×
27. April 2024
International Reise

Das wilde Colorado

Vom schwarzen Canyon bis zum pittoresken Goldgräberstädtchen, von den höchsten Sanddünen Nordamerikas bis hinauf auf 4.300 Meter: Ein Roadtrip durch den Mountain State Colorado verspricht einzigartige Erlebnisse.

Blick in den Black Canyon of the Gunnison National Park in Colorado im Lichte des Sonnenuntergangs
Im Black Canyon of the Gunnison National Park stürzen die schwarzen Gneiswände bis zu 555 Meter in die Tiefe. © www.philipscheetzphoto.com

Ich habe in ein schwarzes Loch geblickt. Nicht am Himmel, sondern zu ebener Erd’. Es war im Westen von Colorado, bei einem Roadtrip zu den beeindruckendsten Naturwundern dieses an landschaftlichen Schönheiten so reichen Bundesstaates der USA. Beim Namen Black Canyon of the Gunnison hätte ich schon Verdacht schöpfen müssen. Ich steige also an einem View Point nichtsahnend aus dem Auto und mache ein paar Schritte nach vorne. Und da ist es. Ein tiefes, schwarzes Loch, das sich hier vor einem auftut. Schwarze Felswände stürzen wegen der Härte des Gesteins senkrecht in die Tiefe, und am Fuß dieses gigantischen Canyons schlängelt sich ein wilder Fluss, der Gunnison River.

Bis zu 555 Meter darüber hört man nur mehr wenig vom lauten Rauschen des Wassers. In der Erhabenheit des Augenblicks regiert vor allem die Stille der Natur. Die Schlucht wird so eng, dass nur wenig Sonnenlicht bis auf den Grund fällt. In Millionen von Jahren hat der Gunnison River diese bizarre Landschaft geschaffen, indem er sich in den Sandstein gegraben hat. Und er hört auch heute nicht damit auf: Rund drei Zentimeter kommen jedes Jahrhundert hinzu.

Der Black Canyon of the Gunnison ist einer von insgesamt 63 National Parks in den 50 Bundesstaaten der USA, vier davon befinden sich in Colorado. Darüber hinaus gibt es auch etliche kleinere State Parks und National Monuments, die einen Roadtrip durch Colorado zu einer erlebnisreichen Reise durch vielfältige Landschaften und Naturräume machen.

Jeder Umweg ist ein Gewinn

Die Tour beginnt im äußersten Westen, auf der Interstate 70 von Utah kommend (siehe „Natur pur in Utah“). Ein paar Meilen nach der Staatsgrenze wählt man am besten den ersten von so manchen Umwegen, die eine Reise bereichern. Denn bekanntlich ist ja der Weg das Ziel.

Bei Fruita geht es runter von der Hauptstraße und rechts durch die vielfarbige Halbwüste des Colorado National Monument den Berg hinauf. Hier leben viele Greifvögel wie der Steinadler oder der Truthahngeier, weshalb das Naturschutzgebiet als „Important Bird Area“ gilt. Von den Aussichtspunkten des kurvigen Rim Drive sieht man weit ins Land des Grand Valleys, bevor man nach 50 Kilometern wieder hinunter auf die Hochebene bei Grand Junction kommt, von wo es eine Stunde ins Städtchen Montrose und zum South Rim Drive des Black Canyon of the Gunnison sind.

Wer da ins schwarze Loch und auf einen reißenden, durch die enge Schlucht gepressten Fluss geblickt hat, für den ist die nächste Station eine willkommene Abwechslung. In den 1960er-Jahren wurde nämlich der Gunnison River unweit von Sapinero zum 20 Meilen langen Blue Mesa Reservoir aufgestaut. Aus dem Canyon wurde hier ein Freizeitparadies für Fischer und Wassersportler. Nur Schwimmer habe ich nicht gesehen, das wäre bei einer Höhenlage von rund 2.300 Metern zu erfrischend.

Goldrausch in den Bergen

Damit habe ich aber noch lange nicht das „Dach“ der Tagesetappe erreicht. Colorado zählt zu den sogenannten Mountain States der USA, durch die sich die mächtigen Gebirgszüge der Rocky Mountains ziehen. Es ist ein beliebtes Winterland, und nach Aspen, Beaver Creek und Vail zählt Crested Butte, mein nächtes Ziel, zu den beliebtesten Skigebieten.

