Auf Michael Buchinger trifft man vielerorts. Im Internet etwa kennt man ihn als erfolgreichen Podcaster und Social-Media-Star der ersten Stunde. Auf den Bühnen Österreichs und Deutschlands hingegen reüssiert er seit 2018 als Kabarettist. Im ORF-Hauptabendprogramm tanzte er sich wiederum als „Dancings-Stars“-Teilnehmer der 15. Staffel in die Herzen des Publikums. Und auch auf den heimischen Kinoleinwänden bekommt man Michael Buchinger schon recht bald in der Weihnachtskomödie „Aufputzt is – Ein Weihnachtsdebakel“ an der Seite von Kabarettkollegen Gery Seidl zu Gesicht.
In den vergangenen Jahren machte der Internetpionier aber vor allem als Autor von sich reden. Mit humorvoll aufgearbeiteten Anekdoten aus dem eigenen Leben und einem Kochbuch, das nicht nur aufgrund seiner unzähligen Pointen und einem Rezept für einen „Chips-Toast“ gängigen Konventionen strotzt, schaffte er schnell den Sprung in die Bestsellerlisten des deutschsprachigen Raums.
Wird aus Spaß Ernst?
Mit „Bella Barks letztes Like“ legt Michael Buchinger nun sein erstes fiktionales Werk vor. Der Kriminalroman entführt die Leserschaft in die Welt der Influencer, in der nichts so ist, wie es zunächst scheint. Im Handlungsmittelpunkt steht dabei der gescheiterte Youtube-Star Leo Escher, der nach dem unerwarteten Tod seiner Berufsgenossin Bella Barks unverhofft zum Ermittler in einem Mordfall wird.
Einen wirklichen Bruch in Michael Buchingers bisher von Humor geprägtem Schaffen stellt der Krimi für ihn dennoch nicht da. Zwar handelt es sich bei „Bella Barks letztes Like“ um das allererste Projekt, bei dem Figuren, Handlung und Spannungsbogen vollständig seiner Fantasie entspringen, trotzdem bleibt sich der Humorist in einer Sache treu: „Ich versuche, mich nie zu ernst zu nehmen. Egal ob Podcast, Kabarett oder Buch: Humor ist für mich immer so eine Art Lebensversicherung.“
In „Bella Barks letztes Like“ macht Michael Buchinger also den Spagat zwischen Humor und Spannung. Das Ergebnis ist ein Roman, den er selbst als „Cozy-Krimi“, also eine gemütliche und kurzweilige Detektivgeschichte, bezeichnet. Als Vorbild dafür dienten dem Autor neben der Kultserie „Mord ist ihr Hobby“ vor allem die Werke von Agatha Christi – der „Queen of Crime“: „Ich habe Agatha Christies Geschichten als Teenager verschlungen; meine erste war ,Mord im Pfarrhaus’. Ich liebe dieses Kammerspielhafte, bei dem sich in vielen ihrer Werke alles in einem geschlossenen Kosmos abspielt. Das habe ich übernommen.“
Um den Esprit der im Jahre 1976 verstorbenen Agatha Christie in die Influencerwelt des 21. Jahrhunderts zu überführen, bedurfte es jedoch noch weiterer Einflüsse, wie Michael Buchinger verrät: „Ich habe mich auch an modernen Popkultur-Phänomenen orientiert: Was passiert, wenn Leute permanent performen – auch in Momenten, in denen es wirklich ernst wird?“
Dass Michael Buchinger selbst eine der prominentesten Social-Media-Figuren des Landes ist und dementsprechend mit der Welt der Influencer bestens vertraut ist, war ihm zur Beschreibung dieser Phänomene durchaus dienlich: „Ich kenne die Dynamiken. Ich weiß, wie es sich anfühlt, in dieser Welt zu leben, in der man ständig beobachtet wird und sich gleichzeitig denkt: ,Was mach ich da eigentlich?’“
Bei all den einbezogenen persönlichen Erfahrungen ist „Bella Barks letztes Like“ trotzdem kein autobiografisches Werk, wie der frischgebackene Krimiromancier betont: „Es gibt Figuren, bei denen ich mir beim Schreiben dachte: ,Oh, das könnte jemand sein, den ich kenne.’ Aber am Ende ist alles Fiktion, nur inspiriert von der echten Absurdität des Influencer-Daseins.“
Diese „Absurdität des Influencer-Daseins“ beschäftigt Michael Buchinger schon längere Zeit. Und auch die Idee zu dem kürzlich veröffentlichten Krimi in der glamourös anmutenden Welt der Influencer trägt er schon eine Weile mit sich herum: „Ein guter Krimi bricht immer mit einer Scheinwelt und Instagram ist ja wohl die ultimative Scheinwelt. Und das fand ich spannend, dieses Verhältnis von Realität und Selbstdarstellung. 2018 kam mir die Idee: Was, wenn ein Influencer stirbt und ein anderer versucht, das aufzuklären? Damals haben mir aber einfach die Zeit und der Mut gefehlt, meine Idee umzusetzen. 2024 hat es endlich gepasst. Geschrieben habe ich dann etwa zwei bis drei Monate daran, aber ehrlich gesagt hat es länger gedauert, weil ich zwischendurch ständig in irgendwelche anderen Projekte gerutscht bin.“
Wird Michael Buchinger zum Wiederholungstäter?
