Arlberg – das klingt nach österreichischen Verhältnissen so schillernd wie St. Moritz oder Davos in der Schweiz, wie das französische Courchevel oder Aspen in Colorado. Hier ist man im Olymp der heimischen Berge zu Hause. Das merke ich sofort, als ich in St. Anton ankomme. Die Sonne empfängt mich strahlend, die Berge glänzen in fast schon kitschigem Schneeweiß. Die 2.400-Seelen-Gemeinde an der Landesgrenze zwischen Tirol und Vorarlberg gilt als Königin des Arlbergs und Tor in ein Skigebiet, das mit mehr als 300 Kilometern markierter Abfahrten und 85 Liften das fünftgrößte der Welt ist. Nicht nur Gäste aus 50 verschiedenen Ländern genießen die Freuden dieses Winterparadieses, sondern auch die Einheimischen.
„Skifahren ist für jeden von uns eine Herzensangelegenheit, schon seit alters her“, erzählt mir Katharina, beste Kennerin ihrer Heimat. Ein guter Schuss Stolz schwingt bei ihren Worten mit, wenn sie dann sagt: „Bei uns sind die sportlichen Skifahrer zu Hause.“ Und sie hat recht, wie ich eine Stunde später bei meiner ersten Abfahrt merke.
Zuerst bringt mich die Galzigbahn von 1.320 Meter auf 2.086 Meter zur Bergstation. Dann geht es weiter auf die Valluga. Am „Dach“ des Arlbergs mit gut 2.800 Metern angekommen, breitet sich vor mir ein atemberaubendes Panorama aus. Berge mit Schnee und Felsen, so weit das Auge reicht. Diese Aussicht nimmt jeden gefangen, doch dann gewinnt bei mir die Lust, die traumhaften Pisten hinunterzucarven. Bei jedem Blick auf andere
Skifahrer denke ich an Katharinas Worte, selbst auf der schwarzen Piste sind nur Könner unterwegs. Eine Wohltat zu manch anderem Skigebiet, wo manchmal Kamikaze das Motto ist.
Heimat der Skihelden
Ein wenig außer Atem im Tal angekommen, ist Kultur angesagt. Gleich vis-à-vis dem Pistenauslauf befindet sich das Heimatmuseum, wo der Geschichte des Ortes und des Skisports gehuldigt wird. St. Anton rühmt sich ja, Erfinder des modernen Skilaufs gewesen zu sein, als Anfang des Jahres 1901 von sieben Männern und einer Frau nach einer Skitour der Skiclub Arlberg gegründet worden ist. Die Folge waren die ersten Skischulen und die berühmten und damals prestigeträchtigen Kandahar-Rennen.
Nicht zuletzt wird im Museum in der Villa Trier den heimischen Pionieren des Skifahrens und den vielen erfolgreichen Stars aus St. Anton gedacht. Da darf natürlich Karl Schranz nicht fehlen. Fast schon ehrfürchtig bestaunt da ein älterer Besucher vor mir die Skier, mit denen Schranz als Lokalmatador 1962 zum WM-Abfahrtstitel in Chamonix flitzte. Genauso viel Verehrung genießen zum Beispiel auch die Brettln von Mario Matt, mit denen er im Jahr 2001 den Slalom bei seiner Heim-WM gewann. Mein Blick schweift weiter über unzählige Heldenfotos und Siegerpokale, schließlich hinaus aus dem Museumsfenster – dorthin, wo Mario Matt seine zweite Karriere startete, im „Krazy Kanguruh“.
Auf zum Après-Ski
So wie Mario Matt perfekt als Skirennläufer zwischen den Toren von einer Kante auf die andere wechselte, stieg er nach seiner Profikarriere erfolgreich von Ski auf Après-Ski um und eröffnete die Restaurant-Bar „Krazy Kanguruh“. Der St. Antoner versteht es, den Geschmack der Gäste zu treffen. Heute ist sein Lokal mit dem besonderen Namen in der ganzen Welt bekannt. Genauso wie auch der nahe gelegene Mooserwirt. Was laut Eigendefinition die „wahrscheinlich schlechteste Skihütte am Arlberg“ sein soll, gilt als Muss für einen Einkehrschwung nach dem Pistenspaß.
