Valletta, die Hauptstadt von Malta, gilt zu Recht als die schönste Perle des Mittelmeers. Die Stadt ist nicht nur reich an Geschichte, sondern belebt auch durch eine junge, hippe Szene. Immer mehr entdecken jetzt ganz Malta und die Nachbarinsel Gozo als erlebnisreiches In-Ziel.
Ein Falke pro Jahr: Der Preis für Malta war ein bescheidener, den der Habsburger Kaiser Karl V. im Jahr 1530 verlangte. Dafür übernahmen die Johanniter die Insel als „ewiges Lehen“, nachdem sie von den Osmanen von Rhodos vertrieben worden waren. Es war ein Zeitalter des Kriegs und der Seeräuberei. Die Malteserritter schufen deshalb eine für damalige Verhältnisse hypermoderne Festungsstadt: Valletta auf der Landzunge Monte Sciberras als mächtiges, uneinnehmbares Bollwerk des Christentums. Der Anblick ist heute noch überwältigend, wie aus der Zeit gefallen.
Mein Taxi nähert sich der Inselhauptstadt von Malta, die malerisch umschlossen zwischen den beiden Naturhäfen Grand Harbour und Marsamxett Harbour liegt. Sofort fühlt man sich zurück in die Vergangenheit katapultiert: Basteien, Forts, Wehrtürme, Gräben und Stadtmauern, wohin man blickt, und alles in einem harmonischen, honigfarbenen Ton. Alle alten Gebäude der Insel sind nämlich aus demselben Sandstein.
Spaziert man durch das Stadttor, betritt man eine andere Welt: herrschaftliche Paläste, enge Gassen, Kopfsteinpflaster und überall die typischen traditionellen Balkone in allen möglichen Farben, die für die Altstadt so charakteristisch sind. Valletta besitzt die unnachahmliche Fähigkeit, die Besucher schon auf den ersten Schritten zu begeistern. Diese führen mich schnurstracks durch die Merchants Street, eine belebte, schmale Flaniermeile mit vollen Schanigärten. Bei jeder kleinen Kreuzung blickt man rechts und links in abschüssige Seitenstraßen, wo am Ende stets das Blau des Meeres aufblitzt.
Jeden Abend und jede Nacht herrschen hier Trubel und Heiterkeit – gerade deswegen gibt es keine bessere Wahl, um das Besondere an Valletta zu spüren, als mitten in der Altstadt zu wohnen.
Zum Beispiel im Boutique-Hotel ”AX The Saint John“ in der Merchants Street. Vor wenigen Jahren eröffnet, kann man in diesem stolzen, mehrere Jahrhunderte alten Stadthaus einen Blick in die Vergangenheit genießen.
Es handelt sich nämlich um den ehemaligen, prunkvollen Palast einer reichen Kaufmannsfamilie. Im Zentrum des Prachtbaus befindet sich ein enger, ruhiger Innenhof, und rundherum liegen auf vier Stockwerken stylishe, geschmackvolle Zimmer mit viel Pep. Dieser Ort ist somit der ideale Ausgangspunkt, um Valletta zu entdecken.
Weil auch bei einer Stadterkundung die Liebe oft durch den Magen geht, beginnt man vielleicht mit einem speziellen Dinner. Die Auswahl an qualitätsvollen Restaurants ist riesig, man hat die Qual der Wahl. Ich streife durch die Gässchen, in denen man nicht nur Sprachen aus aller Welt hört, sondern auch das weiche Maltesische, eine Mischung aus Arabisch und Fragmenten aus gleich mehreren europäischen Sprachen. Da wäre das Englische – kein Wunder, schließlich war Malta 164 Jahre lang, bis zum Jahr 1964, britische Kronkolonie. Die roten Telefonhütten stehen noch an vielen Ecken der Stadt, und auch der Linksverkehr hat sich hier erhalten. Hört man den Einheimischen aufmerksam zu, erkennt man im Maltesischen aber auch viele Worte aus dem Italienischen und Französischen.
Genauso reich an vielfältigen Einflüssen ist die Küche Maltas. Zu den besten Adressen der Stadt zählt das Restaurant ”59 Republic“ am Misraħ San Ġorġ, dem St.-Georgs-Platz. Hier sitzt und genießt man im Herzen von Valletta, vis-à-vis dem Großmeisterpalast, der heute Amtssitz des maltesischen Staatspräsidenten ist. Auf die Teller kommen die Schätze der Insel und des Meeres in einer Mischung aus Tradition und modernem Touch, von Oktopus-Tacos als Vorspeise über den köstlichen Wolfsbarsch bis zum Strawberry Cheesecake als süßem Abschluss. Den gönnt man sich aber dann doch vielleicht in einer Genussikone ein paar Schritte weiter: In der Republic Street befindet sich nämlich das im Jahr 1837 von einem Zuckerbäcker aus der Toskana gegründete ”Café Cordina“. Das älteste Kaffeehaus von Valletta ist ein Traum aus Marmor, Stuck, Fresken und Kronleuchtern. Und erst die Köstlichkeiten in den Mehlspeisenvitrinen! Unbedingt zu empfehlen sind die Kannol, die eigentlich
aus Sizilien stammenden Cremerollen (Cannoli).
