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Echt affig! Tipps für den Bürodschungel von Gregor Fauma

Im Interview erläutert Verhaltensbiologe Gregor Fauma, dass der Büroalltag oft Parallelen zu Affenhierarchien aufweist, wie etwa bei der Ressourcenverteilung, wo Führungspositionen größere Privilegien genießen. Fauma vergleicht Unternehmen mit der Rangordnung am Pavianhügel, wo das Alphatier den meisten Platz und die ersten Zugriffe hat, ähnlich wie in hierarchisch strukturierten Firmen. Im Gespräch deutet er auch an, dass Menschen ihre beruflichen Rollen und Hierarchien oft auch nach Hause tragen, was zu privaten und beruflichen Problemen führen kann.
Affe sitzt bei einem Tisch und hat einen Telefonhörer in der Hand.
Besonders wenn es stressig wird, spielen sich evolutionär verankerte Dramen am Arbeitsplatz ab. © Getty Images
Machtspiele, Streit, Intrigen: Im Büroalltag kann es manchmal ganz schön wild zugehen. „Wie bei den Affen“, meint Gregor Fauma. Warum, haben wir den Verhaltensbiologen, Buchautor und Speaker im Interview gefragt.

In seinem Buch „Unter Affen – Warum das Büro immer noch ein Dschungel ist“ erklärt Verhaltensbiologe Gregor Fauma, was uns antreibt und was uns manchmal auch hindert, im Büroalltag kluge Entscheidungen zu treffen. Im Gespräch mit schauvorbei verrät der Experte Tipps für Mitarbeiter und Führungskräfte, die das Arbeitsleben erleichtern können.

schauvorbei: Die wenigsten Menschen würden Ihnen wohl von vornherein zustimmen, dass sie sich wie Affen verhalten. Welche Parallelen sehen Sie zwischen dem Verhalten von Menschen und Primaten, insbesondere in Sachen Büroalltag? 
Gregor Fauma: Die meisten Parallelen findet man in Bereichen, in denen es darum geht, wie Ressourcen verteilt werden. Auf dem Pavianhügel hat das Alphatier unter anderem den meisten Platz und als Erster Zugang zur Beute. Das ist bei den Menschen ähnlich: Die, die in Führungspositionen sind, bekommen das größere Stück vom Kuchen und dann geht es rangmäßig nach unten und das Stück wird immer kleiner.

Die Beute ist auf das Berufsleben bezogen nicht nur der Gewinn, sondern auch die Infrastruktur. Welche Mitarbeiter haben ein großes Zimmer für sich alleine? Welche müssen sich mit vier anderen Kolleginnen und Kollegen einen Arbeitsraum teilen? Wer arbeitet weiter oben im Gebäude, wer weiter unten? Wer hat einen Firmenwagen, wer einen Firmenparkplatz? Ist er sogar reserviert und befindet sich direkt vor dem Eingang? Das sind so die Dinge, bei denen man sozusagen ein Rangordnungsspiel erkennt. Auch wenn diese Firmenstrukturen schon langsam aufgebrochen werden, sind sie in den meisten vertikal organisierten Unternehmen immer noch sehr deutlich sichtbar. Letztendlich sind das Signale der Macht und des Machtanspruchs.

Und dann kommen Mitarbeiter und Führungskräfte nach Hause und schlüpfen in neue Rollen?
Gregor Fauma: Das kommt darauf an, ob es ihnen gelingt, ihre berufliche Rolle an der Wohnungstür abzustreifen. Das ist natürlich individuell unterschiedlich. Aber ganz viele Probleme im Privaten wie im Beruflichen entstehen aus der Situation, dass sich Menschen nicht von ihrer Rolle lösen können. Das heißt, sie tragen ihre beruflichen Probleme nach Hause oder umgekehrt.

Das klingt im Gegensatz zum Leben auf dem Pavianhügel recht kompliziert.
Ja, keine Frage. Am Pavianhügel gibt es Gezänk zwischen den Aufrückenden, was es bei uns im Grunde auch gibt. Wenn Affe Nummer vier und Affe Nummer drei streiten, weil beide auf Platz zwei wollen, weist sie Affe Nummer eins in ihre Schranken und schlichtet den Streit. Das erwarten sich die anderen auch. Er ist dazu da, Streit zu schlichten, damit die Hierarchien eingehalten werden. Auch bei den Menschen muss die Führungskraft für Ruhe und Ordnung sorgen.

