„Das perfekte Geheimnis“ bei der Sommernachtskomödie Rosenburg

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„Das perfekte Geheimnis“ kennen viele bereits als Film. Nun kommt der Stoff bei der Sommernachtskomödie Rosenburg auf die Bühne. Intendantin Nina Blum und Hauptdarstellerin Julia Cencig geben erste Einblicke in das Stück auf einer 360-Grad-Bühne.

schauvorbei.at: Das Stück „Das perfekte Geheimnis“ wurde bereits mehrmals verfilmt. Inwiefern wird sich das Stück von den Filmen unterscheiden?
Intendantin Nina Blum: Regisseur Marcus Ganser hat aus beiden Verfilmungen ein Best-of gemacht. Es gibt ein paar Pointen, die in der deutschen Verfilmung besser sind. Ein paar sind es in der italienischen. Ich würde sagen, es ist ein Mix. Wir sind nicht stringent der Theatervorlage aus dem Lauke-Verlag gefolgt. Diese Freiheit nehmen wir uns eigentlich immer.

Eine Geschichte zum Beispiel, die wir verändert haben, ist bei einem Paar, wo in der einen Fassung die Ehefrau klassisch zu Hause ist und der Ehemann arbeiten geht. In einer anderen Fassung ist sie Alleinverdienerin und er Hausmann. Wir haben beschlossen, eine Version darzustellen, in der er ein frustrierter Hausmann, dem die Decke auf den Kopf fällt, und sie eine Karrierefrau ist. Sie ist aber nicht wirklich glücklich in ihrer Rolle, sondern innerlich zerrissen. Wie das eben so ist bei arbeitenden Müttern. Man sagt ja nicht: „Hurra, ich bin weg von meinen Kindern!“ Oft ist es so, dass einem die Arbeit Spaß macht, aber man gleichzeitig die Kinder vermisst und ein schlechtes Gewissen hat. Dieses Szenario fanden wir passender.

Hauptdarstellerin Julia Cencig: Der größte Unterschied zu den Filmen ist der, dass es auf einer Bühne spielt. Selbst wenn man die Filme gesehen hat und denkt, diesen Stoff kenne ich, würde ich trotzdem empfehlen, es sich im Theater anzusehen. Live-Charaktere haben einen anderen Touch.

Im Film hat man Schnitte und dann sieht man die anderen Schauspieler einfach nicht. Weil es von der Totalen in ein Doppel oder zwei Einzel geschnitten wird. Der Zuschauer weiß, dass sie theoretisch da sind und auch am Tisch sitzen. Auf der Bühne hat man diese Möglichkeit nicht. Das heißt, man hat tatsächlich immer alle im Blick, und das ist natürlich spannend für den Zuschauer. Zu sehen, was machen jetzt eigentlich die anderen und wie reagieren sie, ist ein ganz anderes Setting. Das ist für uns als Schauspieler eine riesengroße Herausforderung. Dass wir sozusagen den Part der Kamera übernehmen müssen und den Fokus immer dahin richten, wohin das Publikum sehen soll. Dazu gehört auch beispielsweise, dass wir nicht stören, indem wir zu einem Glas greifen.

Intendantin Nina Blum: Noch etwas, das nicht so bekannt ist: Wir haben eine spezielle 360-Grad-Bühne. Das ist wie zu Shakespeares Zeiten. Mitunter ist das der Grund, warum ich immer Filmkomödien wähle. Denn mit dieser Rundbühne muss man filmisch inszenieren – wie eine Überblendung. Auf einer normalen Bühne passiert in der einen Ecke etwas und dann gehen die Schauspieler ab und die nächsten kommen. Bei uns gehen weniger ab, sie sind nur mehr oder weniger abgespielt, und dann tut sich gegenüber gleich etwas. Ich glaube, das ist auch sehr spannend für dieses Stück. Der Handlungsort ist bei einer Grillparty auf einer Dachterrasse und es sind immer alle anwesend. Je nachdem, wo ich im Zuschauerraum sitze, werde ich manches aus einer anderen Perspektive erleben. Das ist etwas Besonderes.

schauvorbei.at: Gibt es dieses typische Tisch-Setting, wo alle sitzen, oder ist es lockerer?
Intendantin Nina Blum: Ganz bewusst haben wir dieses Tisch-Setting nicht gewählt, weil es auf unserer Bühne viel zu statisch wäre. Wir haben auch wirklich einen Grill. Das Paar Eva – die Figur von Julia – und ihr Mann werden wirklich grillen. Es wird also auch einen sinnlichen Charakter haben. Das Publikum wird während des Stücks Lust auf Käsekrainer bekommen.

