schauvorbei.at: Mit dem neuen Schuljahr wurden die Bildungsregionen „Nord“ und „Süd“ eingeführt, um Infrastruktur und Zusatzangebote gezielter an demografische Entwicklungen anzupassen. Was bedeutet das konkret?
Daniela Winkler: Mit den Bildungsregionen „Nord“ und „Süd“ gehen wir einen wichtigen Schritt, um die burgenländische Bildungslandschaft noch effizienter und bedarfsgerechter zu organisieren. Wir sehen, dass die Bevölkerungsentwicklung regional sehr unterschiedlich verläuft – während in manchen Gegenden die Kinderzahlen steigen, nehmen sie in anderen Regionen ab. Mit den Bildungsregionen können wir diese Entwicklungen frühzeitig aufgreifen und Angebote entsprechend anpassen. Das betrifft nicht nur den Bau oder die Sanierung von Schulen, sondern auch Zusatzangebote wie Sprachförderung, Nachmittagsbetreuung oder besondere Bildungsprogramme.
Durch die regionale Steuerung können wir Synergien nutzen, Doppelgleisigkeiten vermeiden und gleichzeitig sicherstellen, dass jedes Kind – egal ob im nördlichsten oder südlichsten Teil des Landes – die gleichen Chancen hat. Die neuen Bildungsregionen bringen kürzere Entscheidungswege, passgenaue Lösungen für die jeweilige Region und ein klares Bekenntnis, Bildung wohnortnah und qualitativ hochwertig anzubieten.
schauvorbei.at: Die burgenländische Bildungsinfrastruktur ist in stetigem Wandel. Können Sie uns etwas über die aktuellsten Projekte und Pläne erzählen?
Daniela Winkler: Wir investieren laufend in unsere Bildungsinfrastruktur, weil wir davon überzeugt sind, dass gute Bildung moderne Rahmenbedingungen braucht. In den letzten Jahren wurden zahlreiche Standorte in den Gemeinden mit Unterstützung des Landes generalsaniert oder erweitert. Wir setzen auf zeitgemäße Lernumgebungen, in denen digitale Ausstattung, flexible Klassenräume und Aufenthaltsbereiche für Kinder den neuesten Standards entsprechen. Besonders hervorheben möchte ich die Weiterentwicklung unserer Bildungscampus, in denen Schulen und Kindergärten sowie die schulische Tagesbetreuung eng zusammenarbeiten und so ein durchgängiges Betreuungs- und Bildungsangebot schaffen. Und wir müssen uns immer vor Augen halten, dass eine Schule längst mehr ist als ein Lernort, sie ist ein Lebensraum für unsere Kinder.
schauvorbei.at: Finanzbildung und digitale Kompetenz, insbesondere in Bezug auf KI, sind heutzutage essenziell. Wie wird mit diesen Themen in den burgenländischen Bildungseinrichtungen umgegangen?
Daniela Winkler: Finanzbildung und digitale Kompetenz gehören zu den Schlüsselqualifikationen unserer Zeit. Im Burgenland haben wir früh begonnen, diese Themen aktiv zu fördern. Finanzbildung ist nicht nur ein Schlagwort, sondern findet sich in konkreten Projekten und im Unterricht wieder. Wir haben erst vor Kurzem für die zweiten Klassen Volksschulen ein Kinderbuch vorgestellt und übergeben, in dem die Geschichte des Geldes und altersgerechte Finanzbildung behandelt werden. Jedes Schulkind erhält auf Initiative des Verlags und der Autoren ein Buch kostenlos. Kinder und Jugendliche lernen realitätsnah, wie sie mit Geld umgehen, welche Bedeutung Budgetplanung hat und wie man Finanzentscheidungen auch schon in frühem Alter kritisch hinterfragen kann.