Im Idealfall.
Gregor Fauma: Naja, wenn der Führungsaffe ein paar mal seiner Aufgabe nicht nachkommt, ist er nicht mehr lange der Führungsaffe und wird vertrieben. Die Gruppe braucht klare Entscheidungen. Und deswegen ist es auch bei uns Menschen wichtig, dass die, die sozusagen das größere Büro haben, das bessere Auto fahren und das höhere Gehalt beziehen, diesen Aufgaben nachkommen. Die Privilegien bekommen Team-, Abteilungs- und Bereichsleiter ja nur deswegen. Und sie werden von den Mitarbeitern auch an ihren Taten gemessen.

Ein Geschäftsführer, der diesen Aufgaben nicht nachkommt, wird aber kaum von den Mitarbeitern „vertrieben“ werden.
Gregor Fauma: Nein, aber er verliert definitiv an Macht. Die eigenen Teams können einen Geschäftsführer durchaus ins Leere laufen lassen. „Ja, ja, Chef!“ und dann nichts machen, die innere Kündigung vollziehen: Da kann der Geschäftsführer schreien und zappeln, so viel er will, das Team hat er verloren.

Sie haben Unternehmenshierarchien mit den Hierarchien am Pavianhügel verglichen. Sind steile Hierarchien wie bei den Affen für Ordnung und Frieden im Unternehmen wichtig, oder können auch flache Hierarchien gut funktionieren? 
Gregor Fauma: Flache Hierarchien können genauso gut funktionieren. Dabei handelt es sich dann eher um temporäre Aufgabenverteilungen, zum Beispiel für bestimmte Projekte. Bei einem Projekt ist ein Mitarbeiter im Lead, bei einem anderen ist er nur operativ dabei oder im Kreativprozess, weil er da Talent hat. Teams werden so dynamisch geformt und lösen sich dann nach Ende des Projekts wieder auf. Trotzdem muss das Ganze natürlich von einer übergeordneten Stelle koordiniert werden, sonst funktioniert es nicht.

In Ihrem Buch „Unter Affen – Warum das Büro immer noch ein Dschungel ist“ geht es auch um Überlebensstrategien. Was sind die wichtigsten Überlebensstrategien für Mitarbeiter und Führungskräfte?
Gregor Fauma: Neben der angesprochenen Führungsrolle sollten sich Führungskräfte auch dessen bewusst sein, dass sie immer beobachtet werden. Wer einen Mitarbeiter vor anderen anschreit, darf sich nicht wundern, dass sich das Geschehene wie ein Lauffeuer verbreitet. Und das wirkt sich weder positiv auf das Image, noch auf die Arbeitsmoral aus.

Eine Überlebensstrategie für Führungskräfte lautet deshalb, vor Dritten der erste Diener im Team zu sein. Ein Beispiel: Der Chef setzt sich zum schwächsten Teammitglied und fragt: „Wie kann ich dir helfen, damit du deine Arbeit noch besser machen kannst?“ Auch das spricht sich herum und führt zu Akzeptanz, Vertrauen sowie Loyalität. Dann werden sogar weniger populäre Entscheidungen von den Mitarbeitern mitgetragen.

Und was ist für Mitarbeiter wichtig?
Gregor Fauma: Die Überlebensstrategie für Mitarbeiter ist ebenfalls, am eigenen Image zu arbeiten. Man ist letztendlich nur in Teams willkommen, wenn man kooperiert, hilfsbereit und freundlich ist. Das nennt man reziproken Altruismus. Das heißt, man signalisiert immer Hilfsbereitschaft beziehungsweise die Bereitschaft, auch kurzfristig die Arbeit von anderen zu übernehmen. Denn man wird dabei beobachtet. Und selbst wenn die Person, der man hilft, die Hilfe nicht direkt zurückgibt, bekommen es die anderen mit und lassen mir dann Hilfe angedeihen, wenn ich sie brauche. Ähnliches gilt auch bei der Urlaubsaufteilung: Nicht nur auf den eigenen Vorteil bedacht sein und anderen gerne einmal den Vortritt lassen. Wichtig ist außerdem, sich nur bedingt am Flurfunk beziehungsweise Tratsch zu beteiligen.