Hauptdarstellerin Julia Cencig: Wir haben Sitzgelegenheiten und auch Tische. Allerdings gibt es keinen Esstisch mit Stühlen, sondern es sind niedrige Tische im Zentrum. Dort nimmt man sich etwas zu essen und steht dann entweder oder macht es sich in den Sitzsäcken bequem. Diese stellen uns auch vor eine große Herausforderung. Sie sehen toll aus, aber das Aufstehen gestaltet sich sehr schwierig – vor allem mit einem Teller oder einem Glas in der Hand. Das bietet auch viel Platz für Komödiantik. Wenn man nicht so gut hochkommt, umfällt oder stolpert.

schauvorbei.at: Warum haben Sie genau dieses Stück ausgewählt?
Intendantin Nina Blum:
Ich finde „Das perfekte Geheimnis“ ist eine sehr zeitlose, gescheite Beziehungskomödie. Denn es geht um die Grundfrage: Wie viel Ehrlichkeit braucht es in einer Beziehung? Und wie viel Geheimnis verträgt sie oder braucht sie vielleicht sogar? Der erste Film ist aus dem Jahr 2016. Ich würde sagen, in zehn Jahren wird diese Fragestellung genauso aktuell sein. Und ich glaube, dass das für ein Paar Mitte 20 genauso eine relevante Fragestellung ist wie für ein Paar Mitte 60. Das finde ich sehr spannend an dem Stück. Denn das hat man nicht in vielen Komödien. Außerdem finde ich es einfach gut geschrieben.

Es beginnt alles sehr harmlos. Die Figur der Julia stellt die Frage: Wie viele Geheimnisse haben wir alle in unseren Beziehungen voreinander? Einige der Pärchen sagen, nicht so viele, andere sind etwas verhaltener. Dann beschließen sie, ein Spiel zu spielen. Dabei werden alle Handys auf den Tisch gelegt und jede Nachricht wird laut vorgelesen und jeder Telefonanruf auf Lautsprecher gestellt. Dann passiert es, dass die schlimmsten Abgründe und Geheimnisse ans Tageslicht kommen. Es ist dramaturgisch ein gut aufgebautes Stück. Auch das Ende finde ich sehr spannend. Es ist eigentlich eines, wo man nicht genau weiß, ob es jetzt ein reines Gedankenexperiment war oder ob es tatsächlich stattgefunden hat. Das finde ich einen sehr interessanten Aspekt.

Hauptdarstellerin Julia Cencig: Der Zuschauer kann dann für sich entscheiden, wie er es sieht und was er als den richtigen Weg empfindet. Dass dieses Spiel tatsächlich mit all seinen Konsequenzen ausprobiert wurde, oder es lieber dabei zu belassen, dass jeder seine Geheimnisse behält. Es werden auch viele Themen behandelt, die gesellschaftsrelevant sind. Denn es geht nicht nur um Untreue und Monogamie versus Seitensprung. Zum Beispiel behandelt es auch den Generationskonflikt zwischen Mutter und pubertierender Tochter.

Außerdem gibt es das große Thema Freundschaft. In diesem Fall tritt vor allem die Freundschaft unter den Männern deutlich hervor. Denn die Männer kennen sich schon seit ihrer Kindheit. Diese Beziehung wird auf den Prüfstein gestellt, als das Thema sexuelle Orientierung behandelt wird. Vor allem stellt sich die Frage: Wie tolerant sind sie wirklich? Und wie gehen sie damit um? Dabei bleibt es leicht und humorvoll, hat parallel dazu aber auch Tiefgang. Das finde ich gut an dem Stück. Auch das große Thema Technik, das uns alle begleitet, wird behandelt. Ist es Fluch oder Segen, dass wir alle Handys haben?

Intendantin Nina Blum: Ich habe eine siebenjährige Tochter. Es ist total spannend, dass ich jetzt schon merke, wie sehr es sie beschäftigt, wann sie ein Handy bekommt. Ich finde diese Fixierung schwierig. Vor allem, da sie noch nicht einmal eines hat. Die Vorbildwirkung ist natürlich auch wichtig. Wenn ich in meinen Freundeskreis und in meine Altersklasse sehe, fällt mir auf, dass viele wahnsinnig süchtig sind. Dabei gibt es wenige Ausnahmen, die kein Suchtpotenzial aufweisen. Die zentrale Frage, die sich uns allen stellt, ist: Welchen Raum, geben wir diesen Geräten in unserem Leben? Wie sehr wollen wir uns auf das Hier und Jetzt konzentrieren? Das Handy ist für mich genau das Gegenteil von „Im-Moment-Sein“.

