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3. Mai 2024
Familie

Die Herausforderungen moderner Väter: 6 Strategien für Balance und Unterstützung

Heutzutage stehen Väter vor vielfältigen Herausforderungen, die von traditionellen Rollenbildern bis hin zu Stress reichen. Wie können Männer eine gesunde Balance zwischen Beruf und Familie finden und gleichzeitig ihr emotionales Wohlbefinden stärken? Psychotherapeut Manuel Zeitler hat mit schauvorbei.at über die spezifischen Schwierigkeiten gesprochen und dabei konkrete Strategien zur Stressbewältigung verraten.

Vater und Tochter stehen vor dem Waschbecken und putzen sich die Zähne
Die Rolle der Väter in der Familie sieht heute ganz anders aus als noch vor einigen Jahren. © Getty Images

Welche spezifischen Herausforderungen sehen Sie, mit denen Väter heute konfrontiert sind, und welche Auswirkungen haben diese auf ihr emotionales Wohlbefinden und ihre Familienbeziehungen?
Manuel Zeitler: Die Herausforderungen für Väter haben sich im Vergleich zu früheren Generationen deutlich verändert. Die gesellschaftliche Entwicklung, insbesondere im Zusammenhang mit der Industrialisierung, hat das traditionelle Männerbild stark beeinflusst. Heutzutage stehen Väter vor der Aufgabe, eine eigene Identität als Vater zu finden und gleichzeitig den gesellschaftlichen Erwartungen und den Wünschen ihrer Partnerinnen bzw. Partner gerecht zu werden. Oft orientieren sie sich dabei, vor allem im gegenseitigen Sinn, an den Rollenbildern ihrer eigenen Väter. Und das ohne konkret zu wissen, wie sie ihr eigenes Bild des modernen Vaters umsetzen können. Diese Suche nach einer eigenen, stimmigen Rolle als Vater kann zu einer erhöhten psychischen Belastung und Unsicherheit führen.

Gibt es einen Unterschied in der Zuneigung, die Mütter und Väter gegenüber ihren Kindern empfinden?
In der Vergangenheit wurden traditionelle Familienrollen oft so gelebt, dass die Beziehung zu den Kleinkindern hauptsächlich von der Mutter übernommen wurde. Die Väter lebten eine distanziertere Form der Beziehung. Sie wurden von den Kindern als Autoritätsperson wahrgenommen, die Regeln aufstellten und Regelbrüche bestraften. Heute sind Väter viel aktiver an der Pflege und Versorgung ihrer Kinder beteiligt. Sie empfinden die Beziehung zu ihren Kindern als wertvolle Lebenserfahrung.

Welches Stressempfinden können Männer in Bezug auf die Herausforderungen der Elternschaft haben?
Männer stehen vor der Herausforderung, sich in die Beziehung zu ihrem Kind einzulassen. Im gesellschaftlichen Kontext sind sie allerdings meist nicht mit Beziehungen, sondern vielmehr mit der Lösungen von Problemen beschäftigt. Das Gefühl von Ohnmacht gegenüber den Bedürfnissen eines Kindes kann massiven Stress auslösen. Die Stressreaktionen reichen von Flucht oder Angriff bis hin zur Niedergeschlagenheit und Sinnlosigkeitsempfinden. Die Stressbewältigung in der Elternschaft sollte daher noch viel mehr im Mittelpunkt der gesellschaftlichen Diskussion stehen.

Es ist entscheidend, dass Väter sich ihrer eigenen Beziehungsmuster bewusst werden.

Manuel Zeitler

Können Sie konkrete Tipps und Strategien teilen, die Väter im Hinblick auf die Balance zwischen Beruf und Familie unterstützen?
Es gibt mehrere Strategien, die dabei helfen, einen gesunden Umgang mit Stress und Druck zu entwickeln. Es ist entscheidend, dass Väter sich ihrer eigenen Beziehungsmuster bewusst werden.

  • Selbstreflexion: Es ist wichtig, sich selbst gut wahrzunehmen,  seine persönlichen Grenzen zu kennen und eine gewisse Selbstreflexionskompetenz zu entwickeln. Dies kann durch offene Gespräche mit anderen Vätern oder mit dem eigenen Vater sein, um die eigene Familiengeschichte besser verstehen und reflektieren zu können.
  • Achtsamkeit im Umgang mit sich selbst und den anderen. Damit ist gemeint, auch weiterhin auf „freie Zeiten“ für sich, Hobbys, „Zeit zu zweit“ und Freundschaften zu achten.
  • Familiengeschichte erforschen: Man setzt sich tiefgehend mit der eigenen Familiengeschichte auseinander. Indem man den eigenen Eltern Fragen zum Beispiel zum Erziehungsstil stellt, kann man sich besser mit seinem Selbstverständnis als Vater und den eigenen Erwartungen auseinandersetzen.
  • Ressourcen: Es gibt viele Ressourcen wie Bücher, Workshops, und Männerberatungsangebote. Sie können dabei helfen, sich kognitiv und emotional auf die Rolle als Vater vorzubereiten und ein tieferes Verständnis für die Herausforderungen und Verantwortlichkeiten zu entwickeln.
  • Offener Austausch in der Partnerschaft: Es ist wichtig, offen und wesentlich mit der Partnerin oder dem Partner über die eigenen und gemeinsamen Vorstellungen, Erwartungen und Ängsten bezüglich der Familienplanung und der Rolle als Vater zu sprechen. Beziehungstiefe und Verbundenheit sind wirksame Faktoren, um spätere Stresssituationen konstruktiv zu bewältigen.
  • Stressmanagement: Weitere Unterstützungmöglichkeiten bei anhaltenden Stress aufsuchen. Väter können professionelle Hilfe in Anspruch nehmen – sei es pädagogische Beratung, Psychotherapie oder Paartherapie. Auch verschiedene Workshops zum Thema Stress in der Elternschaft sind wichtige Orientierungshilfen.

Welche Rolle spielen beispielsweise Vätergruppen oder Online-Plattformen, bei der Bewältigung von Problemen?
Professionell begleitete Unterstützungsnetzwerke wie Vätergruppen oder Online-Plattformen spielen heute eine immer stärkere Rolle bei der Suche nach Informationen zum Vatersein. Vätergruppen bieten die Möglichkeit, sich mit anderen Vätern auszutauschen und Erfahrungen zu teilen. Durch den offenen Austausch können neue Perspektiven und Lösungsansätze entstehen.

Vielen Dank für das Gespräch!