Aber auch im Sommer lockt die Region immer mehr Besucher an, zum Beispiel beim Wildflower Festival. Dabei steht alles im Zeichen der üppig blühenden Wildblumen. Mit Guides kann man die Pflanzenwelt am Mount Crested Butte erkunden und über die bunten Wiesen wandern. Aber Achtung: Die rund 3.000 Meter Seehöhe spürt man recht schnell. Mein Tipp aus eigener Erfahrung: Am besten erholt man sich im ehemaligen Bergbaustädtchen Crested Butte. Bezaubernd sind die bunten Holzhäuser in allen Farben, die zum Teil noch aus den 1880er-Jahren stammen, als die Stadt gegründet wurde. Damals hatten Silbervorkommen, aber auch einige Goldfunde einen regelrechten Rausch unter den Siedlern ausgelöst. Heute sind es Skifahrer, Wanderer und Naturliebhaber, die Crested Butte einen Boom bescheren.

Auf wahren Traumstraßen

Am vierten Tag meines Roadtrips steht wieder ein Tapetenwechsel am Programm, und welcher! Zuerst geht es über den Silver Thread Scenic Byway. Es sind genau diese Traumstraßen, die eine Reise durch die USA und speziell durch Colorado so faszinierend machen. In langgezogenen Kehren geht es immer höher und höher, die Berge sind fast bis oben hinauf bewaldet und die Straße führt durch die beiden historischen Städte Lake City und Creede, wo man im Underground Mining Museum Einblick in die wahrlich reiche Vergangenheit der Region gewinnen kann.

Schließlich erreiche ich nach drei Stunden und 150 Meilen Alamosa, das wirtschaftliche Zentrum des San Luis Valley. Großer Beliebtheit erfreut sich die 10.000-Seelen-Stadt angesichts eines nahe gelegenen Naturschatzes, des Great Sand Dunes National Parks. Schon die Fahrt dahin kann man als typisch amerikanisch bezeichnen: von Alamosa 14 Meilen den Highway 160 schnurgerade nach Osten, dann an einer Kreuzung eine exakte 90-Grad-Kurve nach links und schließlich 16 Meilen lang den mit Ausnahme von zwei sanften Schwenkern wieder schnurgeraden Highway 150.

Die höchsten Sanddünen

Dass jede dieser Meilen gut „investiert“ war, sieht man schon von Weitem. Vor dem Horizont der Bergkette der Sangre de Cristo Range und den San Juan Mountains zeichnet sich ein gelber Fleck ab, der immer mächtiger wird, je näher man heranfährt. Es sind die bis zu 230 Meter hohen Sanddünen des Great Sand Dunes National Parks, die höchsten ganz Nordamerikas.

Regenwolken und Sandberge im Great Sand Dunes National Park in Colorado
Bis zu 230 Meter hoch sind die Sandberge im Great Sand Dunes National Park. © Helmut Widmann

Sie sind rund 12.000 Jahre alt und stammen von Ablagerungen des Rio Grande und seiner Nebenflüsse. Winde haben die Sandkörner von den Flussufern durchs Tal geweht, am Fuß der Berge abgelagert und zu Dünen aufgehäuft. Daran hat sich bis heute nichts geändert, sodass sich die Dünen im steten Wandel befinden. Heute erstreckt sich die in Colorado einzigartige Sandwüste über eine Fläche von rund 80 Quadratkilometern.

Diese zu erkunden, verlangt uns Menschen viel ab. Kopfbedeckungen und viel Trinkwasser mitzunehmen, versteht sich von selbst. Wenn sich nicht gerade eine Wolke vor die Sonne schiebt, ist man hier die ganze Zeit ohne Schatten unterwegs und die Hitze wird schnell zur Herausforderung. Deshalb bevorzugen es die meisten Besucher, nur den ersten Sandberg zu erklimmen. Andere wiederum gehen mit einem Board auf den nächsten Hügel und flitzen gekonnt hinunter.

