Karrierefaktor Stimme: Wie der Ton über den Erfolg bestimmt
Ob Bewerbungsgespräch, Präsentation oder Zoom-Meeting: Wer im Beruf wirken will, muss auch stimmlich überzeugen. Warum unsere Stimme im Job zum unterschätzten Werkzeug wird, welche Rolle unser Atem dabei spielt und wie wir sie stärken können, erklärt Sprechtrainerin und Unternehmerin Daniela Zeller im Interview mit schauvorbei.at.
Das Meeting läuft gut – bis die eigene Stimme versagt. Sie wird zu hoch, zu dünn und klingt angestrengt. Der Inhalt mag stimmen, doch das Gefühl bleibt: Man hat sich nicht richtig zeigen können. So geht es vielen – gerade im beruflichen Umfeld. Denn unsere Stimme entscheidet oft schneller über Sympathie, Vertrauen und Autorität, als uns bewusst ist. Was dahintersteckt, verrät uns die Leiterin der Freiraum Kommunikation Akademie und ehemalige Ö3-Moderatorin Daniela Zeller im Gespräch.
schauvorbei.at: Frau Zeller, warum ist unsere Stimme gerade im beruflichen Kontext so entscheidend und trotzdem so oft unterschätzt? Daniela Zeller: Weil wir über die Stimme sehr stark wirken – und zwar unabhängig vom Inhalt. Menschen nehmen uns nicht nur über das wahr, was wir sagen, sondern vor allem über das Wie. Studien zeigen, dass der Stimmklang etwa ein Drittel unserer Außenwirkung ausmacht. Das heißt: Eine Stimme, die frei, geerdet und nuancenreich klingt, erzeugt automatisch mehr Vertrauen und Kompetenz. Umgekehrt irritieren gepresste, zu hohe oder zu monotone Stimmen – selbst wenn die Inhalte stimmen.
schauvorbei.at: Viele möchten „echt“ wirken, aber gleichzeitig professionell und klar klingen. Wie lässt sich das vereinen?
Daniela Zeller: Das lässt sich nicht nur vereinen, es gehört zusammen. Eine authentische Stimme ist nichts Aufgesetztes, sondern entsteht, wenn der Körper in Balance ist. Unsere natürliche Stimme ist eigentlich frei – nur im Laufe der Zeit kommen Verspannungen, Fehlhaltungen und ein angelerntes „Sprechmuster“ hinzu. Diese engen den Klangraum ein. Wer beginnt, diese Einschränkungen abzubauen – durch gezielte Arbeit mit dem Atem, mit dem Körper, mit der Artikulation – kommt wieder zu dieser ursprünglichen, unverstellten Stimme zurück.
schauvorbei.at: Was genau macht eine „freie Stimme“ aus?
Daniela Zeller: Sie ist beweglich, tragfähig, klar – und hat Zugriff auf die ganze Bandbreite des Ausdrucks. In den helleren Tonlagen finden wir die Wirkung von Lebendigkeit, Freude, Aktivität. In den tieferen Tonlagen erleben wir Ernsthaftigkeit, Ruhe, Kompetenz, Autorität. Wenn die Stimme eingeschränkt ist, fehlen uns diese Spielräume – wir klingen dann entweder monoton, zu schmal, zu hoch oder dumpf. Das ist nicht nur hörbar, sondern auch spürbar – für uns selbst und für unsere Zuhörer.
„Die Arbeit mit meiner Stimme hat meine Persönlichkeit verändert – ich wurde klarer, präsenter, resilienter. Sie spiegelt unsere mentale, körperliche und emotionale Verfassung. Wenn wir an ihr arbeiten, arbeiten wir automatisch auch an Haltung, Atem, Körperbewusstsein. Das verändert, wie wir denken, wie wir entscheiden, wie wir auftreten. Ich hätte nie gedacht, dass Stimmarbeit so tiefgreifend wirkt – aber sie tut es. Und das macht sie so kraftvoll.“
Daniela Zeller, Sprechtrainerin und Unternehmerin
schauvorbei.at: Wie gelingt es, diese stimmliche Freiheit zurückzugewinnen? Daniela Zeller: Der Schlüssel liegt in unserem Körper. Die Stimme ist ein körperlicher Vorgang und sie reagiert unmittelbar auf Verspannungen. Deshalb beginnt alles mit dem Lösen körperlicher Enge: im Nacken, in den Schultern, im Kiefer, in der Bauchdecke. Auch der Atem spielt eine zentrale Rolle. Ein freier Atemfluss, bei dem sich beim Einatmen die Bauchdecke hebt und beim Ausatmen wieder senkt, gibt der Stimme Raum und Tiefe. Leider atmen viele im Alltag zu hoch, zu flach und zu schnell – besonders in stressigen Situationen. Das schränkt die Stimme ein und erzeugt wiederum Anspannung. Ein guter Atem ist ruhig, tief und selbstregulierend. Und kommt direkt aus dem Bauch!
schauvorbei.at: Gibt es eine einfache Übung für den Einstieg?
