Ist es ein absurder Krimi oder doch ein Politthriller? Friedrich Dürrenmatts „Die Physiker“ könnte mit seinen vielen Wendungen und den skurrilen Figuren seine Dramaturgie der Quantenphysik entlehnt haben. Ausgangssituation ist eine wissenschaftliche Entdeckung, die für die Menschheit gefährlich sein könnte und deshalb unter allen Umständen vor der Weltöffentlichkeit geheim gehalten werden muss. Und was wäre ein besseres Versteck dafür als eine Nervenheilanstalt?
Aber von vorne. Inspektor Voss wird nun schon zum zweiten Mal ins Sanatorium der Psychiaterin Dr. Mathilde von Zahnd gerufen. Bereits vor einem halben Jahr wurde eine Krankenschwester erdrosselt. Nun liegt Schwester Irene hingestreckt auf dem Teppich ausgerechnet jener Villa, in der Dr. von Zahnd „ihre Physiker“ untergebracht hat. Je länger die Ermittlungen fortschreiten, umso groteskere Züge entwickelt der kriminalistische Fall. Hat Dr. von Zahnd die Kontrolle über ihre Patienten verloren? Warum behaupten zwei Patienten, sie seien die längst verstorbenen Physiker Einstein und Newton, während sich der dritte Möbius nennt und ebenfalls auf dem Gebiet der Atomphysik forscht?
Friedrich Dürrenmatts berühmtestes Stück entstand 1961 vor dem Hintergrund der atomaren Aufrüstung im Kalten Krieg. Seine Warnung vor dem Missbrauch wissenschaftlicher Erkenntnisse durch die Mächtigen und die Frage nach der Verantwortung der Naturwissenschaftler*innen erlangt auch in der heutigen angespannten weltpolitischen Situation zwischen Ost und West ungeahnte Relevanz. Zwischen politisch-moralischen Fragen und überbordend komödiantischen Szenen richtet Dürrenmatt seinen Appell an zukünftige Generationen: „Was alle angeht, können nur alle lösen.“