Gas ist um 11,7 Prozent teurer als vor einem Jahr, Heizöl um 34 Prozent. Auch die Preise für Strom und Fernwärme schießen nach oben. Diese Heizkosten-Erhöhungen zum Start der Heizsaison betreffen Hunderttausende österreichische Haushalte – aber nicht Franz Spreitz. Der gelernte Elektrotechniker hat 1997 beim Hausbau seinen Traum von Energieunabhängigkeit verwirklicht. In Großschönau, im westlichen Waldviertel gelegen, wohnt er ohne Anschluss ans Stromnetz. Dafür hat sein Öko-Gebäude eine Photovoltaikanlage – und jede Menge ungewöhnliche, teils selbst entwickelte Energiespar-Extras für geringe Strom- und Heizkosten.
An der Außenfassade seines Hauses in Großschönau: 50 Quadratmeter PV-Kollektoren mit 7 kWp Leistung für die Stromerzeugung. Diese produzieren mit der Kraft der Sonne ganzjährig mehr Strom, als der Haushalt für Licht, E-Geräte und Warmwasseraufbereitung benötigt. Ein Akku garantiert mehrere Wochen sonnenlose Stromversorgung. Mit dem E-Auto fährt Franz Spreitz etwa 30.000 Kilometer pro Jahr, den Großteil davon mit selbst produziertem Sonnenstrom. Den Rest tankt er unterwegs. Computer und Smartphones kann man mit Ladegeräten aus dem Kfz-Bereich aufladen und somit effizient direkt aus dem PV-Speicher mit Gleichstrom betrieben. An der Zimmerdecke: Energiesparlampen und Lautsprecherboxen für die Stereoanlage, die einen ungewöhnlichen Verstärker hat.
„Der alte Verstärker hatte 50 Watt Stromverbrauch, auch ohne Musik. Ich habe ihn durch einen Verstärker aus dem Kfz-Bereich ersetzt. Der braucht nur zwei Watt und die Musik hat eine bessere Klangqualität. In den meisten Geräten steckt viel Spar-Potenzial.“ Im Hause Spreitz kocht jeder mit dem gußeisernen Holzherd, im Sommer auch elektrisch mit Sonnenstrom. „Ein E-Herd verursacht 10 bis 15 Prozent des Stromverbrauchs in einem Einfamilienhaus. Bei uns würde sich der Stromverbrauch mit einem E-Herd verdoppeln“, erklärt Franz Spreitz, in der Szene auch als „Energie-Superheld“ bekannt.
Als leidenschaftlicher Tüftler löst Franz Spreitz gerne technische Herausforderungen. Wer die eigenen Energie- und Heizkosten wesentlich einfacher senken will, kann das mit dem Tarifkalkulator der E-Control erledigen. Hier muss man kaum mehr tun, als die eigene Postleitzahl eingeben. Dazu Tarif sowie Jahresverbrauch und schon bekommt man Vergleichsangebote, inklusive der Differenz zum aktuellen Tarif. „Im Herbst haben schon sehr viele Kunden zu günstigeren Lieferanten gewechselt oder bei ihrem Anbieter den Tarif geändert“, berichtet Johannes Mayer. Der Leiter der Abteilung für Volkswirtschaft bei der E-Control gibt vorsichtige „Entwarnung“, was die weitere Preisentwicklung betrifft: „Die Großhandelspreise für Gas sind immer noch hoch, aber günstiger als im Oktober.“
Bei den Heiz- und Strompreisen kam den Konsumenten zugute, dass mit Anfang 2022 man die in allen Tarifen enthaltene Ökostromförderung deutlich reduzierte. Dennoch sei der Umstieg auf saubere beziehungsweise zumindest teilweise selbst produzierte Energie wirtschaftlich sinnvoll. „Stress würde ich mir damit keinen machen. Aber wenn die Gastherme in die Jahre gekommen ist, zahlt sich der Wechsel auf Biomasse, Erdwärme oder Wärmepumpe aus“, so Mayer. Mit einer eigenen 3-KW-Photovoltaikanlage könne man bei hohem Eigenverbrauch die Heizkosten und Stromrechnung um bis zu 500 Euro pro Jahr verringern.
Die Entwicklungen an den internationalen Strom- und Gasmärkten bringen auch Energieanbieter unter Zugzwang. Manche melden Konkurs an, andere können vereinbarte Preisgarantien nicht einhalten. Aber nicht jeder Kunde mit garantiertem Niedrigpreis-Tarif bei Strom- und Heizkosten erlebt eine unangenehme Überraschung. „Neben unseren Standard-Tarifen und marktorientierten Tarifen bieten wir auch Tarife mit Preisgarantie. Und im Gegensatz zu einigen Mitbewerbern halten wir diese auch ein“, sagt EVN-Sprecher Stefan Zach.