Im Arbeitsalltag kennt wohl jeder den einen oder anderen Kollegen, der sich gerne vor der Arbeit drückt. Schneiden sich diese Kollegen damit ins eigene Fleisch?
Gregor Fauma: Besser ist es sicher, beliebt zu sein und vielleicht ein klein wenig ausgenutzt zu werden. Denn wer die Ausnutzer sind, die möglichst wenig tun wollen und nur Wert auf ihren eigenen Vorteil legen, spricht sich schnell im Unternehmen herum. Und diese Leute finden bald niemanden mehr und müssen letztendlich den Job wechseln.

Menschen, die oft den Job wechseln, sind tatsächlich häufig Menschen, die aus sozialen Gründen wechseln müssen. Das kann natürlich auch eine erfolgreiche Strategie sein. Nach dem Motto: Wenn ich es mir mit allen verscherzt habe, verlasse ich das Unternehmen und gehe zum nächsten. Ich will diesem Vorgehen gar keinen Erfolg absprechen. Die Frage ist nur: Will man so jemand sein? Will man zu den Ladendieben gehören oder zu denen, die dafür bezahlen, was sie mit nach Hause nehmen?

Apropos Jobwechsel: Wie sieht es mit dem persönlichen Image bei Affären am Arbeitsplatz aus? Gilt der Spruch „Never fuck the office“?
Gregor Fauma: Ja, er ist sicher nicht falsch. Denn die Frage ist: Wer bleibt dabei übrig? In vielen Fällen ist es ja so, dass die Mächtigen die Möglichkeit haben, auf Personen der unteren Ebene „zuzugreifen“. Das Klischee vom 50-jährigen Generaldirektor, der mit der 20-jährigen Praktikantin durchbrennt, kommt ja nicht von ungefähr. Letztendlich ist dann die Frage, wer welche Nachrede hat.

Die Mitarbeiterschaft wird wohl über beide nicht gerade im Positiven sprechen, oder?
Gregor Fauma: Naja, bei den anderen Männern wird der Generaldirektor mit der bildhübschen jungen Frau für Neid sorgen. Unter Frauen ist es anders. Wenn sich eine junge Mitarbeiterin den Generaldirektor „schnappt“, welche Nachrede hat sie dann unter den Kolleginnen? Wie kommt das rüber, wenn sie dann eine Gehaltserhöhung fordert? Und wie gehen die anderen im Büro mit ihr um, wenn sie wissen, dass sie praktisch jedes Gespräch dem Chef erzählen könnte? Eine Beziehung am Arbeitsplatz kann funktionieren, wenn sie auf Augenhöhe und abteilungsintern ist, also solange kein hierarchisches Gefälle besteht. Ansonsten wäre es wahrscheinlich besser, wenn einer von beiden das Unternehmen wechselt.

Nun ist der Arbeitsalltag oft mit Stress und manchmal auch emotionalen Herausforderungen verbunden. Wie können wir in solchen Situationen unseren inneren Affen überwinden?
Gregor Fauma: Den inneren Affen zu überwinden, kostet Kraft. Prinzipiell kann man sich helfen lassen, indem man Coachings in Anspruch nimmt oder in Psychotherapie geht. Wichtig ist in jedem Fall, über das eigene Verhalten nachzudenken. Erst wenn man weiß, wie man ist, kann man sich ändern.

Mein Lösungsvorschlag wäre ja, dass gewaltfreie Kommunikation nach Rosenberg und das Konzept der Würde eines Menschen in Schulen gelehrt wird. Wenn man das Wissen hat, kann man sich von seinen evolutionären Wurzeln lösen. Das ist nicht leicht und wird einem auch nicht immer gelingen. Aber es klappt mit der Zeit immer besser, im richtigen Moment den Absprung zu schaffen. Wenn etwa bei einem Teammeeting Unruhe bei den Kollegen aufkommt und man bemerkt, dass gleich die Fetzen fliegen könnten, gilt es, den Mund zu halten und zuzuhören, statt Benzin ins Feuer zu gießen.

Sich nicht von seinen Emotionen leiten zu lassen und nicht gleich zu reagieren, spielt also eine wesentliche Rolle. Wenn man eine E-Mail bekommt, die einen ärgert oder kränkt, kann man zwar gleich eine Antwort schreiben – abschicken sollte man sie aber nicht sofort. Am besten am nächsten Tag noch einmal in Ruhe durchlesen. Meistens sieht man die Dinge dann schon ein bisschen anders. Man löscht Untergriffigkeiten, Beleidigungen und Zynismus aus dem Antworttext, vielleicht versteht man sogar die Beweggründe des Absenders besser.

Vielen Dank für das Gespräch!

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