mai 2024
Politik

Robert Hergovich: Offensive für die Demokratie

Burgenlands zentraler Ort der Demokratie hat einen neuen Präsidenten: Robert Hergovich im Gespräch über Fair Play in der Politik, die Einbindung der Jugend und die Zerbrechlichkeit der Demokratie.

Robert Hergovich im Burgenländischen Landtag
Landtagspräsident Robert Hergovich möchte vor allem die Jugend mit seiner Begeisterung für die Politik anstecken. © Tanja Hofer

Seit September 2023 ist Robert Hergovich Erster Landtagspräsident im Burgenland. schau hat ihn zum Interview gebeten.

schau: In Ihrer Antrittsrede haben Sie betont, dass Sie ein „Brückenbauer“ sein möchten. Was bedeutet das für Sie?
Robert Hergovich: Ich habe zwei wesentliche Zugänge. Erstens: Ich komme aus dem Fußball und das hat mich sehr stark geprägt. Wenn man gegeneinander spielt, sind Fair Play und ein respektvoller Umgang miteinander wesentlich. Das habe ich in die Politik mitgenommen. Zweitens war ich beruflich in der Arbeiterkammer tätig, und da gibt es die Interessensgegensätze von Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Am Ende des Tages ist es immer wichtig, eine gemeinsame Lösung zu finden. Das versuche ich in der Politik umzusetzen und ich denke, das ist mir bisher gut gelungen.

Fair Play und Respekt sind in Zeiten von Social Media aber leider nicht immer an der Tagesordnung. Wie geht man als Politiker damit um?
Ich war Landesgeschäftsführer, daher habe ich Verständnis für die eine oder andere pointierte Formulierung. Aber das endet immer dann, wenn eine gewisse rote Linie überschritten wird – nämlich dann, wenn es persönlich wird. Ich glaube, es gelingt mir, sichtbar zu machen, dass hinter jedem Politiker auch ein Mensch steht und hinter dem Menschen eine Familie. Und wenn man das ins ­Bewusstsein ruft, geht man ganz anders miteinander um.

Betont haben Sie bei Ihrer Antrittsrede auch die Bedeutung der Demokratie und die Teilhabe junger Menschen.
Genau. Das Thema beschäftigt mich intensiv. Wenn man in andere Länder schaut, stellt man fest, dass die Demokratie nicht selbstverständlich und ein sehr fragiles Konstrukt ist. Ich möchte die Demokratie stärken und ausbauen, und dabei vor allem den Diskurs mit der Jugend führen.

Wie wollen Sie das machen?
Ich habe vor, „Jugend im Landtag“ auszubauen. Bei dem ­Format, das es seit rund zwei Jahren gibt, kommen junge Menschen zu uns, lernen das Haus kennen und können mit allen im Landtag vertretenen Parteien Diskussionen führen. Das kommt nicht nur bei den Jugendlichen super an, die übrigens immer bestens vorbereitet sind. Auch für die Parteien ist der Austausch wichtig.

Von einer Politikverdrossenheit der Jugend kann also nicht die Rede sein?
Ich glaube nicht, dass die Jugend politikverdrossen ist, vielleicht teilweise parteipolitikverdrossen. Was wir hier erleben, ist ein sehr starkes Interesse an politischen Prozessen und an Themen, die in der Politik diskutiert werden. Ich glaube außerdem, dass die Bereitschaft junger Menschen in den Kommunen, selbst Politik zu machen, enorm hoch ist – vielleicht sogar im Land. Aber je ferner die politischen Ebenen scheinen, je abstrakter es wird, desto schwieriger ist es für jemanden, Dinge nachzuvollziehen und sich dafür zu begeistern.

Zurück zu „Jugend im Landtag“: Läuft das Ganze wie eine echte Landtagssitzung ab?
Ja, die teilnehmenden Schüler ­sitzen auf den Plätzen der Abgeordneten und stellen Fragen an die Fraktionen auf der Regierungsbank.

Welche Fragen sind Ihnen ganz besonders in Erinnerung geblieben?
Bei politischen Agenden ist es ­relativ einfach, da hat jede Partei ihren Zugang. Anders ist es, wenn es um persönliche Fragen an die Regierungsmitglieder geht. Was war deine persönliche Motivation, in die Politik zu gehen? Wie vereinbarst du das mit deiner Familie? Wie gehst du mit Kritik im Netz um? Also da gibt es wirklich durchaus spannende Fragen.

Sie haben von einem Ausbau des Formats gesprochen. Was ist diesbezüglich geplant?
Ziel ist, alle Schulen in den Landtag einzuladen. Aber wir wollen den Landtag auch für alle anderen Besuchergruppen öffnen – mit speziellen Angeboten. Künftig wird man aus mehreren Modulen auswählen können. Das erste Modul ist immer die Besichtigung des Landtags, je nach Inter­essenslage kann dann weiter ausgewählt werden. Das Angebot für die Feuerwehren des Burgenlandes soll zum Beispiel die Begutachtung der Sicherheitszentrale, einen Besuch des Landesfeuerwehrkommandos, der Polizei, der Rettung, des Bundesheeres etc. beinhalten. Wir sind gerade bei der Erstellung des Konzepts und im Austausch mit unseren Partnern, nächstes Jahr soll es losgehen. Des Weiteren planen wir ­einen Tag der Demokratie mit einem vielseitigen, interaktiven Rahmenprogramm.

Wo liegen aus der Sicht des Landtagspräsidenten die größten Herausforderungen für das Burgenland in den kommenden Jahren?
Die Auswirkungen des Ukraine­krieges und die enormen Preissteigerungen sind weiterhin große Herausforderungen. Von der Mietpreisbremse über den Wärmepreisdeckel bis zum Ausbau erneuerbarer Energien: Ich glaube, dass das Burgenland richtungsweisende Politik gemacht hat. Vor Kurzem waren Delegationen aus Deutschland und Japan bei uns, die sich für unsere Lösungen interessieren, auch in Sachen pflegende Angehörige.

In Ihrer Funktion wollen Sie sich zu tagespolitischen Themen nicht mehr äußern, sehr wohl aber zu elementaren. Wo zieht man da die Grenze?
Ich werde meine Stimme erheben, wenn es um die Demokratie per se geht. Darüber hinaus möchte ich mich zu Wort melden, wenn es um die Volksgruppen geht, wenn es um Menschen mit besonderen Bedürfnissen geht, wenn es um die Würde des Hauses geht. 

Danke für das Gespräch!

Fotos: Tanja Hofer