Im Bereich Digitalisierung sind wir laufend am Puls der Zeit. Die Schulen werden mit moderner Infrastruktur ausgestattet, Lehrkräfte werden regelmäßig geschult und wir schaffen digitale Lernangebote, die über den klassischen Unterricht hinausgehen. Besonders spannend ist der Bereich Künstliche Intelligenz. Hier geht es uns darum, Chancen und Risiken gleichermaßen zu thematisieren: Wie kann uns KI helfen, effizienter zu arbeiten und wo lauern Risiken und Gefahren? Wo müssen wir aufpassen, um Falschinformationen oder unkritische Nutzung zu vermeiden? Ziel ist, junge Menschen nicht nur zu Nutzerinnen und Nutzern, sondern dahingehend auszubilden, sich die digitale Welt sinnvoll zunutze zu machen.
schauvorbei.at: Die Schule ist nicht nur ein Ort des Lernens, sondern auch des sozialen Miteinanders. Wie können Kinder und Jugendliche im Umgang mit Fake News, Mobbing und Gewalt geschult werden?
Daniela Winkler: Das soziale Lernen ist mindestens genauso wichtig wie das fachliche Lernen. Unsere Kinder wachsen in einer Welt auf, in der sie täglich mit Informationen, und leider auch mit Fehlinformationen, konfrontiert sind. Darauf müssen wir sie vorbereiten. Im Burgenland setzen wir auf breit gefächerte Maßnahmen, zum Beispiel auf Projekte zur Gewaltprävention oder Anti-Mobbing-Trainings. Die Friedensburg Schlaining stärkt mit Beginn des Schuljahres 2025/26 ihre Rolle in der Friedenspädagogik und erweitert für Schulklassen das Angebot an Workshops und Projekten, vor Ort oder in den Schulen.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die enge Zusammenarbeit mit Expertinnen und Experten wie Psychologinnen und Psychologen, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern sowie der Polizei. Kinder und Jugendliche sollen wissen, wohin sie sich wenden können, wenn sie Hilfe brauchen. Gleichzeitig wollen wir die Klassengemeinschaften stärken, Respekt und Toleranz fördern und so ein Klima schaffen, in dem Ausgrenzung und Gewalt keinen Platz haben. Schule ist für mich ein Ort, an dem man nicht nur Wissen vermittelt, sondern auch Werte lebt – und genau das machen wir im Burgenland Schritt für Schritt.
schauvorbei.at: Laut Statistik Austria liegt das Burgenland bei der Kinderbetreuung bundesweit an der Spitze. Welche Maßnahmen der vergangenen Jahre haben dazu beigetragen und welche weiteren sind geplant?
Daniela Winkler: Das Burgenland ist heute das familienfreundlichste Bundesland. Das ist kein Zufall, sondern das Ergebnis einer konsequenten Politik über viele Jahre. Wir haben den Kindergarten nicht nur beitragsfrei gemacht, sondern auch ganzjährig geöffnet und das bereits ab der Kinderkrippe. Und wir haben für flächendeckende Ferienbetreuung gesorgt, sodass Eltern ihre Kinder auch in den Sommermonaten gut aufgehoben wissen und dem Urlaubsanspruch das Auslangen finden.
Diese Maßnahmen entlasten Familien enorm und haben gleichzeitig die Vereinbarkeit von Beruf und Familie deutlich verbessert. In Zukunft wollen wir diese Angebote noch flexibler gestalten – beispielsweise durch längere Öffnungszeiten in manchen Regionen oder durch zusätzliche Unterstützungsangebote für Kinder mit besonderen Bedürfnissen. Unser Ziel bleibt: Jedes Kind im Burgenland soll die bestmögliche Betreuung und Förderung erhalten, unabhängig vom Einkommen oder Wohnort der Eltern.
schauvorbei.at: Durch umfassende Betreuungsangebote, vom kostenlosen Ganzjahreskindergarten bis zur Ferienbetreuung, ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf im Burgenland gesichert. Dennoch arbeiten viele Frauen in Teilzeit und der Gender-Pension-Gap liegt aktuell bei 40,5 %. Was muss getan werden, um Frauen bessere Möglichkeiten einer Vollzeitbeschäftigung zu bieten?
