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9. Mai 2024
Lifestyle

Gestärkt mit TCM: Praxistipps für Stressgeplagte

Innere Unruhe, schlechter Schlaf, Energie- und Antriebslosigkeit: Auf all diese Probleme hat die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) eine natürliche Antwort. schauvorbei hat Expertin Sabine Steiner um Praxistipps für Betroffene gebeten.

Pärchen sitzt im hohen groß vor einer idyllischen Bergkulisse.
Durch gelebte Entspannung mit Tipps aus der TCM findet man auch im stressigen Alltag Ruhe. © Getty Images

Yin und Yang ist sicher vielen ein Begriff. Es steht für Gegensätze, die sich ergänzen und einander bedingen – schwarz und weiß, männlich und weiblich, stark und schwach, kalt und warm. Ein Teil alleine kann nie zu einem Gleichgewicht führen, für Harmonie braucht es immer beide. So führt erst die Verbindung von Hitze und Kälte zu einer angenehmen Temperatur. Die Traditionelle Chinesische Medizin, kurz TCM, setzt an diesem Punkt an. Sie beschreibt Krankheitsbilder anhand von Überschüssen oder Mängeln bei Yin oder Yang.

Innere Kraft und Ruhe

Der typische westliche Lebensstil führt zu einem Yang-Überschuss. Man hat Terminstress, sitzt die meiste Zeit vor dem Bildschirm und isst zu viel, zu rasch, zu unre­gelmäßig und zu fett. „Aus Sicht der TCM verbraucht sich dadurch einerseits das Nieren-Yang – Erschöpfung und Antriebslosigkeit entstehen. Anderseits führt es dazu, dass es zu einem generellen Yin- und Blutmangel kommt, weil das nährende Element auf der körperlichen Seite fehlt. Der achtsame Umgang mit sich selbst auf der psychischen Seite wird ignoriert und daraus resultieren innere Unruhe und Nervosität. Wenn die negative Spirale längere Zeit andauert, kommen Schlafstörungen hinzu“, weiß Sabine Steiner, Doktorin der Gesundheitswissenschaften mit TCM-Praxen in Neusiedl am See und Mönchhof.

Doch wie kann man diese Spirale durchbrechen? Indem man sich Zeit für einen achtsamen Umgang mit sich selbst nimmt. Als erste Stufe der Heilung wird von der TCM das Verändern der inneren Einstellung angestrebt. Das bedeutet, dass man sich klar bewusst macht, was man ändern möchte. Mit einfachen Schritten erreicht man dann wieder das Bewusstsein dafür, was einem gut tut und findet dadurch zu Gelassenheit und Leichtigkeit. „Dabei ist das Gefühl der inneren Ruhe immer da, man muss sich nur wieder etwas auf sich selbst fokussieren,“ erklärt die Burgenländerin.

Das A und O

Hilfreich, um diese Ruhe zu spüren, ist Bewegung. Qi Gong oder Yoga sind für viele Menschen der richtige Weg. Aber es kann auch Laufen, Mannschaftssport oder Krafttraining sein. „Mit Bewegung werden immer Stresshormone abgebaut und Energien aufgebaut. Entspannung entsteht danach und innere Ruhe wird gefördert“, so Steiner. Zu welchem Sporttyp man sich auch zählt, wichtig ist die Regelmäßigkeit. Lieber fünf Mal in der Woche zehn Minuten Yoga praktizieren als einmal in der Woche 50 Minuten. 

Einen wesentlichen Anteil hat auch die Ernährung. Regelmäßige Mahlzeiten bauen das Qi, die Lebensenergie, wieder auf. „Alles, was ich zu mir nehme, hat auch direkt Einfluss auf mein Wohlbefinden. Wenn ich mich energiegeladen und innerlich stark fühle, kann ich dem Leben und seinen Anforderungen wieder leicht begegnen. Lebensmittel, die die innere Mitte stärken, sind daher die richtigen, um innerer Unruhe und Stress entgegenzuwirken“, erklärt die 52-Jährige. Deswegen sollten beim Frühstück Haferflocken und Honig nicht fehlen.

Des lieben inneren Friedens willen sollten auch Chinakohl und Endiviensalat auf die Speisekarte. Getreide sättigt lange und sorgt für innere Ruhe. Für den kleinen Hunger zwischendurch sind Weintrauben und Zuckermelone empfehlenswert. Zusätzlich kann auch CBD in Form von Tee, Kapseln oder Öl für mehr Entspannung sorgen. Um das innere Gleichgewicht zu behalten, sollten Kaffee, Kakao und Schwarztee nur in Maßen genossen werden. Auch Knoblauch und Zwiebel können nicht nur für schlechten Atem, sondern auch für innere Unruhe sorgen. Die typischen Weihnachtsgewürze Zimt, Nelken, Anis und Ingwer belässt man auch besser im Gewürzregal, wenn man unter Spannung steht.