Nicht nur stabile Preise sind für viele Kunden entscheidende Faktoren bei der Anbieterwahl: Bei der Energie Burgenland ist der regional produzierte saubere Strom ein „ganz wichtiges Asset“, heißt es seitens des Energieversorgers. Österreichs größter nachhaltiger Stromerzeuger ist der VERBUND. 97 Prozent seiner Stromerzeugung kommen aus erneuerbaren Energien, vorrangig Wasserkraft. Dennoch haben die auf den internationalen Strombörsen gebildeten Preise Auswirkungen. Was man dagegen tut? „Auf Basis einer langfristigen Beschaffungsstrategie werden die Einkaufszeitpunkte gestreut, um kurzfristige Erhöhungen nicht unmittelbar an Endkunden weitergegeben zu müssen“, erklärt Unternehmenssprecherin Ingun Metelko.
Klar erkennbar ist bei den meisten heimischen Energieversorgern das Bemühen, Kunden den Zugang zu nicht-fossilen Energieträgern zu erleichtern. Stefan Zach: „Wir bieten Tarife mit 100 Prozent Ökostrom an und sind im Bereich Photovoltaik sehr aktiv.“ Von Anlagen auf Dächern über Bürgerbeteiligungen bis hin zu Pilotprojekten für Energiegemeinschaften bietet die EVN verschiedene Modelle an. Bereits mehr als 48.000 Photovoltaik-Anlagen speisen in das Netz der EVN-Tochter Netz NÖ ein. Energie Burgenland hat in sechs Monaten Verträge für die Errichtung von über 4.500 Paneelen mit Privatkunden fix abgeschlossen: Auf kleinere Dächer kommt ‚SonnenMax‘, auf größere ‚SonnenMarie‘. Beim Verbund können Kunden mit einer Online-Hauseignungsprüfung und Bestellstrecke ihr Photovoltaik-Komplettpaket selbst konfigurieren und zwischen Miete und Kauf sowie unterschiedlichen Anlagegrößen wählen – und bei Bedarf eine E-Auto-Ladestation hinzufügen.
Auf einem steilen Südhang in Purkersdorf steht ein ganz besonderes Gebäude: Im „Haus, das in die Zukunft schaut“ erfolgt die Energieversorgung für Heizung und Warmwasser über eine Wärmepumpe mit Erdreichtiefensonden. Ein beträchtlicher Teil des Strombedarfs wird durch eine Photovoltaikanlage am Dach abgedeckt. Der absolute Clou ist aber die Bauteilaktivierung mit prädiktiver Steuerung, die das Heizen und Kühlen unter Berücksichtigung der Wetterprognose regelt. Das heißt: Prognostiziert der Wetterbericht einen Hitzetag, nutzt das Gebäude schon davor die selbst produzierte Energie. Und kühlt dabei so, dass tagsüber die Wunschtemperatur herrscht – ohne, dass man am Hitzetag mit viel Energieaufwand herunterkühlen muss. An kalten Tagen heizt das System entsprechend.
„Wir haben die prädiktive Wettersteuerung gründlich evaluiert: Das System kann auf wechselnde Strompreise reagieren und sich Energie holen, die sonst nicht genutzt werden könnte. Damit kann auch das Speicherproblem entschärft werden“, erklärt Architekt Christoph Treberspurg. Gegenüber einer normalen Heizung ist diese Technik um 40 Prozent teurer. Aber sie soll sich finanziell aber innerhalb von zwanzig Jahren rechnen. Den Nutzen für die Umwelt und den deutlichen Komfortgewinn, der sich aus dem angenehmen Wohnklima ergibt, hat man sofort. Und dazu die Gewissheit, Energiepreisschwankungen gelassen entgegensehen zu können.
- Energieeffiziente Geräte: www.topprodukte.at
- Tarifkalkulator der E-Control: Mit wenigen Klicks alle Strom- und Gaslieferanten vergleichen und den passenden finden. www.e-control.at
- „Autarkie. Leben in Freiheit“: In diesem Praxis-Handbuch hat Franz Spreitz zusammen mit Lukas Pawek seine Erfahrungen und viele Tipps zum energieeffizienten Wohnen zusammengefasst: Schritt für Schritt zur eigenen Stromversorgung. www.autarkie.at