In den sieben Jahren, die sein erster Krimi von der Idee bis ins Regal der Buchhandlungen zum Reifen hatte, dachte Michael Buchinger auch ganz grundsätzlich darüber nach, was einen guten Krimi ausmacht – und worauf er bei seinem Debüt gerne verzichten möchte: „Ich finde, ein guter Krimi braucht vor allem charmante Figuren, die man gerne begleitet, selbst wenn sie nervig oder keine klassischen Helden sind. Und ich wollte unbedingt vermeiden, dass es so wirkt wie ein Tatort mit Filter. Also kein „Mörder im Influencer-Outfit“, sondern wirklich eine Geschichte, die aus dieser Welt heraus erzählt wird, weil ich sie kenne.“ Und noch einmal betont Micheal Buchinger, dass ein guter Krimi nicht ohne Humor auskommt: „Ich liebe Krimis, die sich selbst nicht allzu ernst nehmen.“
Allzu ernst nimmt sich daher auch „Bella Barks Letztes Like“ nicht. Die berühmt-berüchtigte Pfeife und das Tweed-Sakko tauscht Michael Buchinger frech gegen Handys, Selfie-Ringe, Matcha-Latte und Pilateskurse ein. Dennoch, in klassischer „Whodunit“-Manier gibt es auch in Michael Buchingers Erstlingskrimi „ein Opfer, viele Verdächtige, und jemanden, der versucht, das Ganze zu entwirren.“
Ob das gelingt, möchten wir an dieser Stelle nicht verraten. Fest steht jedenfalls, dass Michael Buchingers erster Krimi bei der Leserschaft derart positiv aufgenommen wird, dass die Stimmen nach einer Fortsetzung schon wenige Wochen nach Veröffentlichung laut werden. Es scheint, als wollten sie die Welt rund um den Influencer-Ermittler Leo Escher gar nicht verlassen. Auch der Autor selbst haderte nach Fertigstellung des Romans ein wenig damit, sich von der fiktiven Welt und ihren Figuren zu trennen: „Es fiel mir schwerer als gedacht. Ich war so lang mit denen unterwegs, dass ich beim letzten Kapitel kurz sentimental geworden bin. Es ist ein bisschen wie nach einem langen Dreh, man denkt sich: ,Okay, danke Leute, war schön mit euch, aber ich brauch jetzt mal wieder echte Menschen.’“
Den Wunsch nach einem zweiten Teil adressiert er folgendermaßen: „Ich habe definitiv Notizen. Ich weiß noch nicht, ob ich das nächste Buch direkt wieder in genau dieser Welt ansiedle, aber Leo Escher ist auf jeden Fall jemand, den ich mir sehr gut in weiteren Fällen vorstellen kann. Ich glaube, der hat noch einiges zu erleben.“
Bis dahin kann sich Michael Buchinger mit dem Gedanken anfreunden, dass sich seine Leserschaft nach der Lektüre eigenständig weitere Fälle des Protagonisten Leo Eschers ausdenkt: „Ich fände das super! Wenn Leute meine Figuren so mögen, dass sie sich vorstellen, wie’s weitergeht, dann hab‘ ich irgendwas richtig gemacht. Ich glaube, als Autor kann man sich nichts Schöneres wünschen, als dass die Welt, die man geschaffen hat, im Kopf der Leserinnen und Leser weiterlebt.“
Wordrap
Ein Krimi muss für mich …
… schlauer sein als ich.
Die Veröffentlichung meines Krimis „Bella Barks letztes Like“ feierte ich …
… mit Sekt, Torte und der ständigen Angst, dass niemand kommt. Es kamen dann aber ziemlich viele.
Meine Lieblingsfigur aus dem Roman ist …
… Alina Joy. Die ewig Zweite, die als Sidekick von Bella Barks nie richtig glänzen kann und es doch so sehr will. Das finde ich sehr menschlich.
Wenn der Protagonist Leo Escher ein Tier wäre, wäre er …
… ein Pfau. Eitel, aber sensibel. Und unterschätzt gut im Beobachten.
Die beste Zeit, um Krimis zu lesen, ist …
… Sonntagvormittag im Bett mit Kaffee. Oder natürlich in der Badewanne.

