Story

Salzburgs Genusswelt: Highlights für Gourmets und Genießer

Hitze und Menschenansammlungen treiben den Salzburg-Gast zu den Seen und Bergen der Umgebung, wo sie exzellente Küche finden, gespeist von innovativen Landwirten und Produzenten.
Terrasse des Restaurant Winkler am Wallersee in Salzburg
Die Terrasse des Restaurant Winkler am Wallersee ist eine Oase abseits des sommerlichen Trubels. © Michael Reidinger

Die Dichte an Menschen, die im Sommer die Stadt Salzburg ausfüllen, lässt sich auf dreierlei Arten kategorisieren. Da sind die mit den Bussen herangekarrten Tagestouristen. Sie treffen nachmittags und abends auf die Gäste der Festspiele. Dazwischen die Künstler und Mitarbeiter der Festspiele, die in überteuerten Mietwohnungen ihren Arbeitssommer verbringen. Ein ästhetisch herausforderndes Schauspiel. Gut, dass man dem überhitzten Straßengewirr der barocken Salzburger Altstadt leicht entkommen kann. Vor den Toren der Stadt warten Seen und Berge, gute Restaurants und urige Wirtshäuser.

Auch die Landwirtschaft hat sich in den vergangenen Jahren beeindruckend entwickelt. Einzig die Aktivitäten der österreichischen Autobahnbetreiber sind dem Ausflugsvergnügen entgegengesetzt. Ihre Baustellen wirken wie ein Platzregen bei einer Freiluftaufführung des Jedermann. 

Premiere beim Schützenwirt

Auch die bewährten Spitzenadressen rund um Salzburg haben einmal klein angefangen. Die beiden Betreiber des Schützenwirts, unweit der Innenstadt, aber am Land gelegen, machen sich gerade an ihre ersten Etüden. Eine kleine Tafel fährt durchs Restaurant oder über die schöne Terrasse. Darauf das überschaubare, ständig wechselnde Speisenangebot. „Klassiker, international gefärbt“, beschreibt Küchenchef Robert Rübsam das Konzept. Das ist eine Untertreibung. Hier wartet er mit einer sehr persönlichen, klischeefreien und immer wieder überraschenden Küche auf, die sich bei den Rezepten der ganzen Welt bedient, bei den Zutaten aber nach dem Angebot kleiner Produzenten aus der Region richtet.

Der Dandlhof aus Wals gehört dazu, ebenso wie der Pillhof aus Kuchl. „Ich kaufe da einen halben Ochsen und Richard Waldner, der Fleischsommelier, zerteilt den Ochsen. In ­seinem Betrieb reifen die Edelteile für mehrere ­Wochen. Das Tier wird komplett verarbeitet, von der Rindsuppe über das Geschmorte bis zum mit ­marokkanischen Gewürzen zubereiteten Hackfleisch.“ Sehr gut der Caesar Salad mit gebackenem Huhn; oder das Dim Sum mit Fischen.

Hühner und andere Geflügel kommen aus Krispl. Dort züchtet Johannes Weißenbacher auf seinem Biobauernhof Sulmtaler Huhn, Bresse Gauloise und Suffolk-Schafe. Wer sich den Hof und die Almwiesen anschaut, auf denen die Tiere weiden und leben, kann sich vorstellen, dass ihr Fleisch besonders gut schmecken muss. Johannes Weißenbacher beliefert Lukas Nagl, Andreas Döllerer und die Obauers. Auffallend, wie gut der Landwirt ­angezogen ist: Das Fleisch für Endkunden gibt es in Hallein abzuholen, und zwar im Modeladen Johannes Herrenmoden. Ein schönes Zusammenspiel. 

Vorteile kleiner Produzenten

Robert Rübsam und seine Lebensgefährtin Andrea Breitenthaler kochen im Schützenwirt nicht nur von der Nase bis zum Schwanz, sie bereiten auch eine der Sojasauce ähnliche Sauce aus Emmerweizen zu, und sie machen Misopaste selbst. Generell wird viel fermentiert, von Kimchi bis Sauerkraut. Robert Rübsam arbeitete im Schloss Ellmau, dann bei Silvio Nickol in Velden, danach auf Schloss Lerbach bei Nils Henkel. Kennengelernt haben sich die beiden in der Villa Joya, Andrea Breitenthaler hat in der Küche des Hangar-7 gearbeitet. Sie hilft in der Küche beim Mise en place, wechselt dann in den Service.