Daniela Zeller: Ja, eine ganz grundlegende Übung wäre: sich die Hand auf den Unterbauch legen, ruhig einatmen und beobachten, ob sich die Bauchdecke hebt. Beim Ausatmen kann man auf einem langen „F“ , zum Beispiel mit dem Wort „Frische“, ausatmen – so lange, bis die Luft leer ist. Dann nicht aktiv einatmen, sondern warten, bis der nächste Einatem ganz natürlich von selbst kommt. Das trainiert nicht nur den Atemfluss, sondern beruhigt auch das vegetative Nervensystem – und genau das ist wichtig, wenn wir in belastenden Situationen eine klare Stimme brauchen.
schauvorbei.at: Was passiert eigentlich auf der Ebene des Gegenübers, wenn wir zu eng oder unnatürlich sprechen?
Daniela Zeller: Sehr viel mehr, als uns bewusst ist. Unser Nervensystem nimmt den Stimmzustand des anderen auf – das passiert über sogenannte Spiegelneuronen. Wenn jemand flach und hastig atmet oder gepresst spricht, reagiert das Gegenüber ebenfalls mit Anspannung. Das passiert unbewusst, aber es beeinflusst, wie wir Inhalte wahrnehmen. Oder anders gesagt: Wenn wir unnatürlich klingen, fühlt sich auch unser Gegenüber nicht wohl – und schaltet womöglich ab.
schauvorbei.at: Welche Gewohnheiten sind stimmlich besonders hinderlich?
Daniela Zeller: Räuspern, Flüstern und zu lautes Sprechen schaden der Stimme langfristig. Aber auch die Körperhaltung spielt eine enorme Rolle. Zu wenig Körperspannung flacht den Atem ab – zu viel Körperspannung macht ihn eng. Beides wirkt sich negativ auf den Klang aus. Wenn ich zusammensacke oder übermäßig anspanne, verliert meine Stimme an Tragfähigkeit. Stimme, Atem und Körperhaltung sind ein verbundenes System – und dieses System sollte im Fluss sein.
schauvorbei.at: Was zeichnet stimmliche Souveränität aus?
Daniela Zeller: Souveränität beginnt mit Präsenz. Wer ganz im Moment ist, klingt klarer. Dazu gehören auch eine aufrechte, offene Körperhaltung, klare Artikulation, ein Gefühl für Tempo – und Mut zur Pause. Und nicht zuletzt: ein inneres Gleichgewicht. In der Stimmpädagogik sprechen wir vom „eutonen Zustand“ – also einer ausgewogenen Spannung, die nicht verkrampft und nicht schlapp ist. Das ist der Zustand, in dem Stimme sich frei entfalten kann.
schauvorbei.at: Wie gelingt stimmliche Präsenz im Homeoffice – trotz Bildschirm und fehlender Körpersprache?
Daniela Zeller: Gerade online ist deutliche Artikulation besonders wichtig. Der körperliche Eindruck fällt weg – umso mehr zählt die Stimme. Deshalb: bewusst sprechen, den Mund richtig öffnen, Sätze zu Ende bringen. Auch regelmäßige Bewegung ist entscheidend, denn beim langen Sitzen wird die Wirbelsäule unbeweglich – das hemmt den Atem. Kleine Übungen wie Schulterkreisen, Drehen des Oberkörpers oder ein kurzes Aufstehen und Recken helfen, die Atemmuskulatur aktiv zu halten – und damit auch die Stimme.
schauvorbei.at: Zum Abschluss: Was raten Sie leisen, zurückhaltenden Menschen, die trotzdem gehört werden wollen?
Daniela Zeller: Präsenz hat nichts mit Lautstärke zu tun. Ich rate: Sprechen Sie weniger – aber deutlich. Machen Sie den Mund auf, artikulieren Sie klar, bringen Sie Botschaften auf den Punkt. Körpersprache, Blickkontakt, eine klare Haltung – all das zählt. Es geht nicht darum, sich zu verstellen oder „mehr“ zu werden, sondern das, was man sagt, klar zu transportieren. Auch das ist Stärke.
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