Vergnügen macht übrigens auch das Skifahren abseits der Pisten, wie Katharina mir noch am Abend erzählt: „Wir haben rund um St. Anton ein 200 Kilometer langes Skiroutenangebot, das musst du morgen probieren.“ Und sie geizt nicht mit weiteren Vorschlägen: „Fahr mal mit der Rendlbahn auf den Berg. Das ist ein Geheimtipp von uns Einheimischen. Wegen der Westhänge sind die tollen Pisten nämlich auch im Spätwinter noch wunderbar zu fahren.“
Vielfalt ist Trumpf
Dann schwärmt sie von der blauen Piste nach St. Christoph, von der Hall of Fame bei der Flexenbahn, von einer Huskyfahrt zum Stausee und dem Kapellen Rundwanderweg Flirsch mit herrlichen Ausblicken auf das Stanzertal. Auch die Kunstmeile an der alten Bahntrasse legt mir Katharina ans Herz. „Und weißt du, dass wir am Arlberg den höchsten Anteil an Haubenrestaurants haben?“ Mir wird bei diesem Angebot schon schwindlig. Wie soll ich das alles in den nächsten Tagen schaffen? Ich glaube, ich brauche dafür jetzt eine Mütze Schlaf.
Gute Tipps – St. Anton am Arlberg
- Hotel Alte Post: Ein historisches Gebäude aus dem 17. Jahrhundert mitten im verkehrsberuhigten Zentrum von St. Anton beherbergt ein Vier-Sterne-Superior-Hotel. Hier kann man feinste Alpin-Cuisine genießen und auf höchstem Niveau entspannen. Der Wellnessbereich umfasst auf 1.000 m2 unter anderem Hallenbad, Schwitzstube, Kräutersauna, Sole-Bergkristall- und Eisgrotte. Und die Galzigbahn liegt nur 250 Meter vom Hotel entfernt.
- Verwallstube: Auf einer Seehöhe von 2.085 Metern liegt das höchstgelegene Hauben-Restaurant Europas: Die preisgekrönte Verwallstube in der Bergstation der Galzigbahn wartet mit besonderen kulinarischen Genüssen auf: von der Gänseleber bis zum Almsee-Saibling, vom heimischen Gröstl bis zu Sashimi vom Gelbflossen-Thunfisch. Und zum Drüberstreuen ein atemberaubendes Bergpanorama.
- Museum St. Anton: In der hübschen Villa Trier aus dem Jahr 1912, direkt beim Pistenauslauf des Galzig, ist das Ski- und Heimatmuseum untergebracht. Wen der Gang durch die imposante Sammlung auf zwei Stockwerken erschöpft, stärkt sich am besten gleich im hauseigenen Restaurant in stimmungsvollem Ambiente.
- Tanzcafé Arlberg Music Festival: Die elfte Ausgabe geht im kommenden Jahr von 30. März bis 13. April am gesamten Arlberg über zig Bühnen. Von Jazz und Pop über Funk bis Techno: In Restaurants, Hotels und open air wird groß aufgespielt. Hier traten unter anderen schon JOSH., Attwenger, Julian Le Play und Georgij Makazaria auf.
- Der Weisse Rausch: Das legendäre alpine Skirennen in St. Anton am Arlberg findet am 19. April 2025 statt. Dabei gehen gemäß der Tradition 555 Sportler beim Vallugagrat an den Start (17 Uhr), und zwar in den Kategorien Ski Alpin, Snowboard, Telemark und Kurzski. Wer wird die rund 7,5 Kilometer lange Strecke mit vielen schwierigen Hindernissen, die selbst Profis herausfordern, am schnellsten bewältigen? Für die Zuseher ist es sicherlich eine Gaudi und ein großes Fest.