War da nicht noch Geschenkpapier auf der Einkaufsliste? Ist auch wirklich genügend Mehl in der Vorratskammer? Und wann sollte man eigentlich Tante Rosa vom Bahnhof abholen? „In der Weihnachtszeit erleben viele Menschen erhöhten Stress aufgrund verschiedener Faktoren. Einer davon ist der Druck, den wir uns selbst auferlegen, um perfekte Feierlichkeiten zu gestalten. Es entsteht ein Gefühl, den Erwartungen gerecht werden zu müssen – sei es durch Geschenke, Dekorationen, kulinarische Leckereien oder eine harmonische Atmosphäre. Das Streben nach diesem Ideal kann überwältigend sein und zu Stress führen“, so Psychotraumatologe Georg Alexander Wagner zum Thema Weihnachtsstress.
Dabei sieht man sich aber nicht nur mit der eigenen Wunschvorstellung, sondern auch jenen der Liebsten konfrontiert. „Ebenso spielen gesellschaftliche Erwartungen eine große Rolle. Medien, Werbung und soziale Vergleiche vermitteln oft ein Bild von Weihnachten als eine perfekte Zeit der Freude und Harmonie. Das verstärkt den Druck, diese Erwartungen zu erfüllen“, so der Experte. Aber wie geht man am besten mit diesem Druck und dem innerlichen Stress um? Da ist natürlich guter Rat teuer. Wagner hat gleich fünf Tipps auf Lager:
Für möglichst wenig Weihnachtsstress gibt es prophylaktische Maßnahmen, die man setzen kann. „Um gelassener in die Weihnachtszeit zu starten, könnten präventive Maßnahmen wie Zeitmanagement, frühzeitige Planung und klare Kommunikation über Erwartungen helfen, um Missverständnisse zu vermeiden. Zudem hilft die Akzeptanz von Unvollkommenheit. Ebenso kann das Setzen von Grenzen, um Zeit für sich selbst zu haben, den Stress reduzieren“, meint der Burgenländer. Das bedeutet man sollte etwa überlegen, ob es an Heiligabend wirklich das Sechs-Gänge-Menü werden muss oder ob es auch „nur“ drei Gänge tun. Oder ob es wirklich wichtig ist, dass der Nachwuchs das Gedicht unter dem Weihnachtsbaum fehlerfrei aufsagt.
Ist man schon mittendrin im Gedanken-Chaos, dann ist es wichtig, einen guten Weg zu finden, um mit den eigenen – auch negativen – Emotionen umzugehen. „Es ist hilfreich, diese Gefühle anzuerkennen und realistische Erwartungen zu setzen. Dies kann bedeuten, Prioritäten zu setzen und nicht zu versuchen, alles perfekt zu machen. Auch das Delegieren von Aufgaben, sei es bei der Planung des Weihnachtsfestes oder bei anderen Vorbereitungen, kann den Druck mindern. Und das Festlegen von Budgets für Geschenke und Feierlichkeiten kann helfen, finanziellen Stress zu reduzieren“, führt Wagner aus. Dadurch wird der Fokus auf das Wesentliche erhöht, da nicht im Vordergrund steht, wie viel ein Geschenk gekostet hat, sondern dass es persönlich ist und von Herzen kommt. Dieses Denkmuster bringt Zufriedenheit und Verbundenheit zum Fest.
Manchmal braucht man aber auch schnelle Hilfe, wenn man sich überreizt oder überlastet fühlt. Dann sorgen spezielle Tools für schnelle Abhilfe. „Methoden, um den Weihnachtsstress effektiv abzubauen, könnten verschiedene Entspannungstechniken beinhalten: Atemübungen, Meditation oder auch körperliche Bewegung. Der Fokus auf das Wesentliche, das Zurückbesinnen auf den eigentlichen Sinn von Weihnachten – sei es durch soziales Engagement, Zeit mit Liebsten oder die Besinnung auf persönliche Werte – kann ebenfalls helfen, den Stress zu mindern“, so der Traumatologe. Zusammen ein soziales Projekt zu unterstützen, schafft einen Gemeinschaftssinn und stiftet Dankbarkeit im eigenen Leben.
Aber auch, wenn man noch so gelassen ist, kann es dennoch sein, dass ein Familienmitglied den langjährigen Zwist und Hader wieder auf den Tisch bringt. „Was den langjährigen Familienstreit betrifft, ist es wichtig, eine Atmosphäre des Respekts und der Offenheit zu schaffen. Weihnachten könnte eine Gelegenheit für einen Dialog bieten, aber es ist auch wichtig, zu akzeptieren, dass nicht alle Konflikte an einem einzigen Fest gelöst werden können. Eine behutsame Annäherung und das Bemühen um Verständnis können jedoch der erste Schritt zu einer Lösung sein“, erklärt Georg Wagner. Immerhin birgt Weihnachten die Chance neue, schöne Erinnerungen zu schaffen und nicht nur das Risiko alten Zank aufzuwärmen.
Wenn Probleme das Gemüt belasten, ist es wichtig, nichts zu unterdrücken. „Gefühle sollten am besten durch einfühlsame, klare Kommunikation vermittelt werden. Eine wissenschaftliche Herangehensweise betont die Bedeutung respektvoller und nicht konfrontativer Kommunikation. Zudem ist das aktive Zuhören, um effektiv zu kommunizieren und Missverständnisse zu vermeiden, eine wichtige Komponente“, informiert der Experte. Das bedeutet, dass, auch wenn man sich an den Feiertagen bei Nörglern und Rowdys am liebsten taub stellen möchte, man doch ein offenes Ohr beibehält. Nur so kann alter Groll aus dem Weg geschafft und Platz für ein bessere Atmosphäre in der Familie geschaffen werden.