Story

Triest ist anders: Das Wesen der Hafenstädter

Wer eine Kirche als Eckerlkäse bezeichnet und dem Wind ein Museum widmet, der hat garantiert Humor. Darüber hinaus besitzen die Triester aber auch jede Menge Widerstandsgeist und haben das schon oft bewiesen.
Piazza dell’Unità d’Italia vom Meer aus
Die Piazza dell’Unità d’Italia (deutsch: Platz der Einheit Italiens) ist der Hauptplatz von Triest. © Fabrice Gallina

Das mächtige Rathaus an der Stirnseite, links und rechts prächtige Paläste und nach vorne offen zum Meer: Das Herz von Triest zählt zu den allerschönsten Plätzen am Mittelmeer. Und jeder Bewohner liebt die Piazza Unità. „Wenn wir im Zentrum etwas zu erledigen haben, dann gehen wir immer auch hierher“, erzählt Emanuela Guidoboni. Mit einem Lächeln fügt die geborene Triesterin hinzu: „Wir schauen, ob hier alles in Ordnung ist, und dann gehen wir wieder nach Hause.“

Stadt auf sieben Hügeln

Diesen Check haben wir erledigt, jetzt führt uns der Weg dorthin, wo Triest „geboren“ worden ist. Die Stadt ist – so wie Rom – auf sieben Hügeln errichtet worden, und San Giusto ist der wichtigste. In der engen Via di Cavana geht es durch ein Viertel, wo früher das Rotlicht regierte und sich heute ein hippes Szenelokal ans andere reiht. Die Schanigärten der Restaurants und die Bars sind voll – kein Wunder, Triest ist seit wenigen Jahren angesagt wie nie.

Emanuela biegt mit mir links in ein noch schmaleres Gässchen ab, und es geht jetzt stetig bergauf. Oben thront die Burg mit einem fantastischen Ausblick über die ganze Bucht bis nach Slowenien und Grado. Hier oben ist die Wiege der Stadt, das „Erste Triest“, hier stand vor rund 2.000 Jahren bereits ein Tempel der Römer.

Burg mit Boykott

Heute bildet eine mittelalterliche Burg, mit der es eine eigene Bewandtnis hat, die Krönung des Stadthügels. „So ein Castello haben wir nicht wirklich gebraucht, das wollten wir nicht“, weiß die geschichtskundige Emanuela, und verrät uns im selben Atemzug die nächste Lektion in Sachen Triester Eigenart: Der Triester lässt sich nämlich nichts gefallen und weiß sich zu wehren. So baute man damals fast 200 Jahre lang an der Burg – mit Boykott, wo es nur ging. Man nahm zum Beispiel zu viel Sand für den Mörtel, und schon musste man mit der Arbeit wieder von vorne beginnen.

Brücke als Lachschlager

Voll Stolz berichtet Emanuela von dieser Tradition des Widerstandsgeists in ihrer Heimatstadt. Und die können die Triester bis heute nicht verleugnen. Davon erzählt sie wenig später bei unserem Spaziergang hinunter in die Stadt und hinein in das Viertel Teresiano, benannt nach Kaiserin Maria Theresia. Es war vor knapp drei Jahren, als die Stadt eine neue, kleine Brücke über den Canal Grande errichten wollte. Doch den Bewohnern gefiel das gar nicht. „Wir Triester wollen nichts Neues“, so Emanuela. Und wie es der Zufall so will, war die Brücke bei der Montage zuerst zu kurz. Na, das war lustig! Den Kampf haben sie schließlich verloren. Die Brücke überspannt heute als Passaggio Joyce das Wasser. Doch der Volksmund nennt sie nur Ponte Curto (Kurze Brücke). Und das wurde sogar auf dem offiziellen Schild verewigt.

Rekord beim Kaffeetrinken

Natürlich nehmen wir ehrenhalber nicht die Kurze Brücke, als wir zum Caffè Stella Polare gehen. Es ist eines der drei alten Dichtercafés der Stadt, wo schon Italo Svevo und James Joyce zusammensaßen. Triest ohne Literatur und ohne Kaffeehaus, das wäre ja wie Rom ohne Römer und ohne Vatikan. Triest darf sich als Hauptstadt des Kaffees rühmen, nicht nur wegen den Röstern von Illy und Hausbrandt. Da tut jeder Triester das Seinige dazu. „Wir konsumieren im Schnitt pro Jahr zehn Kilogramm Kaffee, das ist doppelt so viel wie im Rest Italiens“, weiß Emanuela mit nicht minderem Stadtstolz. Und wie trinkt ihr ihn am liebsten? Was für eine Frage, „natürlich als Espresso!“ Kurz überlegen wir, ob wir nicht auch das Caffè San Marco besuchen sollen, wo Claudio Magris gern an seinem Stammtisch arbeitet, oder das Caffè Tommaseo, 1830 eröffnet und damit das älteste des Kaffeehaus-Trios.

Oder wie wäre es mit dem einzigartigen Bora-Museum? Ich kenne keine andere Stadt, die einem Wind ein eigenes Haus des Wissens gewidmet hat. Da Triest den Spitznamen „Stadt der Winde“ trägt, ist eine solche Kultureinrichtung wieder naheliegender. Aber dass man dann auch Flaschen ausstellt, die mit Winden aus der ganzen Welt gefüllt sind? Sicher kurios und sicher typisch Triest.

Doch dann entscheiden wir uns für eine Tour ins Hinterland von Triest. Mit dem Auto geht es über Serpentinen höher und höher hinauf. Stadt und Meer verschwinden stellenweise hinter bewaldeten Hügeln, bis das glitzernde Blau und die Hauptstadt der Region Julisch Venetien wieder prächtig auftauchen. An diesem Blick kann man sich nicht sattsehen, und das beste Panorama genießt man zweifelsohne auf der Holzbank einer der Osmize, wie die Buschenschanken hier heißen. Dazu am Teller Speck, Wurst und Käse, im Glas der heimische Terrano oder Malvasia – Herz, was willst du mehr?

Osmize und Eckerlkäse

Nach diesem Genuss ist jeder bereit für etwas Besonderes, zum Beispiel die Grotta Gigante. Diese Riesenhöhle ist beinahe 100 Meter hoch. „Da passt fast der Petersdom hinein“, weiß Emanuela. Und weil wir gerade bei Kirchlichem sind, fahren wir weiter zur Wallfahrtskirche am 330 Meter hohen Monte Grisa in Sichtweite zu Triest. Initiiert wurde der Bau von Bischof Antonio Santin gegen Ende des Zweiten Weltkriegs, als Dank dafür, dass die Stadt nicht zerstört worden ist. Über das eigenwillige Stahlbetondesign der 1960er-Jahre scheiden sich die Geister. Aber auch da mangelt es den Triestern nicht an Humor: „Wir sagen zur Marienkirche Eckerlkäse.“ Die Pfarrer sind davon nicht so begeistert, aber sie wissen: So sind sie halt, die Triester. Gott sei Dank!

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