Story

Valerie Huber im schau-Talk: „Wir müssen aufwachen!“

Von Europa nach Afrika, in die USA und wieder zurück: Mit ihren 28 Jahren hat Schauspielerin, Musikerin und Model Valerie Huber schon Dinge gesehen und erlebt, die nur wenigen von uns zuteilwerden. Ihre Sicht auf die Welt hat das maßgeblich geprägt. Die gebürtige Wienerin setzt sich aktiv für Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit ein. Wir haben mit ihr darüber gesprochen.
Valerie Huber Porträt vo grauem Hintergrund
In der Serie „Kitz“ spielte Valerie Huber ein wohlhabendes Instagram-Model. Auch im echten Leben modelt die 28-Jährige, ihre Bekanntheit setzt sie aber für Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit ein. © Netflix

In der Serie „Kitz“ spielte Valerie Huber Vanessa von Höhenfeldt: ein reiches Instagram-Model, das gerne dekadente Partys feiert und sich vor allem für ihr eigenes Image in­teressiert. Auch im wahren Leben ist Valerie Huber unter anderem als Model und auf In­stagram aktiv, dennoch könnte sich der „Kitz“-Charakter kaum stärker von ihrem unter­scheiden. Denn die Künstlerin nutzt ihre Bekanntheit, um auf die Klimakrise und die ärmsten Regionen der Welt aufmerksam zu machen. Im Interview mit schau spricht die 28-Jährige über ihre Kindheit in Ugan­da und an der Elfenbeinküste, ihre Arbeit als UNICEF-Beauftragte, Zukunftsprojekte und darüber, wie man es schafft, in einer krisengeplagten Welt nicht die Lebensfreude zu verlieren. 

Sie haben Ihre ersten sieben Lebensjahre in Afrika verbracht, weil Ihr Vater in der Entwicklungszusammenarbeit tätig war. Inwiefern hat Sie diese Phase Ihres Lebens geprägt?

Valerie Huber: Meine Kindheit in Afrika beeinflusst mich bis heute in ganz vielen Lebensbereichen. Dort herrscht trotz der oft miserablen Umstände eine ganz andere Lebensfreude und Menschlichkeit, die bei uns selten auffindbar ist. Die Zeit hat mich gelehrt, immer offen zu bleiben. Ich hatte ob meines äußeren Erscheinungsbilds nie das Gefühl, anders oder nicht willkommen zu sein. Ebenso hat Afrika mein Verhältnis zu Essen, Musik und Tanz geprägt, aber vor allem das Gefühl in mir, man müsse doch etwas gegen die Ungerechtigkeit und Armut auf diesem wunderbaren, vielseitigen Kontinent tun.

Wie haben Sie später den Unterschied zu Europa und den USA erlebt?

Valerie Huber: Das war ein ganz schöner Kulturschock. Als Kind nahm ich deutlich wahr, dass die Menschen im Vergleich zu Afrika auf einmal nicht mehr ganz so freundlich und warmherzig waren. Da war die amerikanische pseudofreundliche Oberflächlichkeit fast noch angenehmer als der Wiener Grant. Ein paar Wochen nach meiner Ankunft in Wien wurde ich als knapp achtjähriges Mädchen mit den Worten „Heast, des is a Fahrradweg, du Gschissene“ begrüßt. (lacht)

Sie sind nicht nur als Schauspielerin und Sängerin, sondern auch als UNICEF-Beauftragte aktiv. Welche Themen sind Ihnen in diesem Zusammenhang besonders wichtig und was möchten Sie im Zuge dieser Tätigkeit erreichen?

Valerie Huber: Besonders wichtig ist mir – natürlich ausgelöst durch die Jahre in Afrika –, auf die große weltweite soziale Ungerechtigkeit und Ungleichheit aufmerksam zu machen. Wir verstehen hier im Westen oft nicht, dass unser Lebensstandard nur so gut ist und unser Luxus nur existiert, weil es anderen Menschen – vor allem im globalen Süden – schlechter geht. Es liegt klar an uns, Verantwortung zu übernehmen und uns unseres Privilegs bewusst zu werden. Nur so können wir den Ländern, die wir jahrhundertelang ausgebeutet haben, etwas zurückgeben, um Gleichheit zu schaffen.

Was es heute noch schlimmer macht: Während wir weiterhin CO2 in die Luft pumpen und unsere Umwelt wegen unseres unersättlichen Drangs nach Profitmaximierung weiter zerstören, sind es die Ärmsten der Welt, die von den Auswirkungen des menschengemachten Klimawandels am stärksten betroffen sind. Sie verlieren jegliche Lebensgrundlage und müssen fliehen. Warum die Klimakrise immer eine soziale Frage ist? Bevor die Menschheit wirklich von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen ist, werden soziale Spannungen um natürliche Ressourcen und Lebensmittel zum noch viel bedrohlicheren Problem der Zukunft. UNICEF arbeitet unermüdlich in den ärmsten Regionen der Welt, um den Auswirkungen des Klimawandels vor Ort entgegenzuwirken.

Klimawandel, Plastikflut, Armut, Kriege – wie behält man eine positive Lebenseinstellung, wenn man sich intensiv mit Themen wie diesen auseinandersetzt?

