Was ist das nur, mit der sogenannten besinnlichen Zeit vor Weihnachten? Schularbeiten und Tests häufen sich, Advent-, Nikolo- und Weihnachtsfeiern füllen den Kalender, der Adventmarkt will besucht werden. Ideen oder das Geld für Geschenke gehen aus und die Winterjacken und -stiefel sind zu klein geworden. Es ist wie verhext! Dabei will man es sich zuhause gemeinsam gemütlich machen, mehr oder weniger dekorieren und vielleicht sogar backen. Doch von Quality Time keine Spur. Was übrig bleibt, ist das böse Gefühl, zu wenig Zeit für das Kind oder die Kinder zu haben, geschweige denn für sich selbst.
„Für viele Familien ist das gar nicht mehr möglich, weil Arbeit und Schule und die Sorge um das liebe Geld übermächtig werden. Handys und Social Media nehmen dann die noch verbleibenden kurzen Pausen in Anspruch“, beschreibt Leila Ahmadi-Rinnerhofer von der Erziehungsberatung und Entwicklungsbegleitung der Wiener Kinderfreunde. „Im medien- und informationsdominierten Alltag muss man sich schon sehr anstrengen, um Zeitfenster zu schaffen, in denen man Freude am Zusammensein erfahren kann. Aber diese Anstrengung ist wirklich lohnend und stärkt die Beziehung zu den Kindern enorm. Sich Zeit nehmen gibt Sicherheit, ermöglicht gemeinsames Erleben und Teilen von Freude, Spaß und Unbeschwertheit. Wenn das gelingt, wird das innere Zuhause gestärkt, das Gefühl wertvoll, gemocht und geschätzt zu werden“, weiß die erfahrene Familienberaterin. Diese Momente der Quality Time sind es, die Erwachsenen in der Rückschau als Glücksmomente ihrer Kindheit in Erinnerung bleiben.
Der erste Schritt dazu ist, das Handy für zehn Minuten aus der Hand zu legen. Ob in der U-Bahn oder zuhause. Einfach wieder einmal ins Narrenkastl schauen oder andere Menschen beobachten. Zuhause den Fernseher abdrehen, vielleicht das Radio einschalten und die Zehen zur Musik im Takt wippen. Auf den Tisch setzen, die Füße baumeln lassen – ein Versuch lohnt sich, man lächelt unweigerlich. Tatsächlich benötigen diese einfach klingenden „Übungen“ einiges an Überwindung und Anstrengung nicht gleich wieder nach einer Ablenkung zu suchen.
Auch wenn man sich als Familie Zeit nehmen möchte, bedeutet das nicht, möglichst viel zu unternehmen und von einer Aktivität in die nächste zu stürzen. Vielmehr geht es darum, miteinander in Beziehung zu treten. Oft ist es gar nicht so einfach, miteinander ins Gespräch zu kommen. Vor allem, wenn die Kinder ein wenig größer sind. Die ewig gleichen Fragen, wie es im Kindergarten oder in der Schule war, werden nicht selten mit „eh gut“ oder „ok“ beantwortet.
„Egal um welches Thema es geht: Das Wichtigste ist, dass man nicht gleichzeitig fünf andere Sachen im Kopf hat, die eigentlich erledigt gehören. Kinder spüren das sofort. Mit Kindern sprechen, heißt zugewandt und interessiert zu sein. Das setzt voraus, dass ich einen stressfreien, entspannten Raum schaffe – auch in mir“, erklärt Ahmadi-Rinnerhofer. Die oben genannten „Übungen“ dürfen dabei durchaus als hilfreiche Vorbereitung angesehen werden. Und Weihnachten kann kommen …