Noch so ein kleines Geheimnis im Stück ist zwischen deiner Rolle, Julia, und deinem Mann. Immerhin outet er sich, dass er zur Therapie geht. Und du spielst eine Psychotherapeutin. Das ist zwar heutzutage kein Tabuthema mehr, aber in einer Paarkonstellation kann es vorkommen, dass man dem Partner nicht so lapidar sagt: „Ich gehe jetzt in Therapie und lasse mich unterstützen.“

Hauptdarstellerin Julia Cencig: Ein Thema, das mehr zu einem internen Konflikt zählt, ist, dass sich meine Figur die Brüste vergrößern möchte. Obwohl sie Psychotherapeutin ist. Da kommt das Klischee auf: Als Therapeutin solltest du keine Probleme mit deinem Körper haben und dich so annehmen, wie du bist. Zudem erzählt sie es nicht einmal ihrer besten Freundin. Wo man doch eigentlich davon ausgehen würde, dass eine emanzipierte Frau dieses Thema teilt – vor allem mit ihrem innersten Kreis.

Intendantin Nina Blum: Das wären so die zentralen Themen, die das Stück behandelt. Das sind keine konstruierten Geheimnisse, sondern reale, mit denen man sich gut identifizieren kann.

schauvorbei.at: Vor welchen Herausforderungen steht man denn in der Rolle der Eva?
Hauptdarstellerin Julia Cencig:
Dabei steht man vor der Herausforderung, dass sie nicht unsympathisch rüberkommt. Ich bin gerade noch auf der Suche nach der Darstellung. Ich möchte den Abend nicht eröffnen mit einer frustrierten Schreckschraube. Denn das Stück beginnt mit einem Mutter-Tochter-Streit. Meine Figur hat ein Problem. Denn sie weiß, was ihre Tochter vorhat, und fürchtet sich davor. Für mich als Mutter ist das total nachvollziehbar. Vor allem, dass man dabei nicht tiefenentspannt ist. Bei Eva gibt es viele solche schwierigen Momente. Sie nimmt die Dinge sehr genau und ist teilweise etwas „schmähbefreit“. Dabei sollte sie nicht zu bissig wirken. Mir persönlich machen als Schauspielerin solche Figuren Spaß. Jene, die ein bisschen spröde sind und nicht einfach nur sympathisch.

Ich habe es total unterschätzt, dass man – im Gegensatz zum Film – immer das ganze Drehbuch im Kopf haben muss. Es ist viel Arbeit und anstrengend zu proben. Aber es ist jetzt schon absehbar, dass es sehr großen Spaß machen wird, es dann zu spielen.

Intendantin Nina Blum: Ich finde eine gute Komödie ist das Schwierigste am Theater. Weil man es total ernst nehmen muss. Nur dann ist es lustig. Ich darf es auf keinen Fall plump aufstellen oder irgendwelche Pointen draufsetzen. Deswegen ist die höchste Kunst, Komödien gut zu spielen. Meiner Erfahrung nach ist es auch das, was die Menschen am meisten lieben. Vor allem in Zeiten, wo es vielleicht nicht überall etwas zu lachen gibt. Das muss man klar sagen.

schauvorbei.at: Wusstest du sofort, dass du diese Rolle spielen möchtest, Julia?
Hauptdarstellerin Julia Cencig:
Lustigerweise ja, das habe ich.

Intendantin Nina Blum: Ich habe auch gesagt, ich würde dich am meisten in dieser Rolle sehen, als wir das erste Mal telefoniert haben.