Valerie Huber: Ehrlich gesagt ist das manchmal echt schwierig. Über das Thema habe ich dieses Jahr sogar ein Buch geschrieben (lacht). Es heißt „Fomo ­Sapiens“ und kommt Anfang nächsten Jahres heraus. Es geht um die gesunde Balance zwischen einem bewussten Aktiv-und-laut-Werden und dem Finden seines eigenen kleinen Glücks. Es ist heute so leicht, den Kopf in den Sand zu stecken. Wie soll man bei all diesen Nachrichten und Problemen denn glücklich sein? Darf man das denn überhaupt noch? Der Weg aus unserer Ohnmacht gelingt vor allem, wenn wir aus der Schockstarre oder dem „freeze and flight“-Modus kommen und in den „fight“-Modus umschalten. Nur durch ein gemeinsames, solidarisches Aufstehen und ein Aktivwerden können wir das Ruder in letzter Sekunde noch herumreißen. 

Genau deshalb wären heute junge Repräsentantinnen in der Politik so wichtig. Ich glaube, dass der typische „alte weiße Mann“, der für den Zustand unseres Planeten verantwortlich ist und ihn trotz planetarer Grenzen ausbeutet und abschlachtet, immer noch die Profitmaximierung als Priorität sieht, als die Konservierung unserer Erde und unserer Spezies. Fakt ist aber, dass es an uns liegt. Auch wenn es natürlich ganz klare Maßnahmen auf EU- und UN-Ebene geben muss, um große Veränderungen zu erzielen, sind es wir, die Bevölkerung, die die richtigen politischen Figuren wählen muss und sich gemeinsam erheben kann, um diesen Wandel einzufordern.

In Österreich sind derzeit die Einführung des Einweg-Pfands und die Erhöhung der Recyclingquoten als weitere Lösung gegen die Plastikflut in aller Munde. Ein weiterer wichtiger Schritt in Sachen Umweltschutz?

Valerie Huber: Das ist natürlich ein guter Schritt, aber sicherlich keine Gesamtlösung. Was wir brauchen, sind „radikalere“ Maßnahmen. Wenn wir Veränderung wollen, muss es irgendwo jemandem wehtun, und das wird für uns alle Verzicht in irgendeiner Form bedeuten müssen. Sei es im Verkehr, bei der Urlaubsbuchung oder beim Fleischverzehr. Die westlichen Gesellschaften müssen zur Verantwortung gezogen werden, sich zurücknehmen, um den Ausgleich zu schaffen, um unser Verhältnis zur Umwelt und zueinander wieder in Balance zu bringen. Einfach gesagt: Einwegplastik muss verboten werden, wir müssen auf erneuerbare Energie umsteigen, der Auto- und Flugverkehr muss eingeschränkt und revolutioniert werden, somit auch der Transport im Gütersektor. 

„Degrowth“ muss hier das Motto werden: zurück zu lokaler, saisonaler Produktion, weg von globalisierter, ausbeutender Billigproduktion im globalen Süden. Der Transport-, Energie- und Agrarsektor, die Kleidungs- und Lebensmittelindustrie, unsere Fortbewegungsmittel – das alles muss neu gedacht werden, sodass eine nachhaltige Zukunft möglich ist. Es ist allerhöchste Zeit für die österreichische Regierung, aus ihrer Apathie zu erwachen und die größte Krise unserer Zeit ernst zu nehmen, endlich ein wirksames Klimaschutzgesetz einzuführen und aktiv akute Lösungen und Maßnahmen zu präsentieren.

Sie sind sehr vielseitig in Ihrem Tun. Könnten Sie sich vorstellen, sich komplett auf eine Sache wie die Schauspielerei zu konzentrieren, oder ist gerade die Abwechslung das, was Sie antreibt?

Valerie Huber: Ich habe mich lange nur auf die Schauspielerei fokussiert, was sicherlich auch wichtig ist. Die Energie muss geballt in eine Richtung geschickt werden, wenn sie von dort auch zurückkommen soll. Trotzdem gibt es so viele Sachen, die mir unheimlich großen Spaß machen, und das Leben ist zu kurz, nicht den Mut zu haben, sie alle auszuprobieren.

Welche Projekte haben Sie in den kommenden Monaten geplant? Wird es bald Neues von Ihnen zu sehen oder zu hören geben?

Valerie Huber: In Kürze erscheint unter meinem Künstlernamen „Valeh“ das neue Lied „Gone with the Wind“, worauf ich mich schon sehr freue. Dann habe ich ein Filmprojekt, und im Januar 2025 kommt das Buch „Fomo Sapiens“ auf den Markt. Dazu wird es auch die ein oder andere Lesung geben.

Was war die bisher erfüllendste Rolle Ihres Lebens? 

Valerie Huber: Auch eine schwierige Frage! (lacht) Ich denke, dass ich heute die Möglichkeit habe, mit einer Organisation wie UNICEF Österreich zusammenzuarbeiten, Einblicke in ihre Projekte in Afrika zu bekommen, ihre Message zu verbreiten und sich damit der Kreis auf eine Art schließt, ist für mich eine der erfüllendsten Arbeiten beziehungsweise Rollen bis dato.

Noch ein Blick in die Zukunft: Was wünschen Sie sich für sich persönlich und was für die Welt?

Valerie Huber: Schön wäre weltweit gesehen ein kollektives Erwachen, ein Zurückfinden unserer entfremdeten Gesellschaft zur Solidarität, gezielte Friedenspolitik anstatt Aufrüstung, ein Bewusstsein für unsere Handlungen und demnach die nötigen Schritte und Maßnahmen, um vor allem dem Klimawandel und der sozialen Ungleichheit entgegenzuwirken, um die Menschen weltweit aus der Armut zu holen, sie vor Hunger und Leid zu bewahren und somit allen Menschen auf diesem Planeten ein gutes Leben in Würde zu ermöglichen. Was heute gar nicht schwierig wäre: Nur 2,9 Prozent des jährlichen Militärbudges der G7-Staaten würden ausreichen, um den weltweiten Hunger zu eliminieren!

Danke für das Gespräch!

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