„Wir haben 2021 aufgemacht. Nach Corona war es sehr schwierig, und wir haben oft ans Aufgeben gedacht, sind aber jetzt froh, dass wir’s nicht gemacht haben.“ Generell sei die Gastronomie rund um Salzburg im Abschwung, stellt Robert Rübsam fest. Der Grund seien Personalmangel und gestiegene Preise für Energie und Lebensmittel. Rübsam ist zumindest nicht abhängig von den diversen Gourmet-Expressen und deren Preispolitik. „Der Selleriekopf von meinem Gemüsebauern kostet so viel wie vor Corona.“ Einer von vielen Vorteilen, wenn man mit kleinen Produzenten arbeitet. 

Eine Oase in Kuchl

Im vom dem Autobahnstau ausweichenden Urlauberverkehr gefolterten Ort Kuchl gibt es auch Oasen der Ruhe. Der Jadorferwirt ist ein altes, gut eingeführtes Wirtshaus. Jahresringe gibt es nicht, nur beim mächtigen, Schatten spendenden Baum im kleinen Gastgarten. Josef Ramsauer, der Sohn des Hauses, in dem die Eltern immer noch kräftig mitarbeiten, kriegte einst fünf Jahre, um sich die Welt anzuschauen, bevor er wieder in die Heimat zurückkehrte. Er hat die Zeit genutzt.

Drei Jahre verbrachte er im Team von Martin Fauster, einem der Besten in Deutschland, der mittlerweile nicht mehr im Königshof in München, sondern in Freiburg kocht. Fauster ist unter anderem ein Meister der Fischzubereitung, das hat er bei Olivier Roellinger in Cancale gelernt. Und nicht nur deshalb weiß Ramsauer, wie er mit den Fischen aus eiskaltem Wasser, die ihm Sigi Schatteiner liefert, umzugehen hat. Den Namen Schatteiner kennt man in der Gegend, er betrieb mehr als zwei Jahrzehnte die Fischzucht bei der Rettenbachmühle und machte den Bluntausaibling zu einer Art kulinarischer Trademark. Irgendwie konnte sich Schatteiner, der die Fischzucht im Bluntautal mittlerweile übergeben hat, mit dem Gedanken an den Ruhestand nicht so recht abfinden. Er betreibt jetzt eine neue Fischzucht nur eine Autominute entfernt von der alten.

Die Qualität der Fische darf immer noch als Oberklasse bezeichnet werden. Daraus bereitet Ramsauer seine Version einer Bouillabaisse zu. Zu den Hits des Hauses gehört auch der Schweinsbraten mit Ripperln, Knödeln und Kartoffeln, der in der Rein serviert wird, ein herzhaftes Vergnügen für ein halbes Dutzend hungriger Gäste. Die flaumigen Semmelknödel nehmen den Saft auf, bei dem nicht mit Kümmel gespart wurde. 

Artischocken aus Wals

Österreichs Topografie hat bekannterweise sehr viele Vorzüge. Der nicht vorhandene Zugang zum Meer zählt nicht dazu. Die Klimaerwärmung bewirkt, dass dennoch beispielsweise rund um Salzburg mediterrane Bedingungen herrschen und neuerdings auch Artischocken wachsen. „Wir haben in Wals allerdings auch besonders gute Böden für den Gemüseanbau“, sagt Monika Reiter, die gemeinsam mit Georg Reiter junior und dem Rest der Familie den Erbhof Dandlhof führt, einen Gemüsebauernhof, der sich unter anderem auf spezielle Gemüse wie kleine Karotten, kleine Artischocken oder Yacón spezialisiert. Die Produkte der Familie Reiter findet man nicht im Supermarkt, sondern auf lokalen Märkten rund um Salzburg, zum Beispiel in Hallein. Dort fahren die Reiters mit ihrem gut bestückten Gemüsewagen vor und sind in ein paar Stunden ausverkauft. 

Döllerer: Fine Dining & Wirtshaus

Aus den kleinen Artischocken vom Dandlhof macht Andreas Döllerer ein Gericht nach dem Vorbild des südfranzösischen Barigoule. Der Saft wird durch das Einkochen von Sellerie gewonnen, er verströmt Würze und Frische. Im Idealfall ist Essen wie Musik, ein vorüberziehender, komplexer Genuss, der sich im Hirn festhakt, wenn das Orchester und sein Dirigent einen guten Job machen. 