Wer da noch nicht genug hat, der flaniert durch die belebten Gassen mit ihrem quirligen Treiben. Mal geht es rauf, mal runter, sodass man Valletta auch als das Los Angeles des Mittelmeers bezeichnen kann, nur eben viel kleiner, intimer, gemütlicher. Und ein Tag kann nicht besser enden als mit einem Absacker in einem der chilligen Mini-Schanigärten auf den Stufen der Stiegen zwischen der St.-Pauls.- und der St.-Ursula-Straße.
Nach der Traumstadt steht am nächsten Tag der Inseltraum am Programm. Auf Malta haben ja viele Völker ihre Spuren hinterlassen – von den Puniern Nordafrikas über die Römer bis zu den Arabern. Zu besichtigen gibt es angesichts der Kleinheit der Insel eine Vielzahl an Attraktionen. Und alle sind nicht weit voneinander entfernt, sodass man mit einem Tagesausflug einen wunderbaren Einblick in die Schätze der Vergangenheit gewinnen kann.
Unbedingt besuchen sollte man das Hypogäum, eine Viertelstunde mit dem Auto von der Altstadt von Valletta entfernt. Diese unterirdische Kultanlage in Paola im Landesinneren ist 5.000 Jahre alt und wurde im Jahr 1902 erst durch einen Zufall entdeckt. Sie war und ist eine archäologische Sensation, nämlich die einzige vollständig erhaltene Tempelanlage der Neusteinzeit in Europa. Das Interesse an diesem außergewöhnlichen Höhlenlabyrinth ist sehr groß, sodass man unbedingt Wochen, ja vielleicht sogar Monate vorher, Tickets reservieren muss.
Abwechslung bietet nach diesem Kulturerlebnis ein Besuch von Marsaxlokk an der Ostküste Maltas. Nach zehn Minuten Autofahrt steuert man schon den Hafen an, der für die vielen bunt bemalten Fischerboote bekannt ist. Der Dorfname selbst ist schon ein Hinweis auf die Kunst der Verschmelzung Maltas mit seiner
abwechslungsreichen Vergangenheit, mit verschiedenen Völkern und Sprachen: „Marsa“ kommt nämlich aus dem Arabischen und bedeutet Hafen, während „Xlokk“ aus dem Maltesischen stammt und den Südwind bezeichnet.
Zum nächsten Stopp sind es – Sie werden es wohl bald nicht mehr glauben – wieder nur eine Viertelstunde. Vorbei am internationalen Flughafen geht es an die Südküste der Insel zur Blauen Grotte. Der Blick hinunter aufs Meer macht gleich klar, warum die Malteser dieses Naturwunder Taht il-Hnejja, also „Unter dem Bogen“, nennen: Eine Felsbrücke schwingt sich von oben hinunter ins Wasser und lässt Instagrammer Schreie des Entzückens ausstoßen, bevor sie sich auf die Suche nach einem Boot mit Käpt’n machen. Die Grotte hinter dem Felsbogen ist nämlich nur vom Meer aus zu erreichen.
Nach einer Autofahrt mit der bekannt kurzen Länge steuere ich schließlich die letzte Station der maltesischen Landpartie an. Ziel ist die Festungsstadt Mdina, die alte Hauptstadt Maltas, mit einem geschlossenen Ensemble prächtiger Paläste, die sich heute noch großteils im Besitz der alten Familien befinden. Jahrhundertelang hat sich hier nichts verändert, außer dass ein nicht enden wollender Besucherstrom die mittelalterlichen Gassen bevölkert. Deshalb ist ein Besuch eher abends anzuraten, wenn das langsam schwindende Licht den Sandstein der Häuser bestrahlt und noch wärmer erscheinen lässt. Dann ist auch die Zeit, die Mdina ihren zweiten Namen beschert: Silent City. Ruhe und Stille senken sich über die Stadt, wären da nicht die lauten Zikaden. Aber ehrlich, was ist schon eine Insel im Mittelmeer ohne deren Orchester?
Es sind nicht mehr als vier Kilometer, die Malta und Gozo trennen, aber man befindet sich in ganz unterschiedlichen Welten. Gozo ist ländlicher, beschaulicher und entschleunigender als Malta. Die Überfahrt mit dem Schiff dauert keine halbe Stunde. Dann nimmt man im Fährhafen Mġarr am besten einen geländegängigen Jeep. Wer jedoch den Linksverkehr scheut, ist mit einem Fahrer, der auch als Guide fungiert, besser unterwegs. Mit rund 14 mal sieben Kilometern ist Maltas kleine Schwesterinsel so überschaubar, dass man nicht einmal eine halbe Stunde von einem Ende zum am weitesten entfernten Punkt braucht. Ideal für einen Tagesausflug, wobei immer mehr Reisende gleich mehrere Tage auf Gozo bleiben oder gar den ganzen Urlaub hier verbringen.
Zu entdecken gibt es hier nämlich mehr als genug, sei es die Inselhauptstadt Victoria oder etwa die Kathedrale St. John The Baptist. Niemand rechnet bei derem imposanten Anblick damit, dass die Kirche erst zwischen 1951 und 1971 errichtet worden ist. Hier unbedingt mit dem Lift aufs Dach der Rotunda fahren – man wird mit einem fantastischen Panorama belohnt! Mein persönliches Highlight von Gozo ist die Tal-Mixta-Höhle im Norden, von der aus man auf den roten Sandstrand von Ramla blickt. Last but not least: Fahren Sie mit einem Ausflugsboot zur einsamen Felseninsel Comino auf halber Strecke zwischen Gozo und Malta. Dank des türkisen Wassers in der Blauen Lagune nennt man Comino „Maltas Südsee“.