Daniela Winkler: Wir haben mit den Kinderbetreuungsangeboten eine wesentliche Voraussetzung geschaffen, damit Eltern, Frauen oder Erziehende überhaupt die Möglichkeit haben, Vollzeit zu arbeiten. Aber wir wissen auch, dass das allein nicht reicht. Wir brauchen darüber hinaus eine Arbeitswelt, die Frauen dieselben Chancen eröffnet wie Männern. Das heißt, flexible Arbeitszeitmodelle, bessere Karriereperspektiven, gleiche Bezahlung und vor allem ein Umdenken in den Betrieben. Meist sind es immer noch Frauen, die den Großteil der Sorgearbeit leisten. Hier braucht es ein gesellschaftliches Umdenken und auch eine stärkere Einbindung der Väter.
Wenn es gelingt, Familienarbeit partnerschaftlicher aufzuteilen und gleichzeitig gute Rahmenbedingungen am Arbeitsmarkt zu schaffen, wird auch der Gender-Pension-Gap langfristig kleiner werden oder verschwinden. Mein Ziel ist, dass Frauen im Burgenland frei entscheiden können, ob sie Teilzeit oder Vollzeit arbeiten möchten – und zwar ohne dass ihnen dadurch finanzielle Nachteile im Alter entstehen.
schauvorbei.at: Angesichts der Teuerung geraten immer mehr Familien unter finanziellen Druck. Welche Unterstützungsleistungen gibt es im Burgenland und sind weitere geplant?
Daniela Winkler: Die Teuerung trifft viele Familien hart. Deshalb ist es unsere Aufgabe, gerade sie gezielt zu entlasten. Im Burgenland haben wir eine Liste an Unterstützungsmaßnahmen für Menschen, die sie brauchen: beitragsfreier Ganzjahreskindergarten, Mittagessensförderung, Schulstartgeld, Heizkostenzuschüsse und Mietpreisdeckel sowie spezielle Unterstützungsleistungen für Alleinerziehende. Diese Maßnahmen machen einen spürbaren Unterschied im Alltag der Familien.
Wir beobachten die Situation laufend und reagieren, wenn es notwendig ist. Mir ist wichtig, dass Unterstützung dort ankommt, wo sie wirklich gebraucht wird. Deshalb denken wir auch über weitere Maßnahmen nach, die Familien in der aktuellen Situation entlasten können.
schauvorbei.at: Was wünschen Sie sich für die nächsten Jahre, insbesondere was das Familienleben und den Bildungsbereich im Burgenland betrifft?
Daniela Winkler: Mein Ziel ist, dass das Burgenland weiterhin das familienfreundlichste Bundesland bleibt und dass wir noch mehr junge Menschen davon überzeugen können, dass das Burgenland ein perfekter Ort zum Leben ist und man hier die Zukunft gut gestalten kann. Ich wünsche mir, dass unsere Kinder die besten Chancen auf Bildung, persönliche Teilhabe und Entwicklung haben. Dafür braucht es moderne Schulen, engagierte Pädagoginnen und Pädagogen sowie ein Umfeld, das Kinder und Jugendliche bei der Entfaltung unterstützt.
Für die Familien wünsche ich mir, dass sie auf verlässliche Strukturen bauen können, vom kostenlosen Ganzjahreskindergarten über flexible Betreuung bis hin zu einem Bildungssystem, das keine Unterschiede macht. Es muss uns allen bewusst sein, welche Rolle Familien mit Kindern für die Gesellschaft haben. Familie oder Eltern zu sein, bringt viele Entbehrungen mit sich und daher sollen sie volle Unterstützung erfahren. Kinder sind unsere Zukunft und Familien das Rückgrat der Gesellschaft. Ohne sie hätte alles keinen Sinn.
Und persönlich ist es mir wichtig, dass wir in den nächsten Jahren unserer Linie treu bleiben und unsere Wege weitergehen. Unser Ziel ist, das Burgenland als Modellregion für Bildung und Familienpolitik weiterzuentwickeln.
schauvorbei.at: Vielen Dank für das Gespräch!