Der Frühling steht bekanntlich in vielerlei Hinsicht für Aufschwung, Neuanfang und sauber machen. Und so wie viele Menschen das in ihrem Zuhause tun, ist auch der Körper froh über einen „Frühjahrsputz“. Seit Jahrtausenden nützen die Menschen die reinigende und revitalisierende Kraft eines zeitweisen Nahrungsverzichtes. Heute liegt Fasten sehr im Trend. Manche tun es aus gesundheitlichen Gründen. Andere nützen die Fastenzeit, um neue Energien zu tanken oder als mentale Kraftquelle. Oder aber um ein paar Kilos aus der Weihnachtszeit wieder loszuwerden. Doch: Was war der ursprüngliche Grund des Fastens? Und was genau gilt es dabei zu beachten?
Die christliche Fastenzeit beginnt jährlich am Aschermittwoch und dauert bis Ostern. Sie bereitet Gläubige somit auf eines der wichtigsten Feste des Christentums vor. In dieser Zeit ist jeder Christ aufgerufen, sich von Dingen und Zwängen zu befreien, die das Glaubensleben beeinträchtigen oder von wichtigen Dingen im Leben abhalten. Durch den bewussten Verzicht entstehen Freiräume, die zudem für ein intensiveres Erleben des eigenen Glaubens genutzt werden sollen. Und warum die 40 Tage? So lange soll Jesu Christi in der Wüste verbracht und gefastet haben. Aktuell nennt die lateinische Kirche in ihrer Fastenordnung nur zwei wirklich strenge Fast- und Abstinenztage: Aschermittwoch zu Beginn und Karfreitag am Ende. An diesen Tagen sollen kein Fleisch und vor allem keine Genussmittel verzehrt werden.
Traditionell drückt sich das Fasten demnach durch das Weglassen von gewissen Speisen aus. Viele Menschen verzichten insbesondere auf Fleisch. Doch bedeutet diese Zeit nicht immer nur das Weglassen von Essen oder Getränken. Es gibt auch eine Vielzahl anderer Möglichkeiten, auf die während der Fastenzeit verzichtet werden kann: etwa Genussmittel wie Alkohol, Zigaretten oder Süßigkeiten. Ein paar Rezepte für köstliche alkoholfreie Drinks finden Sie hier.
Hoch im Kurs steht auch die Abstinenz von Fernsehen oder Internet – wenn auch nur stundenweise – um stattdessen mehr Zeit mit der Familie und den Freunden zu verbringen. Jedenfalls soll es um eine spürbare Einschränkung im Konsum von Dingen gehen, die wir im täglichen Leben als selbstverständlich ansehen. Und, als Gedankenanstoß für all jene, die aus gesundheitlichen Gründen nicht fasten können oder sollen: Die Katholische Kirche schlägt stattdessen Werke der Nächstenliebe oder ein Geldopfer für Notleidende vor. Die Fastenzeit soll zudem nicht nur eine „Pflichtübung“ sein, nach der alles wie gewohnt weitergeht. Sie bietet eine Möglichkeit, aus den üblichen Gewohnheiten auszubrechen und sich bewusst zurückzubesinnen auf sich selbst und die wirklich wichtigen Fragen des Lebens.
Auch die medizinische Bedeutung des vierzigtägigen Verzichts wird immer klarer. Jedes Jahr entscheiden sich daher viele Menschen für das „Durchputzen“ ihres Körpers. Vor allem auch, weil in der „offiziellen“ Fastenzeit das gesellschaftliche Verständnis für Abstinenz viel höher ist als im restlichen Jahr. Drei positive Effekte auf den Körper sind mittlerweile wissenschaftlich ausreichend belegt: Zum einen beeinflusst der Nahrungsentzug den Stoffwechsel und hat somit eine positive Wirkung auf den Blutzucker, die Blutfette und den Blutdruck. Zum anderen reduziert Fasten entzündliche Prozesse im Körper. Patienten, die an Rheuma, Arthrose oder auch an entzündlichen Darmerkrankungen erkrankt sind, können daher besonders davon profitieren.
Der freiwillige Nahrungsentzug wirkt nicht nur verjüngend und regenerierend. Der komplette Nahrungsverzicht – worum es hier traditionell ja nicht geht – löst faktisch ganze Kaskaden von biochemischen Reaktionen im Körper aus. So werden etwa spezielle Reinigungsmechanismen angeregt: sozusagen die Müllabfuhr und das Recyclingsystem der Zellen. Oder: Fasten hemmt nachweislich Entzündungen und senkt hohen Blutdruck. Oder: Es kann, wie neueste Forschungen zeigen, selbst bei schwerwiegenden Krankheiten helfen – was jedoch immer ärztlich begleitet werden muss.
Mittlerweile gibt es zahlreiche verschiedene Methoden: vom sehr trendigen Intervallfasten, bei dem man nur innerhalb eines bestimmten Zeitfensters isst, über das eher radikale Heilfasten, das Basenfasten bis hin zum sogenannten „Mayr-Fasten“ – mit eintöniger Kost wie alten Semmeln und Milch. Ein guter Einstieg wäre die Durchführung einer mehrtägigen Kur, bei der man ausschließlich Säfte und Gemüsebrühen zu sich nimmt. Danach beschränkt man sich dann beispielsweise auf ein oder zwei Lebensmittel, die man bis Ostern weglässt. Jede Variante hat natürlich seine Vorteile, aber auch seine Herausforderungen, die es zu bewerkstelligen gilt. Und: Viele dieser Methoden sollten nur von wirklich gesunden Menschen durchgeführt werden. Deswegen ist das Abklären mit einer Ärztin oder einem Arzt stets anzuraten.
Wer aufgrund von Körperschwäche oder Anstrengung nicht in der Lage ist, die Essenskarenz einzuhalten, sollte auf strenges Fasten verzichten. Das gilt auch für Diabetiker, Menschen mit Herzerkrankungen, Schwangere, stillende Mütter, Kinder, sehr alte Menschen und Untergewichtige. Außerdem sollte man danach erst wieder langsam mit den gewohnten Essgewohnheiten anfangen, um den Körper nicht zu überfordern. Es ist stets besonders wichtig, auf sein Wohlbefinden zu hören und nur so zu fasten, wie es einem der Körper erlaubt.
Fasten bewirkt eine sanfte Reinigung von Körper, Geist und Seele. Eine Zeit der Ruhe und Entschleunigung steht also an. Die Energiezufuhr vorübergehend zu drosseln, um neue Energie zu gewinnen – das muss kein Widerspruch sein. Wir können die Fastenzeit als eine Zeit der inneren Besinnung und Sammlung nutzen. Auf diese Weise erscheinen auf einmal die uns sonst umgebenden Alltäglichkeiten nicht mehr so wichtig. Wir erkennen wieder, worauf es wirklich ankommt. Die Beweggründe dafür sind jedenfalls unterschiedlich. Die einen wollen ihre seelische Verfassung ins Gleichgewicht bringen und die anderen sind motiviert, dem Körper etwas Gutes zu tun. Eins steht jedenfalls fest: Fasten wirkt sich in jedem Fall positiv auf das Wohlbefinden aus. Demnach … haben Sie sich schon entschieden, worauf Sie heuer verzichten wollen?