Andreas Döllerers Kalbsbries „Alt Wien“, kulinarisch mehr Josef als Richard Strauss, nimmt man nicht Note für Note, sondern im Akkord zu sich. Also ein Stück vom gebackenen Bries, fast cremig, köstlich, dazu etwas vom knusprigen Romana-Salat, ein Stück vom Mayonnaise-Ei und ein kleines Stück Sardellenringerl mit Kapern.Ein perfektes Arrangement aus Süße, Fruchtigkeit und Würze ist die folgende Weiterentwicklung der Idee des im Gletscherschliff gegarten Fenchels, mit der Döllerer in den Zehnerjahren Furore machte.

Diesmal ist es eine Rote Rübe, die im Teig aus Gletscherschliff zubereitet wird, wobei der Rübe zuerst Wasser entzogen wurde, um sie später mit Rote-Rüben-Saft zu rehydrieren. Sie wird mit einem Untergrund aus Semmelkren kombiniert, dazu Holunderblütenessig, die gesamte DNA der österreichischen Küche auf einem Teller, und nichts davon wirkt schon einmal in dieser Aufmachung erlebt. Szenenapplaus für dieses unspektakulär wirkende Gericht, hinter dem eine Menge an konzeptioneller Arbeit steckt. 

Beste Qualität aus Süß- und Salzwasser

Nicht nur der Großglockner, von dem der Gletscherschliff kommt, auch Walter Grüll in Grödig zählt zu Andreas Döllerers verlässlichen und wichtigsten Lieferanten. Grüll ist für seinen Störkaviar bekannt, besonders zart, mild und delikat. Man genießt ihn am besten pur, und die Menge sollte nicht zu gering sein. In seinem Laden gibt es auch Fische und Krustentiere, beste Qualitäten aus Süßwasser und Salzwasser, und man kann im Bistro sehr gut und leger essen. Ein halber Hummer mit Taglia­telle und Bisque oder Soft Shell Crabs mit Avocado-Gurken-Salat sind von verlässlich guter Qualität. 

Der Stör, den Döllerer von Walter Grüll bekommt und den er für seine Restaurantgäste am Robatayaki-Grill zubereitet, ist von bemerkenswerter Textur zwischen animierendem Biss und Nachgiebigkeit. Er badet in einem transparenten Fond, in dem unter anderem ein Öl aus den Schalen von Krustentieren am Gesamterlebnis mitwirkt. Dazu kombiniert die Küche Kohlrabiblätter, Salzzitrone und Senfsaat. Ein Volltreffer, an dem man nichts verbessern kann. Walter Grüll liefert auch beträchtliche Mengen seines Störkaviars nach Golling. Döllerer gibt den Kaviar einer Sauce auf Basis von brauner Butter, Molke und Sauerkrautsaft bei und geizt dabei nicht bei der Portionierung. Diese Mutter aller Saucen gibt es zu konfierten Erdäpfeln, die mit kurz gebeiztem Saibling aus dem Bluntautal belegt sind.

Die nicht gerade kleine Küchenmannschaft in Golling bewährt sich tagtäglich in der sicher nicht einfachen Meisterschaft des gleichzeitigen Bespielens des Wirtshauses und der Feinschmeckerabteilung. Beide stehen miteinander in einem nie offiziell ausgerufenen Wettbewerb. Auf den Tellern im Wirtshaus geht es herzhafter zu, aber keineswegs ohne die gewisse Döllerer’sche Eleganz und Klasse. Ein Tipp, weil sie zwar auf der Karte stehen, aber leicht übersehen werden: Die hausgemachten Kalbsbratwürstel vom Grill sind sensationell. Schwarzbeernocken mit Sauerrahm-Eis sind mittlerweile ein Emblem-Dessert.

Ein Fuxbau für alle Fälle

Wirtshaus und eine Abteilung für Feinesser in einem zu führen, war immer schon eine Spezialität in der Provinz. Ein Erfolgsrezept, ohne das anspruchsvolle Gastronomie nicht wirtschaftlich erfolgreich zu führen wäre. So bekocht auch Johannes Fuchs im Sheraton Arabella zwei Lokalkonzepte. Den feinen Fuxbau bespielt er nur freitags und samstags. Gerald Lindlbauer gibt einen hervorragenden Old-School-Maî­t­re. Fuchs erweist sich dabei als Meister der Klassik. Seine Saucen zu Taube oder Reh sind große, handwerklich perfekte Schule. Im Wirtshaus gibt sich die Küche bürgerlicher, mehr auf Familien und genussaffine Ausflügler ausgerichtet. Die Aussicht von der Terrasse ist fantastisch. Man muss wissen: Der Fuschlsee gehört unter den Salzkammergutseen nicht zu den hässlichsten. 