Schlafen ist die beste Medizin

Apropos Unruhe: Wenn es durch zu viel Stress untertags abends zu Ein- oder Durchschlafproblemen kommt, verwendet man in der TCM Heilkräuter und Rezepturen, um die eigene Mitte zu finden. „Immer mehr TCM-Experten setzen auf westliche Kräuter, da diese in der Wirkung den überlieferten Rezepturen um nichts nachstehen“, erklärt Steiner. Gegen Stresssymptome hat sich ein westliches Heilkraut besonders bewährt: die Passionsblume. Sie wirkt positiv auf Niere, Leber und nährt das Herz. Dadurch beruhigt sie bei emotionaler Anspannung und wirkt dem Grübeln entgegen, wenn in der Nacht die Gedanken beginnen, auf Wanderschaft zu gehen. Die Passiflorae wirkt zudem einer Leber-Qi-Stagnation entgegen, was immer mit vorausgegangenem übermäßigem Ärger in Verbindung steht. Dazu gibt es eine bewährte Anti-Stress-Rezeptur aus der TCM mit westlichen Kräutern von der Expertin:

  • 5 Anteile Passionsblume
  • 6 Anteile Weißdornblüten
  • 4 Anteile unreife Himbeeren
  • 4 Anteile Schafgarbe
  • 4 Anteile Rosmarin
  • 2 Anteile Süßholz

Einfach beim Apotheker des Vertrauens auf 100 Gramm mischen lassen. Einen gehäuften Teelöffel mit heißem Wasser übergießen und eine Ziehzeit von zehn Minuten abwarten. „Da die Passionsblume zwar ruhig und gelassen macht, aber nicht müde, kann man bis zu drei Tassen über den Tag verteilt trinken. Bei Einschlafproblemen der Teemischung noch fünf Anteile Hopfen beimengen und abends eine halbe Stunde vor dem Schlafengehen zubereiten“, erklärt Steiner.

Akupunktur ohne Nadeln

Wer sich trotz genügend Schlaf immer ausgelaugt fühlt, hat es wahrscheinlich mit einem Yin-Mangel zu tun. Wiederkehrende Infektionen sowie Erschöpfungszustände können ein Anzeichen sein. In solchen Fällen hilft zum Beispiel Akupunktur. Jeder der insgesamt mehr als 350 Akupunkturpunkte wirkt auf Körper und Geist. „Das Erfreuliche ist, dass man keine Nadeln verwenden muss. Mittlerweile weiß man, dass Laser- und Magnetakupunktur ebenso effektiv sind“, so Steiner. Bei Stresssymptomen wird in der TCM immer das Herz als Sitz des Geistes, der Psyche und der Seele vorrangig behandelt. Bei Ängstlichkeit, Übererregbarkeit und Schlaflosigkeit verwendet man Akupunktur, um wieder sein inneres Gleichgewicht finden zu können. Einiges davon kann man mittels Akupressur selbst anwenden. Einfach in kreisenden Bewegungen mit spürbarem Druck für zwei bis fünf Minuten stimulieren. Hier die drei Favoriten von Sabine Steiner:

  • Einer der wichtigsten Hauptpunkte ist Herz 4, übersetzt heißt er „Pfad des Geistes“. Er befindet sich drei Fingerbreit über der Handbeuge neben der Mulde der  Innenhandsehne. Er nimmt Sorgen, wirkt beruhigend, hilft gegen Nervosität und gibt Leichtigkeit, wie auch Gelassenheit zurück.  
  • Herz 8, genannt „Verlorengegangener Palast“, regt den Energiefluss an. So geht die Atmung tiefer, man kann wieder Freude empfinden und er beruhigt auch den Gedankenstrom. Dieser Punkt wird nicht genadelt und eignet sich besonders für Akupressur. Man findet ihn in der Handinnenfläche zwischen dem vierten und fünften Mittelhandknochen in einer deutlichen Vertiefung. Er hilft auch gegen Prüfungsangst.
  • Der dritte Akupunkturpunkt Blase 23 – oder auch Shensu – befindet sich am Rücken, in einer Mulde unterhalb des zweiten Lendenwirbels. „Das Tor des Lebens“ leitet das Qi und somit die Energie direkt zu den Nieren. Er baut die Grundenergie wieder auf, die sich erschöpft, wenn man über einen längeren Zeitraum immer wieder sein Energieniveau nicht beachtet und wie bei einem Suppentopf immer nur abschöpft, aber nichts nachfüllt. So erschöpft sich unsere Lebensenergie, Müdigkeit und Abgeschlagenheit machen sich breit. Shenshu stärkt die Sexualität und die Lebenskraft. Dadurch fühlt man sich zentrierter, bewusster und klarer.