Blick über ganz Colorado

Am letzten Abschnitt meiner Reise durch Colorado stehen Höhen ganz anderer Dimensionen bevor. Es muss ja nicht gleich der Mount Elbert sein, der mit 4.401 Metern höchste Berg des Bundesstaates und der nordamerikanischen Rocky Mountains. Zuerst geht es einmal nach Colorado Springs, rund 100 Kilometer südlich der Hauptstadt Denver. Auch diese Großstadt mit fast einer halben Million Einwohner punktet mit aufregender Natur vor der Tür. So gibt es zum Beispiel im Stadtpark Garden of the Gods berühmte, bis zu 150 Meter hohe, rot- und lilafarbene Sandsteinskulpturen zu bewundern. 

bizarre Felsformationen im Garden of the Gods bei Colorado Springs
Garden of the Gods: bizarre Felsen bei Colorado Springs. © Dan and Zora Avila

Das wahre Highlight der Gegend liegt aber ganz oben, auf exakt 4.301 Metern. So hoch ist nämlich der Pikes Peak. Wer fast 2.500 Höhenmeter zu Fuß schafft, der begibt sich auf den Barr Trail, der in Manitou Springs beginnt. Bis ganz hinauf zum Gipfel kommt man aber sogar mit dem Auto – über eine 20 Kilometer lange Serpentinenstraße. Es wäre sicher eine unvergessliche Fahrt, um dem Roadtrip damit die Krone aufzusetzen.

Doch wahre Genießer wählen die Broadmoor Pikes Peak Cog Railway. Dank der Zahnradbahn, die den Berg seit 1891 „erklimmt“, ist der Pikes Peak nach dem Fuji in Japan der meistbesuchte Berg der Welt. In den neuen Garnituren Schweizer Bauart genießt man eine fantastische Aussicht. Oben angekommen, reicht das Panorama an klaren Tagen über ganz Colorado bis ins benachbarte Kansas. Und wenn man so ins Land schaut, fallen einem sofort unzählige Ziele für die nächste USA-Reise ein.

Zug der Cog Railway bei sonnigem Wetter auf dem Weg auf den Pikes Peak in Colorado
Mit der Cog Railway kommt man bis auf den Gipfel des 4.301 Meter hohen Pikes Peak. © Cog Railway

Gute Tipps für Colorado

wohnen

Elevation Hotel & Spa

Luxuriöses Ski-in-Ski-out-Hotel direkt an einer Liftstation des Mt. Crested Butte, eines der beliebtesten Skigebiete von Colorado. Das pittoreske Städtchen Crested Butte erreicht man auch mit dem Gratis-Shuttlebus. Das Resort offeriert ein Spa, Fitnesscenter, Ski- und Bike-Verleih, Restaurant etc.

Hampton Inn Alamosa

Dieses Hotel liegt im San Luis Valley am Stadtrand von Alamosa. Den Great Sand Dunes National Park erreicht man in einer guten halben Stunde.

Springhill Suites

Im zur Marriott-Gruppe zählenden Hotel wohnt man mitten im Zentrum von Colorado Springs. Die Talstation der Cog Railway auf den Pikes Peak und der Garden of the Gods Park liegen aber nur eine Viertelstunde entfernt.

Lesen

Autorin Shelley Read und ihre Familie leben in fünfter Generation in den rauen Elk Mountains Colorados. In ihrem Debütroman „So weit der Fluss uns trägt“ (Bertelsmann-Verlag, 25,50 Euro) erzählt sie die tragische Geschichte einer starken Frau aus der Gegend von Gunnison und sorgte damit auch bei uns für einen Sommer-Bestseller.

Outdoor

National Park Pass

Yosemite und Yellowstone sind die bekanntesten National Parks: Insgesamt beherbergen die USA aber 63 geschützte Naturparadiese unter diesem Titel. In Utah sind es fünf und in Colorado vier. Wer mehrere dieser Naturwunder besichtigen will, fährt am besten mit dem Annual Pass: Um 80 Dollar kann man alle National Parks der USA ein ganzes Jahr lang mit der gesamten Familie besuchen.

Infos

Umfassende aktuelle Informationen zu allen Bundesstaaten bietet die offizielle Website von Brand USA.

Colorado auf einer Landkarte der USA