Hauptdarstellerin Julia Cencig: Ja, du hast gesagt, lies es mal und sag mir Bescheid. Dann sagte ich dir, ich hätte gerne die Rolle der Eva. Du sagtest nur: „Super, das war auch mein Gefühl.“ Es ist seltsam, weil sie überhaupt nicht die Rolle mit den meisten Pointen ist. Im Gegenteil, die mit den wenigsten. Aber trotzdem hat es mich zu dieser Figur hingezogen.

schauvorbei.at: Was macht denn das besondere Flair auf der Rosenburg aus?
Intendantin Nina Blum: 
Wir haben bei der Rundbühne zwar 600 Sitzplätze, aber nur sieben Reihen. Das heißt, auch wenn man in der letzten Reihe sitzt, ist man relativ nah am Bühnengeschehen. Das ist der Unterschied zu anderen Theatern. Auch das Ambiente bei uns ist sehr schön. Dazu gehört der Innenhof, den man in der Pause besuchen kann. Wir haben zudem sehr gutes Catering. Gerne kann man bei uns schon davor kommen und sich ein Glas Wein gönnen oder eine Kleinigkeit snacken.

Zudem sind wir eines der wenigen Sommertheater, die den Luxus haben, eine Überdachung zu haben. Das bedeutet sowohl Sonnen- als auch Regenschutz. Es ist an den Seiten offen. So ist es, auch wenn es heiß ist, nicht stickig. Ich bin dieses Jahr zum neunten Mal Intendantin, und das einzige Mal, das wir unterbrechen mussten, war, als es so stark gehagelt hat, dass der Ton nicht mehr über die Headsets transportiert werden konnte. Aber normalerweise können wir bei jedem Wetter spielen. Jetzt, wo das Klima immer extremer wird, ist das eine echte Entlastung.

schauvorbei.at: Die Rosenburg hat die Auszeichnung „Green Events“. Was bedeutet das?
Intendantin Nina Blum:
Das bedeutet, dass wir Bewusstsein in diese Richtung lenken. Es gibt eine Menge verschiedener Kategorien. Zum Beispiel versuchen wir, beim Bühnenbild und bei den Kostümen möglichst viel wiederzuverwenden. Sozusagen ein Upcycling. Alles ganz im Sinne von Nachhaltigkeit. Wir haben beim Catering Keramikteller, also keine aus Papier oder gar Plastik. Denn das würde auch wieder Müll erzeugen. Wir verwenden keine Kaffeetabs mit Aluminium. Zudem drucken wir auf recyclebarem Papier. Dabei versuchen wir, diese Art von Bewusstsein nicht nur bei uns im Team zu erzeugen, sondern auch dem Publikum gegenüber. Das klingt vielleicht kontraproduktiv, aber wir stellen möglichst wenig Mistkübel am Gelände auf. Wenn sich die Menschen schwertun, etwas für den Mist zu finden, dann nehmen sie den Müll eher mit. Es gibt natürlich eine zentrale Stelle mit Mülltrennung.

schauvorbei.at: Wenn man das erste Mal die Rosenburg besucht, die im Waldviertel liegt, was sollte man sich unbedingt anschauen?
Intendantin Nina Blum: 
Auf der Rosenburg selbst gibt es samstags und sonntags immer eine Greifvogelschau. Sie findet in einem wunderschönen Turnierhof statt, wo man einen tollen Ausblick hat. Diese Show finde ich superspannend. Das geht sich auch sehr gut aus, wenn man es mit einem Theaterbesuch kombinieren möchte. Denn die Greifvogelschau beginnt um 15 Uhr. Dann kann noch in Ruhe etwas essen gehen. Das Theater beginnt sonntags zum Beispiel um 18 Uhr.

Was ich auch toll finde, ist, an einem heißen Tag im Kamp zu baden. Mein Lieblingsstrandbad ist in Plank, einem kleinen Örtchen in der Nähe der Rosenburg. Mit dem Auto fährt man circa zehn Minuten. Aber man kann auch mit dem Zug dorthin gelangen. Wenn man etwas weiter fahren möchte, ist der Ottensteiner Stausee zu empfehlen. Nicht zu vergessen sind die Wackelsteine bei Gmünd und das Kunstmuseum in Schrems. Und weil wir das Thema Green Events hatten: Es gibt auch einen tollen Radweg, der über die Rosenburg führt. Den habe ich 2020 mit meiner Familie ausprobiert. Wer sportlich sein will, kann den Theaterbesuch mit einer Radtour verbinden. Von Krems losfahren, drei Tage im Waldviertel verbringen, eine Station im Schlossgasthof machen, wo man übernachten kann, und dann die Sommernachtskomödie „Das perfekte Geheimnis“ besuchen.

schauvorbei.at: Vielen Dank für das Gespräch!

Foto: © Sommernachtskomödie Rosenburg/Martin Hesz

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