Krebse, Schnecken und Fisch

Eine andere, ebenfalls legendäre Adresse an einem der Salzburger Seen befindet sich seit Jahrzehnten in Familienbesitz, auch wenn Investoren und Immobilienhändler beim Fisch- & Schneckenrestaurant der Familie Bauer zweifellos Schlange stehen. Manche kommen, um zu essen, andere um zu sehen, ob man es irgendwann kaufen kann. Ulla Bauer pflegt das Erbe ihres Vaters, legendärer Gastgeber am Ufer des Wallersees. Das Restaurant mit der großen Terrasse wartet mit einem Blick auf den Wallersee und ein altes Seebad auf, wo es im Sommer aus den Holzkabinen nach unbeschwerten Wochen der traditionellen Sommerfrische duftet.

Der „Winkler“ ist kulinarischer Fluchtpunkt des Salzburger Bürgertums, von Festspielgästen und Künstlern, die auf der Suche nach Orten sind, wo Moden und Posen Hausverbot haben. Schnecken galten einst als frankophile Exotik. Die Pfefferschnecken, die Wirtin Ulla Bauer empfiehlt, sind wunderbar gewürzt, nicht zu scharf, man tunkt die Butter mit dem frischen Baguette bis zum letzten Tropfen auf. Leuchtend rot sind die Schalen, in welchen die gekochten Flusskrebse präsentiert werden, die von einem Züchter aus dem Innviertel kommen, der ein Mal in der Woche liefert. Der animierend gewürzte Sud, in dem die Krebse gekocht wurden, ist wie guter Wein. Gehöriger Trinkfluss, würde ein Sommelier sagen. Man schlürft den Sud gierig, taucht hie und da das knusprige Weißbrot in etwas von der Sauce béarnaise.

Im Wallersee scheinen die Fische gut zu wachsen. Stattliche Reinanken, Zander, Huchen und Lachsforellen gibt es meistens im Ganzen gegrillt, sodass die Kruste appetitlich kross wird und das Innere zart und weiß bleibt. So macht man das hier seit Jahrzehnten. Der Service zerteilt die Fische in bewundernswertem Tempo und Präzision vor den Gästen. Filet und Haut werden auf den Tellern angerichtet. Dazu gibt es Erdäpfel und einen gemischten Salat, dessen Marinaden-Rezept so streng gehütet wird wie das von Martini oder Coca-Cola. Womöglich im Safe einer Privatbank in Salzburg Stadt. 

Wildshut, die neue Alternative

Getrunken wird in den Restaurants rund um Salzburg guter Wein. Zwischendurch auch Champagner. Manchmal greifen die Menschen aber lieber zu Bier. In einer sehr ­gelungenen Mischung aus Brauerei, Hotel und Gastronomie hat die Brauerei Stiegl mit dem Wildshut der Kunst des Bierbrauens eine Kirche gebaut. Küchenchef Stefan Sigl hat in seinem Leben in den besten Restaurants im Inland und im Ausland Station gemacht. Sein Lehrmeister war Jörg Wörther, und von diesem hat er noch einen Satz gut in Erinnerung: „Das Produkt ist der Kaiser, der Koch kann maximal der König sein.“ Man lässt Sigl hier freie Hand und er legt eine Küche vor, die den spannenden Bierkreationen des Hauses überzeugend Paroli bietet. 

Manchmal ist es einfach ein Teller gebratenes Gemüse, dann wieder ein beeindruckend großes Stück Fleisch aus dem Reifeschrank. Man bietet viergängige Menüs, die nach dem Prinzip des Sharing serviert werden. „Manchmal sind es fünfzehn Teller, die wir gleichzeitig servieren“, so Sigl. Zum Bier koche man nicht anders als zum Wein, sagt er. Zur Perlage, einem Hybrid zwischen Bier und Champagner, gibt es gebratene Brioche und Leberwurst vom Mangalitza-Schwein mit Marillenmarmelade. Apropos Marillenmarmelade: Zum in der Amphore gereiften Bier, dem Antique, gibt es Marillenpalatschinken; und zwar „die besten Marillenpalatschinken“, sagt Stefan Sigl. Er wirkt nicht so, dass man ihm nicht
glauben möchte. 

Artikel aus A la Carte 03/2024

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